Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 139

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nehmigt ist. Das erfolgt nicht präventiv, sondern aufgrund einer richterlichen Genehmi­gung, weil es einen konkreten Verdacht gibt.

Die Internetdaten und die Handydaten werden gespeichert, ohne dass es einen Ver­dacht gibt. Alleine, weil Sie telefonieren und E-Mails verschicken, gibt es eine Speiche­rung. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nicht abgehört! – Später kann auf diese Daten zu­gegriffen werden. In der Logik der Vorratsdatenspeicherung hieße das beim Abhören des Telefons: Es wird jedes Telefon abgehört, und später, wenn es einen konkreten Verdacht gibt, kann man die gespeicherten Gespräche abrufen. Das ist die Logik der Vorratsdatenspeicherung (Zwischenruf bei der ÖVP), das wäre eine präventive Über­wachung mittels Abhörung!

Das ist der Unterschied in der Systematik, daher handelt es sich um eine Präventiv­überwachung, und diese Präventivüberwachung ist ein Eingriff in das Recht auf Pri­vatleben, Artikel 8 EMRK. Das Einzige, was man den Bürgerinnen und Bürgern in Zu­sammenhang mit den Vorratsdaten vorwerfen kann, ist, dass sie Handy und Internet benutzen. Sonst gibt es keinen konkreten Verdacht und keinen konkreten Vorwurf. Und das halten wir für untragbar!

Ich habe schon zahlreiche Beispiele gebracht. Ich nehme nicht an, dass Sie – Sie er­innern sich an mein Beispiel vom Vormittag – dafür sind, dass die Post künftig jeden Brief, den Sie verschicken, dahingehend dokumentiert, dass Sie einen Brief verschi­cken, an wen Sie den Brief verschicken und wann Sie ihn verschicken. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist kein schlechter Vergleich! (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.) – Wenn man die Vorratsdatenspeicherung verstanden hat, dann ist es der pas­sende Vergleich, weil es genau darum geht! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Es geht genau darum, dass das, was beim Beispiel der Briefe gespeichert werden wür­de, bei den E-Mails passiert. Bei den Briefen ist es so plastisch, dass sogar ein ÖVP-Abgeordneter wie Sie es für komplett absurd hält, bei der Vorratsdatenspeicherung wollen Sie es nicht verstehen. Genau das ist das Problem! Darum erklären wir Ihnen, dass Sie kein Verständnis für die Grundrechte haben.

Der zweite Punkt: Kollege Donnerbauer hat am Vormittag die gewagte Aussage getrof­fen, man brauche das, weil man die Partei der Sicherheit sei und man damit mehr Ver­brechen aufklären könnte. – Ich habe Ihnen schon am Vormittag gesagt, dass das in Deutschland alles andere als eingetroffen ist. Ich habe jetzt im Internet nachgeschaut und mir die Statistiken angeschaut.

Folgendes ist passiert: Im Jahr 2007 gab es keine Vorratsdatenspeicherung, die Auf­klärungsrate bei schweren Straftaten lag bei 77,6 Prozent (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer); sie ist 2009 – mit Vorratsdatenspeicherung – auf 76,3 Prozent gesunken. Also halten wir die Entwicklung in Deutschland fest: Die Zahl der Straftaten ist gestiegen, dafür ist die Aufklärungsquote gesunken.

Jetzt können Sie sagen: Schwere Straftaten. – Schauen wir uns die Internetstraftaten an! Aufklärungsquote im Jahr 2008: 79,8 Prozent (Zwischenruf bei der ÖVP); 2009 – mit der Vorratsdatenspeicherung –: gesunken auf 75,9 Prozent.

Es stimmt einfach nicht, was hier behauptet wird, dass damit die Aufklärungsquote steigt und ein Sicherheitsgewinn entsteht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein! Es gibt nicht ein Mehr an Sicherheit, es gibt ein Mehr an Überwachung, und es gibt ein Mehr an Missbrauchsgefahr. Das ist die Wahrheit!

Und Sie wissen auch, warum: Diejenigen, die die Vorratsdatenspeicherung im Visier haben – die organisierte Kriminalität, die Terroristen –, wissen genau, wie sie sich schützen können, und der Schutz ist relativ einfach. Im Visier bleiben jedoch die Bürge­rinnen und Bürger dieses Landes.

 


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