Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 151

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Der zweite Punkt ist die rechtliche Frage. Wir verschanzen uns nicht hinter der rechtli­chen Frage. Ich sage nur, dass es rechtlich vom Verfassungsdienst im Bundeskanz­leramt, vom Völkerrechtsbüro im Außenministerium geprüft wurde. Die sagen, ein soli­tärer Austritt aus einem Euratom-Vertrag geht nicht, weil man nur insgesamt aus der Europäischen Union austreten kann. (Abg. Neubauer: Blödsinn!) Und ich sage: Das ist eine Option, die für die ÖVP nicht in Frage kommt – und auch nicht für die Bundesre­gierung, ganz eindeutig! (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt keine EU-Mitgliedschaft à la carte, wo ich mir die Rosinen aussuche, so wie
das hier suggeriert wird. Entweder ich bin im gesamten Rechtsbestand dabei oder eben nicht. Das ist die rechtliche Frage.

Nun zur politische Frage. Und da, Frau Klubobfrau Glawischnig, dürfen Sie mir nicht et­was unterstellen, was so gar nicht stimmt, weil Sie hier Mutlosigkeit meinerseits sug­gerieren. Das hat nichts mit Mutlosigkeit zu tun, sondern mit Hausverstand und mit politischer Vernunft. (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer. – Abg. Dr. Pirklhuber: Ist das Ihr ökopolitisches Verständnis?) Ich sage: Auch aus politischen Gründen hat es keinen Sinn auszutreten! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage es bewusst offensiv, denn in meiner langjährigen politischen Erfahrung hat es einen Sinn, am Verhandlungstisch zu sitzen. Es ist besser, für Österreich etwas he­rauszuholen, als vor der Tür zu stehen, nicht mitreden zu können und Beschlüsse dann exekutieren zu müssen. Das betrifft den Agrarbereich, wo viele Bauern skeptisch wa­ren betreffend den EU-Beitritt, und so weiter. (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber doch nicht für die Atompolitik!) Auch dort gilt gescheites Mitreden, Bedingungen gestalten und nicht draußen vor der Türe warten, so wie es zum Beispiel bei der Schweiz ist, die dann vie­le Dinge übernehmen muss.

Aber zurück zum Euratom-Vertrag. Ich halte es allemal für richtig, mitzureden, mitzube­stimmen, denn wissen Sie, was die Konsequenz ist? – Wenn Beschlüsse Euratom be­treffend gefasst werden und wir theoretisch nicht mit dabei wären, dann müsste unser Minister hinausgehen aus der Ministerratssitzung und darf als ein Mitglied der Euro­päischen Union auf der europäischen Ebene darüber gar nicht abstimmen. (Abg. Mag. Brunner: Was ist der Unterschied? – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das ist für mich undenkbar, weil es für uns um hohe Sicherheitsstandards geht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf auch hier erwähnen, dass unsere Arbeit auch eine erfolgreiche war im Rah­men von Euratom, im Rahmen der Mitsprache, die wir dort gehabt haben.

Ein Beispiel: Die vorzeitige Schließung von diversen Reaktoren alter Bauart, sowjeti­scher Bauart. Als neue Kandidaten zur Europäischen Union wollten, hat sich auch Ös­terreich dafür eingesetzt, dass unsichere Reaktoren geschlossen werden müssen. Bei­spiele: Kosloduj in Bulgarien – Schließung, Bohunice in der Slowakei – Schließung, Ig­nalina in Litauen – Schließung. Das war ein Effekt unserer Euratom-Mitgliedschaft!

Der zweite Punkt betrifft die hohen Standards. Seit dem EU-Beitritt Österreichs wurden fünf Richtlinien geändert, die einen höheren Gesundheitsschutz nach sich gezogen ha­ben, was das Strahlenschutzniveau anbelangt. Wir haben erstmals europaweit einheit­liche Grenzwerte für das Strahlenschutzniveau. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Für Patienten, für Arbeitnehmer, für Unternehmer hat es das vorher nicht gegeben. Das ist ein Ergebnis der Arbeit bei Euratom!

Der dritte Punkt: Wir haben im Jahre 2009 eine Richtlinie über die nukleare Sicherheit beschlossen. Das hat Österreich massiv eingefordert und da hat Österreich auch aktiv mitgestaltet. Es ist jetzt so, dass alle Mitgliedstaaten eine nationale Aufsichtsbehörde einrichten müssen, und die muss, wenn Kernkraftwerke im jeweiligen Staat genehmigt werden, einen einheitlichen Regulierungsrahmen vorgeben, zum Beispiel ein absolut


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