Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 174

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

1. Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)

Ab 2013 soll der neue Euro-Rettungsschirm (ESM) errichtet werden. Dieser wird mit einer Kapitalbasis von 700 Milliarden Euro ausgestattet sein. Das Grundkapital soll 80 Milliarden Euro betragen, weitere 620 Mrd. sollen an Garantien dazu kommen. Österreich wird 2,2 Milliarden Euro zum Grundkapital und 17,3 Milliarden Euro an Garantien beisteuern. Das Geld soll finanzschwache Euro-Staaten vor dem Bankrott retten. Der Rettungsschirm soll zu diesem Zweck Staatsanleihen von maroden Län­dern kaufen, was problematischerweise auch die Europäische Zentralbank (EZB) schon seit einem Jahr macht. Das bedeutet aber, dass diese maroden Staatsanleihen nicht mehr richtig bewertet werden und damit das finanzielle Risiko für die EZB und für den neuen Euro-Rettungsschirm unkalkulierbar wird. Dazu kommt, dass nur der Europäische Rat darüber entscheiden darf, wer Hilfe bekommt, und wer nicht - und das ohne jegliche parlamentarische Kontrolle.

2. "Pakt für den Euro"

In diesem verpflichten sich die Euroländer zu einer strengen Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik. Ziel ist unter anderem, dass sich die Löhne nach der Produktivität und das Pensionsantrittsalter nach der Lebenserwartung orientieren. Der Finanzsektor soll besser überwacht werden. Das klingt auf den ersten Blick nett, jedoch gibt es zum einen keine Sanktionen, wenn Verfehlungen auftreten, zum anderen ist es ein weiterer Schritt in Richtung zentralistischer Wirtschaftregierung in Brüssel. Desweiteren besteht die Gefahr von tiefen Einschnitten in das österreichische Sozialsystem und einer deutlichen Anhebung des Pensionsantrittsalters.

Die Leistungsträger zahlen für die Pleiteländer – bis zur eigenen Pleite?

Grundlegend ist festzuhalten, dass mit der Beschlussfassung dieses Europäischen Stabilitätsmechanismus und den damit einhergehenden Maßnahmen die Europäische Union zur Transferunion wird, in der die gutwirtschaftenden Staaten wie Deutschland oder Österreich den schlecht wirtschaftenden Euro-Ländern ihre Misswirtschaft mit Milliarden-Zahlungen weiterhin ermöglichen müssen.dem  dazu beschlossenen Mechanismen zur Kontrolle der nationalen Budgets bedeuten de facto die Einführung einer zentralistischen Brüsseler Wirtschaftregierung über die Hintertür. Unabhängige Experten kritisieren diese Vorgänge scharf. Einer dieser Experten ist Prof. Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung, der in der Süddeutschen Zeitung vom 2./3. März 2011 sagte:

"Was Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesbank verschweigen: Der Rettungsschirm rettet den Euro nicht - aber er lastet Deutschland ungeheure Risiken auf. Die Höhe der Haftung übersteigt die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit. Das Rettungssystem ist vielmehr eine tickende Zeitbombe, deren Sprengkraft selbst die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit übersteigt. Summa summarum liegen die Hilfszusagen für bedrängte Euroländer damit bei 1542 Milliarden Euro, und Deutsch­land haftet mit 391 Milliarden Euro. Nicht die weitere Öffnung des Geldhahns, sondern allein eine Prozedur, die seine allmähliche, kontrollierte Schließung sicher­stellt, kann Europa jetzt noch retten. Der Pakt für den Euro und der sogenannte Europäische Stabilitätsmechanismus aber schwächen den Euro, unterminieren den Zusammenhalt Europas und gefährden das europäische Einigungswerk. "

Aber auch von staatlichen Stellen gibt es lautstarke Warnungen, wie der nachstehende Bericht der APA vom 12. April 2011 zeigt:

"Deutscher Rechnungshof warnt vor Risiken durch Euro-Rettung – 22 Mrd. Euro Bareinlage könnte nicht reichen und Deutschland zu weiteren Finanzspritzen gezwun­gen sein

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite