Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll113. Sitzung / Seite 45

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(Beifall bei der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Hübner. – Abg. Dr. Rosenkranz: Bei so viel Sachlichkeit kann man leicht die Zeit übersehen!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


10.42.38

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hübner, 1 Milliarde auf oder ab, darüber will ich mich gar nicht streiten, Sie haben sicher im Wesentlichen recht. Billig wird das ohnehin nicht, ganz gleich, wie Sie es drehen und wenden. Das müssen Sie dazusagen. Sie haben keine Alternative, wie es billiger werden kann.

Für eines bin ich Ihnen, Frau Ministerin Fekter, heute dankbar: Sie haben ausführlich geschildert, welches beispiellos harte Maßnahmenpaket Griechenland auf sich genom­men hat, beschlossen hat – natürlich unter dem Druck der Kreditgeber, des IMF beziehungsweise der EU-Staaten, die sich daran beteiligt haben. Es ist ein beispiellos hartes Maßnahmenpaket, und die ökonomische Frage ist natürlich, ob die Rechnung aufgehen kann.

Herr Stummvoll, Sie haben gesagt, wir, die wir hier unsere Zweifel haben, halten uns für klüger als die Experten der Europäischen Kommission, des Internationalen Wäh­rungs­fonds et cetera. – Nein! Aber jeder von uns kann sich in diesem Punkt irren, und ich werde gleich darauf zu sprechen kommen, wo sich all diese Experten schon geirrt haben. Das ist das Problem. (Abg. Dr. Stummvoll: Van der Bellen!) – Auch ich, natürlich. Ich will gar nicht nachrechnen, wie oft.

Dieses harte Maßnahmenpaket hat, glaube ich, eine Frage politisch gelöst, nämlich das sogenannte Moral-Hazard-Problem bei Staatsverschuldung. Wenn Politiker eines Staates jetzt noch glauben, sie können sich – hurra! – verschulden, andere werden schon zahlen, dann kann ich nur sagen, das Beispiel Griechenlands zeigt eindeutig, wie ein Staat entmündigt wird in einer solchen Situation. Daher muss auch für uns hier die Lehre daraus sein, sich ja nicht in solche Situationen treiben zu lassen. – Das ist das eine. (Beifall bei Grünen, SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Ein anderes Problem, sozusagen das symmetrische Moral-Hazard-Problem, das Moral-Hazard-Problem der Gläubiger, dass immer dann, wenn der Schuldner nicht zahlen kann, schon andere für ihn zahlen werden, dieses Problem ist völlig ungelöst. Das betrifft die Probleme der Banken, das betrifft die Pensionsfonds, die investiert haben, und das betrifft last, not least die Credit Default Swaps, die Kreditaus­fallversicherungen, die glänzend verdienen, weil die EU, die Kommission in diesem Vertrag de facto versprechen: Griechenland wird nicht pleitegehen! – Super, solch eine Versicherung schließe ich auch ab, als Versicherer: Ich kassiere die hohen Prämien und weiß, ich werde nie zahlen müssen. Dieses Problem, Herr Kollege Stummvoll, ist ungelöst.

Etwas ist offengeblieben, Frau Ministerin Fekter – ich verstehe das auch, denn das ist die offene Flanke –: Sie haben nicht dazugesagt, was im Mai 2010 war – vom Zeitplan her nämlich –, und Sie haben nicht dazugesagt, was jetzt der Zeitplan ist, und Sie haben drittens nicht dazugesagt, dass das nächste Maßnahmenpaket in Ihrem Szenario, also im offiziellen Ecofin-Szenario, wird kommen müssen, und zwar spätestens im Herbst.

Damals, vor einem Jahr, haben alle gewusst, dass die 110 Milliarden Griechenland ungefähr ein, eineinhalb Jahre reichen werden, nämlich bis zum Frühjahr 2012. Das war kein Geheimnis. Man kennt das Tilgungsprofil griechischer Anleihen, man weiß ungefähr, wie hoch das Defizit ist, das zu finanzieren ist. Die Hilfe reicht bis zum Frühjahr 2012. Damals, Herr Kollege Stummvoll, sind offensichtlich alle diese Exper-


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