Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 153

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die Grundrechte tatsächlich ganz massiv verletzt worden sind. Im Laufe der letzten Mo­nate sind ständig Abänderungsanträge vorgelegt worden, es gibt heute noch Ent­schließungsanträge, um die letzten Lücken ein bisschen zu schließen. Das heißt, die Vorgangsweise ist eine Katastrophe, die Lesbarkeit dieses Gesetzes ist so gut wie un­möglich.

Es sind drei Gesetze – ineinander verschachtelt, mit Zitierungen zu anderen Geset­zen – vorgelegt worden. Ich sage Ihnen, niemand von Ihnen, die Sie sich hier zu Wort melden, kann diese Zitierungen einwandfrei nachvollziehen. (Abg. Mag. Hakl: Oh doch!) Genau deshalb sind auch all diese Abänderungsanträge und Ausschussfeststel­lungen notwendig geworden, weil sich niemand mehr damit ausgekannt hat und weil in Wirklichkeit die Grundrechtsverletzungen so massiv waren.

Ein Beispiel: Es heißt immer, nur bei schweren Straftaten und nur mit richterlicher oder staatsanwaltschaftlicher Verfügung kann eingegriffen werden. In Wirklichkeit ist es zum Beispiel so, dass nach § 53a Sicherheitspolizeigesetz die Sicherheitsbehörden auch zugreifen können – das ist schon eingeschränkt, das stimmt schon – mit Zitat auf § 16 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, also bei Vorliegen eines gefährlichen Angriffs. (Abg. Mag. Hakl: Das ist ja schon im Ausschuss geändert worden! Da waren Sie dabei, Herr Kollege!) Dort wird festgehalten, als „gefährlicher Angriff“ gelten alle Straftaten, die mit Vorsatz zu begehen sind. All das umfasst das Sicherheitspolizeigesetz; es kann zuge­griffen werden, es kann zu massiven Einschreitungen kommen.

Weiters: Das Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland hat nicht al­lein die Umsetzung kritisiert, sondern definitiv gesagt:

„Eine globale und pauschale Überwachung in Form einer flächendeckenden Erfassung der Telekommunikationsverbindungen, wie sie die Vorratsdatenspeicherung darstelle, sei selbst zur Abwehr größter Gefahren verfassungswidrig.“

Das ist wohl eindeutig, da brauchen wir nicht mehr herumzudiskutieren. Das hat das deutsche Bundesverfassungsgericht bereits im März 2010 so festgehalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich zeige Ihnen jetzt anhand eines Beispiels auf, was passieren kann, nämlich: Abfrage von IP-Adressen. Was bedeutet das? – Zu dem Zeitpunkt, zu dem die IP-Adresse ab­gefragt wird, sind unter Umständen bis zu 60 000 User gespeichert, im Schnitt jeden­falls 5 000. (Abg. Mag. Hakl: Änderung auch schon eingebracht!) Was bedeutet das dann? – Es sind 5 000 Namen im Akt. Wir wissen, was mit den Akten geschieht: Sie gehen an die Medien, und in den Medien scheint ein Name von den 5 000 dann viel­leicht zufällig mit auf, obwohl der Betreffende überhaupt nichts damit zu tun hat. Es geht vielleicht um Kinderpornografie oder um irgendetwas ganz Unangenehmes – und der Name eines Unschuldigen steht mit auf der Liste. (Abg. Mag. Donnerbauer: Abän­derungsantrag lesen!) Dann denkt vielleicht ein „News“-Journalist oder sonst irgendje­mand in dieser Republik, der das lustig findet: Da steht jemand mit auf der Liste, ich stelle das einfach einmal ohne Kommentar hinein. – Aus solch einer Situation muss man sich erst wieder herausrudern, da muss man erst wieder herauskommen; das ge­lingt einem praktisch nicht mehr.

Genau diese Dinge stellen die Problematik dar, deswegen sind wir so massiv dagegen, weil damit in die Grundrechte der Bürger eingegriffen wird. Das kann man jetzt natür­lich alles wegdiskutieren und wegreden, es kann aber jeden treffen. Und wir wissen ge­nau, wie Medien mit Menschen und natürlich auch mit Politikern umgehen, die damit überhaupt nichts zu tun haben, sondern zufällig irgendwie hineingeraten. Daher: Bitte größte Vorsicht! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Zu den Beispielen, die heute gebracht wurden, Stichwort Lawine. – Das konnte auch bis jetzt schon geklärt werden. Es bedarf keiner Vorratsdatenspeicherung sechs Mona­te zurück, wenn jemand unter einer Lawine liegt. Das ist wirklich geradezu absurd.

 


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