Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 140

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Eine zweite Behauptung von Ihnen, Herr Justizsprecher Donnerbauer, ist immer, wir tä­ten ohnehin nur das, was wir schon immer getan haben.

Das stimmt so nicht! Sie wissen, dass das, was unter „Vorratsdaten“ läuft, nur sehr ein­geschränkt gespeichert werden durfte. Die Telekom-Anbieter durften nur sehr einge­schränkt Daten zu Verrechnungszwecken speichern. Das waren ganz bestimmte Da­ten, die sie dann sofort wieder hätten löschen müssen.

Das erste Problem, das wir hatten, war, dass in diesem Graubereich die Löschung mit-unter nicht gleich stattgefunden hat, um – dank eines Agreements diese Daten dann der Polizei zur Verfügung zu stellen. Das heißt aber nicht, dass man die Daten schon hätte speichern dürfen. (Zwischenrufe des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Der zweite Punkt ist, dass gewisse Daten offensichtlich ohne gesetzliche Grundlage gespeichert wurden. Standortdaten  das heißt: Wer war wann und wo mit seinem Handy?  hätten zu Verrechnungszwecken nicht gespeichert werden dürfen. Sie wur­den also entweder nicht gespeichert, dann ist das sehr wohl eine neue Qualität der Überwachung, oder sie wurden gespeichert, und dann war das gesetzwidrig. (Anhal­tende Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Donnerbauer und Rädler.)

Das gleiche Problem betrifft die Frage, wann welches E-Mail verschickt wurde. Zu Ver­rechnungszwecken, das weiß man, werden solche Daten nicht gespeichert. Warum? – Weil ja E-Mails nicht einzeln abgerechnet werden! Da gibt es wiederum eine neue Qualität der Überwachung im Zusammenhang mit Vorratsdaten. Es ist schlicht falsch, wenn Sie sagen: Es ändert sich nichts, wir schaffen nur einen neuen gesetzlichen Rah­men, weil es eine Richtlinie gibt! – Nein! Sie dehnen die Rechte im Rahmen der Vor­ratsdatenspeicherung aus.

Auch die Richtlinie hält ja nur sehr eingeschränkt für dieses Projekt her. Sie wissen, dass die Richtlinie überschießend umgesetzt wird. Ich sage nur das Stichwort „schwere Straftaten ab einem Jahr“. Sie wissen, dass ab Strafen von einem Jahr bei Vorsatz­straftaten die Vorratsdaten gespeichert werden dürfen. Die Richtlinie spricht von schweren Straftaten. Auch dass es teilweise keiner richterlichen Genehmigung bedarf, ist nicht durch die Richtlinie intendiert.

Es stimmt schon, dass Sie jetzt versuchen, mit einem Abänderungsantrag für eine Prä­zisierung zu sorgen, aber das wirkt nur sehr eingeschränkt, und wenn Sie von einem Vier-Augen-Prinzip als neue Form des erhöhten Rechtsschutzes sprechen, dann geht mir das zu wenig weit, denn dass zwei Staatsanwälte drüberschauen, ist nicht das, was ich unter Rechtsschutz verstehe.

Zwei Gedanken am Ende: Warum wäre die Rücküberweisung an den Justizausschuss mehr als angebracht?  Dieses Gesetz wurde keiner Begutachtung unterzogen! Es hat einmal einen Entwurf gegeben  und die Frau Ministerin kann die Geschichte durchaus noch genauer erklären , das war ein Auftrag ihres Ministeriums an das Ludwig Boltz­mann Institut, für eine Umsetzung der Richtlinie zu sorgen. Die Aufgabenstellung war damals eine grundrechtskonforme Umsetzung. Darauf hat das Boltzmann Institut ge­sagt, grundrechtskonform gehe es nicht, aber sie würden sich bemühen.

Dann hat es einen Entwurf gegeben, der in Begutachtung gegangen ist. Allerdings ist dieser Entwurf nie umgesetzt worden. Das genaue Gegenteil ist dann in der Strafpro­zessordnung und im Sicherheitspolizeigesetz durch Innenministerin und Justizministe­rin in einen weiteren Antrag hineingeschrieben worden. Das sind genau die Punkte, die wir heute diskutieren und kritisieren! Diese sind nie in Begutachtung gegangen, denn die hätten  wie beim Hearing  sämtlicher Expertenkritik nicht entsprechen können.

Meine Damen und Herren, wir werden heute eine namentliche Abstimmung verlan­gen, aus einem ganz einfachen Grund: Wir wollen dokumentiert haben, welchen Abge­ordneten die Grundrechte in dieser Republik etwas wert sind und welchen nicht.

 


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