Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 48

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Meine Damen und Herren von der SPÖ, Kollege Maier, Frau Kollegin Oberhauser, wie fühlen Sie sich heute hier in dieser Sitzung? – Ich habe es im Ausschuss miterlebt und habe es auch anerkannt: Wir haben dort wirklich gerungen darum, dass das dort abge­setzt wird, dass der Ausschuss vertagt wird, dass man wirklich substanzielle Verhand­lungen führt, um daran noch etwas zu verbessern. Aber die ÖVP war dagegen. Ihre beiden Klubobmänner sind als Wachhunde dorthin gekommen, damit Sie nur ja mit abstimmen. Und dann ist versprochen worden, ja, bis zur Parlamentsdebatte werde es noch substanzielle Verhandlungen, und zwar auch mit der Opposition, geben – erin­nern Sie sich daran! –, und dann werde das alles nicht so schlimm kommen!

Nichts hat es gegeben, keine einzige Verhandlung mit der Opposition hat es gegeben, nur einen nebulosen Entschließungsantrag brachten Sie daher, aber die Kernpunkte der Kritik sind nach wie vor aufrecht. Und Sie müssen heute hier zustimmen?! Ist das schon schlimm genug, aber man hat Ihnen darüber hinaus anscheinend noch vorge­schrieben, was Sie zur eigenen Rechtfertigung sagen müssen. Kollege Cap hat wahr­scheinlich gesagt, man soll hundert Mal schreiben: Schuld ist die Ministerin Gastinger, schuld ist die EU! Hundert Mal oder zweihundert Mal, so lange, bis man es selbst glaubt.

Aber, Herr Kollege Maier, Frau Kollegin Oberhauser, meine Damen und Herren von der SPÖ, die Sie berechtigterweise gemeinsam mit vier von fünf Experten dieses Ge­setz als ein vernichtendes beurteilt haben, es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie das auch wirklich glauben, denn die Rufdatenerfassung mit der EU-Richtlinie und – entschuldigen Sie! – die Strafzahlungen sind das eine. Also wenn die EU-Kommissarin selbst sagt, dass diese Richtlinie schlecht ist, dass sie eine bessere vorlegen wird, dann lasse ich mich aber gern klagen von der Europäischen Union, dann sage ich: Dann zahlen wir ganz einfach die Strafzahlung nicht! Und die werden auch nicht kom­men. Aber das kann doch kein Argument dafür sein, dass man hier gesetzwidrig und verfassungswidrig vorgeht.

Zweiter Punkt, noch einmal: Die Rufdatenerfassung ist das eine, und dass man sie auch verwendet bei ganz beschränkten, bestimmten Dingen, dagegen haben wir gar nichts einzuwenden, etwa, wenn es um Kapitalverbrechen geht, wenn es um Ter­rorismus geht, wenn es um Mord geht, wenn es um Entführungen geht, und zwar auf richterliche Anweisung, unter ganz speziellen Bedingungen, wo der Missbrauch mög­lichst minimiert wird. Darüber kann man diskutieren!

Aber Sie haben diese EU-Richtlinien hier nicht nur umgesetzt, sondern Sie haben sie ja noch verschärft, Herr Kollege Jarolim, und dazu hat Sie niemand gezwungen, denn: Kein Richter ist da gefordert, und es gibt keine Beschränkung auf Kapitalverbrechen. Schon auf jede anonyme Anzeige – irgendwer kann wen anrufen, anzeigen, verna­dern – kann dieses Instrumentarium der Bespitzelung in Gang gesetzt werden.

Herr Kollege Maier, Sie kennen doch sicher auch die Stellungnahme des Datenschutz­rates. Der Datenschutzrat hat die Kritik aller bestätigt, hat das als vernichtend beurteilt, hat es bedauert, dass man vorher gar nicht eingebunden worden ist. Wer ist der Vorsit­zende, Kollege Maier? (Abg. Ing. Westenthaler: Der Vorsitzende ist Kollege Maier!) Ja, der Vorsitzende ist Abgeordneter Maier. Als Vorsitzender des Datenschutzrates – wichtige Institution! – ist er dagegen, aber als Abgeordneter der SPÖ ist er dafür, meine Damen und Herren! Das ist die Realität der Interessenvertretung hier im Hohen Haus!

Es ist ja auch eines interessant, ganz egal, ob man jetzt dafür ist oder dagegen, aber dass es eine sensible Materie ist, ist wohl unbestritten: Jedes noch so kleine Gesetz geht in Begutachtung, aber diese sensible Gesetzesmaterie ist nicht einmal in Begut­achtung gewesen. Das heißt, all die zuständigen Institutionen haben keine Möglichkeit der Stellungnahme gehabt.

 


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