Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 179

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der auf den Abgeordnetenkorruptionstatbestand gekommen, und da hat sich dann der Druck auf den österreichischen Nationalrat erhöht, da diese Korruptionsprivilegien wie­der Thema waren.

Und da gab es einen Moment, wo ich den Eindruck hatte, SPÖ und ÖVP sind wirklich unter Druck, und sie waren auch unter Druck. Dann kam plötzlich über die APA die Meldung: Ja, wir werden jetzt einen umfassenden Abgeordnetenstraftatbestand be­schließen. Ich habe das im ersten Moment für einen großen Erfolg der Opposition ge­halten, und dann wurde mir dieser Abgeordnetenstraftatbestand übermittelt; und der sagte: Ja, nicht nur der Stimmenkauf soll strafbar sein – nein, auch wenn jemand ge­gen Geld die Pflichten nach der Geschäftsordnung des Nationalrats verletzt.

Ich war im ersten Moment beeindruckt, dann bin ich zu meinem Klubdirektor gegangen und habe gesagt: Schau einmal in die Geschäftsordnung hinein, was sind denn die genauen Pflichten der Nationalratsabgeordneten?

Mein Klubdirektor hat gesucht und war relativ schnell fündig, denn es gibt nur einen einzigen Paragraphen, der sich damit beschäftigt, das ist der § 11, und die Pflicht eines Nationalratsabgeordneten ist die Anwesenheitspflicht.

Halten wir also fest: Die geltende Regelung stellt Korruption unter Strafe, wenn ein Abgeordneter gegen Geld seine Stimme verkauft oder Sitzungen fernbleibt. Das ist ein Scheintatbestand, der eines garantiert, nämlich dass in Österreich kein Abgeordneter, so wie möglicherweise ein Ernst Strasser im europäischen Parlament, wegen Korrup­tion verurteilt wird.

So, jetzt kam der Fall Strasser, und wieder waren die reuigen Großparteien unterwegs, die uns erklärt haben: Ja, das ist unglaublich, dass da die österreichischen Abgeord­neten quasi nicht mit umfasst sind, und jetzt gehen wir es an! Und dann gab es noch – Sie können sich sicher noch erinnern  die „Speerspitze gegen Korruption“, die mitt­lerweile aus der Politik ausgeschieden ist, die zu einem Gipfel ins Justizministerium ge­laden hat. Der war prominent besetzt, es war der Klubobmann Kopf, es war der Klub­obmann Cap dort, es waren Vertreter der Oppositionsparteien  teilweise doppelt  mit den Justizsprechern dort.

Man hat gesagt: Jetzt muss man etwas tun, denn das Ansehen der Politik darf nicht beschädigt werden, indem der Eindruck entsteht, dass sich das Parlament mit Kor­ruptionsprivilegien im Strafrecht schützt. So, wir haben etwas vereinbart. Wir haben vereinbart, es solle zügig vorangehen, es solle unter den Klubobleuten unter Beizie­hung der Justizsprecher verhandelt werden  das war am 5. April –, und das Justizmi­nisterium werde Vorarbeiten leisten.

Es ist dann Ostern gekommen, alle sind  vollkommen zu Recht  in die Osterferien gegangen, und dann hat unser stellvertretender Klubobmann Werner Kogler das ge­macht, was jemand macht, der Verhandlungen ernst nimmt: Er hat den Klubobleuten von SPÖ und ÖVP ein Mail geschrieben. Er hat geschrieben: Wie schaut es aus? Wann treffen wir uns? Wir wollen ja über den Abgeordnetenkorruptionstatbestand ver­handeln! – Bis heute keine Antwort.

Das ist kein Einzelfall, das ist ein gezielter Wortbruch, um das auszusitzen. Es gibt an­dere Beispiele. Es gibt den Wortbruch bei den Untersuchungsausschüssen. Es gibt den Wortbruch bei der Parteienfinanzierung, da war es ganz ähnlich. Am 17. März gab es ein Treffen. SPÖ und ÖVP sagen zur transparenten Parteienfinanzierung, noch Mit­te Mai werde den Oppositionsparteien eine Gesetzesvorlage übermittelt werden. Am 6. Mai 2011 sagt Klubobmann Kopf, die Oppositionsparteien würden voraussichtlich kommende Woche einen Vorschlag bekommen.

Mittlerweile haben wir Mitte Juni, wir haben bis jetzt keinen Vorschlag von SPÖ und ÖVP erhalten, weitere Treffen hat es nicht gegeben. Das Gleiche passierte beim Lob-


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