Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 48

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Wenn ich mir anschaue – Kollege Windholz wird heute dazu vielleicht noch ein paar Schmankerln liefern –, welches demokratische Bewusstsein alleine auf der Kommunal­ebene in Niederösterreich oder im Burgenland vorhanden ist, in Niederösterreich, wo man in einzelnen Gemeinden scheel angeschaut wird, wenn man bei der Gemeinde­wahl einen amtlichen Stimmzettel verlangt, weil man damit zu erkennen gibt, dass man den Stimmzettel, den man vorher vom Bürgermeister zugestellt bekommen hat, gar nicht dabei hat; wo dieser Stimmzettel, den der Bürgermeister oder bestimmte Parteien selber verteilen, gar keine Normierung aufweisen muss – etwa im Unterschied zu Vor­arlberg, wo er eine bestimmte Qualität zu haben hat, sodass man nicht schon anhand des Stimmzettels erkennen kann, wie wer abstimmt – oder sogar die Gestaltung des Stimmzettels solche Unterschiede aufweisen kann, dass man genau sagen kann, welche Familie wie abgestimmt hat, ob die sich wohl an die Vorgaben gehalten haben, ob die sich wohl als treue Bürgermeisteranhänger erwiesen haben oder nicht, dann sage ich Ihnen: Da liegt der Hase im Pfeffer! Das ist fehlendes demokratisches Be­wusstsein, das es bis heute gibt. (Beifall beim BZÖ.)

Daher war es auch kein Zufall, dass ausgerechnet ein burgenländischer Bürgermeister dabei erwischt wurde, wie er bei den Wahlen mit den Stimmzetteln der Briefwähler ge­schwindelt hat, meine Damen und Herren. Und daher sage ich Ihnen, hier ist zunächst am demokratischen Bewusstsein anzusetzen.

Nun kann natürlich auch die Verschärfung der Strafbestimmungen im Strafgesetzbuch zur Entwicklung des demokratischen Bewusstseins entscheidend beitragen. Daher ist es vernünftig, die Frau Bundesminister für Inneres und die Frau Bundesminister für Justiz mit einer Evaluierung innerhalb der Frist, wie sie die Entschließungsanträge vor­sehen, zu beauftragen, damit man weiß: Wo muss man nachjustieren? Wo muss man unter Umständen bei den Strafbestimmungen sogar noch Verschärfungen einführen?

Aber letztlich ist diese Novelle der Versuch – meiner Ansicht nach der geglückte Ver­such –, die Missbrauchsmöglichkeiten so weit wie nur irgend möglich hintanzuhalten, um insbesondere taktisches Wählen unmöglich zu machen. Das ist jetzt unmöglich, das geht nicht mehr. Wenn um 17 Uhr, das heißt zum Zeitpunkt des Schlusses des Wahlvorganges, auch die Briefwahlstimmen da sein müssen, dann ist ein taktisches Wählen nicht mehr möglich. Das ist einmal ausgeschlossen.

Und es muss möglich sein, auch die Stimmabgabe für Briefwähler unter Wahrung des Wahlgeheimnisses sicherzustellen. Nun, das war sie aber auch vorher schon nicht, ohne Briefwahl. Was sich da in Altersheimen abgespielt hat – ohne Briefwahl –, wie man dem Muatterl geholfen hat, den Stimmzettel auszufüllen, unglaublich!

Das hängt aber wieder mit der demokratischen Reife zusammen und auch der jener, die Teil der Wahlkommission sind, dass sie dem Wahlkommissionsleiter einmal auf die Finger klopfen und dafür sorgen, dass derartige Dinge nicht vorkommen. Das heißt, letztlich hängt es immer davon ab, wie das Gesetz von denen, die es zu handhaben haben, auch tatsächlich umgesetzt wird.

Hier hat vielleicht die eine oder andere politische Schulungsakademie Nachjustierungs­bedarf, denn das Wahlrecht – das muss man zugestehen – ist jetzt wesentlich kompli­zierter geworden. Das heißt, jetzt muss man die Wahlleiter und jene, die sich am Wahl­vorgang als Wahlbeobachter beziehungsweise als Teil der Wahlbehörden beteiligen, entsprechend schulen, denn einfacher ist die Geschichte nicht geworden. Komplizierte Wahlordnungen sind auch ein bisschen missbrauchsanfällig. Aber letztlich muss das demokratische Bewusstsein einfach greifen, dass man Respekt vor dem Wahlrecht, vor dem Wahlgeheimnis und vor der Autonomie des Bürgers in seiner Entscheidungs­freiheit entwickelt, meine Damen und Herren. Das ist der entscheidende Ansatz, dem man in diesem Wahlrecht Rechnung zu tragen versucht.

 


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