Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 161

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

ßend sind, da, wenn man den Gesetzestext liest, bei sämtlichen Straftaten theoretisch ein Zugriff möglich ist.

Schlimm dabei ist ja auch noch der Gesetzesmurks, der da passiert ist. Ministerin Bu­res hat zu Recht gesagt, dass sie noch versucht hat, einige Dinge abzufangen. Wenn Sie § 102b des Telekommunikationsgesetzes lesen, werden Sie feststellen, dass dort drinsteht, dass man nur auf richterliche Anordnung die Vorratsdaten herausgeben muss. Es gibt aber weitere Gesetze, die geändert werden, nämlich das Sicherheitspoli­zeigesetz und die Strafprozessordnung in zwei Paragraphen, nämlich § 76 und § 135, und Sie finden nur in der Strafprozessordnung im § 135 die richterliche Anordnung.

Das heißt: Auf Vorratsdaten für den § 76a Strafprozessordnung oder Sicherheitspoli­zeigesetz können Sie mit diesem Gesetzesmurks gar nicht zugreifen. Und das wollen Sie beschließen? Da frage ich mich schon, was das eigentlich soll. (Beifall beim BZÖ.)

In Summe sehe ich aber das Telekommunikationsgesetz auch nur als Beihilfe zur Be­spitzelung, als Beihilfe zum Verfassungsbruch, weil es, wie gesagt, völlig überschie­ßend ist. Sie machen acht Millionen Österreicher zu Generalverdächtigen. Der nächste Schritt wird dann wahrscheinlich sein, dass von der Sicherheitspartei ÖVP der Vor­schlag kommt, acht Millionen Österreicher einzusperren, denn dann kann gar nichts mehr passieren. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Das ist die Politik, die wir mit Sicher­heit nicht haben wollen.

Ich habe gehofft, dass diese runderneuerte ÖVP – aber offenbar ist bei der Runder­neuerung das Profil abhanden gekommen – hier neu an den Start geht und sagt: Weg mit diesem Gesetz, machen wir es so, wie es die EU vorsieht, dann ersparen wir uns die Strafzahlungen! – Setzen wir das um, was gemeint war, und nicht völlig überschie­ßend.

Ich sage es aber auch umgekehrt: 15 Millionen € Strafzahlungen wären mir immer noch lieber als Milliarden für Pleitestaaten in der EU oder Milliarden für die Bankenret­tungen in Europa. (Beifall beim BZÖ.)

So haben wir neben den Berlusconi-Gesetzen in Italien nun auch in Österreich eine entsprechende Gesetzgebung, die sich der richterlichen Kontrolle entzieht. Sie haben zwar das Vier-Augen-Prinzip beim § 76 mit zwei Staatsanwälten, aber die richterliche Kontrolle findet ja nicht statt, ganz im Gegenteil, beim Sicherheitspolizeigesetz kann im Wesentlichen jeder Polizist ohne Richter die Daten abfragen.

Also ein Gesetz, das gegen die Verfassung verstößt, ein Gesetz, das Mängel bei der Informationspflicht und auch beim Rechtsschutz aufweist. Und die angekündigten ÖVP/SPÖ-Abänderungsanträge, die diesen Murks beseitigen sollen – wir haben uns das angesehen –, ändern nichts daran, das bleibt im Gesetz drinnen. Das Gesetz bleibt so­mit schlecht.

Das Gutachten des Bundestages ist angesprochen worden. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir sehr viele Mails und Briefe von besorgten Bürgern bekommen haben. Auch die Zuschrift der ISPA, der Interessenvertretung der Internetserviceprovider, ist viel­leicht interessant, in der neben den angesprochenen Grundrechtsfragen berechtigter­weise auch die Kostenfrage erläutert wird. Es wird davon gesprochen, dass die Kosten für die Vorratsdatenspeicherung bis zu 20 Millionen ausmachen werden.

Die Stellungnahme der Wiener Landesregierung – in Stichworten: gewichtige Beden­ken, höchst kritisch, Grund- und Freiheitsrechte werden verletzt – kann man auch nicht vom Tisch wischen. Und Kollege Pilz hat soeben auch aus Wien zitiert, was die dortige SPÖ-Stadträtin davon hält.

Auch der Vorsitzende des Datenschutzrates Maier, der ja jetzt leider abhanden gekom­men ist, weil er nicht mitstimmen wird (Abg. Dr. Moser: Der sitzt hervorne!) – ach, da


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite