Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 49

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Der letzte Punkt ist die Ausweitung der Wahlbefugnisse für Strafgefangene. Durch ei­ne Entscheidung des Straßburger Gerichtshofes sind wir schlicht und einfach dazu ge­nötigt worden, die gesetzlichen Bestimmungen anzupassen. Ich halte diese Anpassun­gen für legitim. Ich halte es auch für richtig, dass der Richter in Zukunft entscheiden muss, ob er dem betreffenden Verurteilten das aktive und passive Wahlrecht aber­kennt; mit der Aberkennung des aktiven Wahlrechts erfolgt natürlich auch jene des passiven Wahlrechts.

Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dabei sollte vielleicht auf eine gewis­se Einschlägigkeit der Deliktsbegehung Wert gelegt werden. Wenn ein Bürgermeister glaubt, er muss Wahlschwindel betreiben, dann soll er damit rechnen müssen, dass er nicht bei der nächsten Gelegenheit neu antreten und sich wieder wählen lassen kann, meine Damen und Herren, so wie das im Burgenland passiert ist (Beifall bei BZÖ und FPÖ), sondern er muss dann vom Wahlrecht ausgeschlossen bleiben für die nächsten Jahre zumindest. (Abg. Rädler: 100 Jahre!) – Doch nicht 100 Jahre. 100 Jahre, schreit der Bürgermeister. Willst du auf dein Wahlrecht schon gänzlich verzichten, oder was? Ein niederösterreichischer Bürgermeister, meine Damen und Herren, der selbst genau weiß, wie man sich seine Mehrheiten in der Gemeinde bastelt. (Abg. Rädler: Jessas na!) Jaja, genau. Du brauchst nicht „Jessas na“ zu sagen, du kannst auch einfach nur „Meister“ zu mir sagen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Mein lieber Freund, ich weiß ganz genau, wie ihr eure Wahlergebnisse zusammenbas­telt. Ich weiß ganz genau, wie eure Stimmzettel ausschauen. Ich weiß ganz genau, welche Kontrolle ihr über die Bürger ausübt. – Und das hat mit demokratischer Gesin­nung nichts zu tun, mein lieber Freund! Du bist ein Exemplar dieses System. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Möglichkeit der Strafgefangenen, sich am Wahlvorgang zu beteiligen, wird ausgeweitet. Umgekehrt, sind wir der Meinung, muss eine Einschlä­gigkeit des Ausschlusses vom Wahlrecht aufgrund einer Verurteilung auch im Zusam­menhang mit dem Delikt zu sehen sein.

Ich gebe auch gleich eine Anregung für die Zukunft, meine Damen und Herren! Wir ha­ben den Fall in der Steiermark, dass ein Bürgermeister abgesetzt wurde, weil er schlicht und einfach Vergabebestimmungen dermaßen eklatant missachtet hat, dass er als Bürgermeister untragbar wurde. Wenn der Richter ihn nicht verurteilt und nicht vom Wahlrecht ausschließt, dann kandidiert er wieder und lässt sich wieder wählen von seinen Freunderln, meine Damen und Herren! – Das ist nicht akzeptabel! Daher bin ich auch dafür – Gedankenanregung, Frau Bundesminister –, dass man eine gewisse Ein­schlägigkeit des Deliktes im Zusammenhang mit dem Ausschluss vom Wahlrecht in Zukunft ins Gesetz aufnimmt, damit nicht Bürgermeister, die Missbrauch betreiben, Gesetze missachten, sich das bei nächster Gelegenheit auch noch vom Wähler bestä­tigen lassen können, so wie das Herr Rädler gerne hat, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

10.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Molterer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.53.00

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist die Frage des Wahlrechts und der Gestaltung des Wahl­rechts eine der Kernaufgaben und der ureigensten Aufgaben, die wir hier im Parlament als die Verantwortungsträger für die demokratischen Spielregeln in unserem Land wahrzunehmen haben. Es ist selbstverständlich logisch, dass die Kriterien des freien, des gleichen, des geheimen Wahlrechts dabei die Maßstäbe sind. Aber es ist auch un-


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