Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll114. Sitzung / Seite 193

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tiven boten AP-Projekte, Idealismus ist häufig unkoordiniert und unzureichend vernetzt. Es ist eine typisch österreichische Lösung, eine Ansammlung von Provisorien.

Ich ersuche Sie hier – man lacht ja schon, wenn man sagt: Arbeitsgruppe –, machen Sie eine Arbeitsgruppe, über die man nicht lacht. Nennen Sie eine verantwortliche Person im Gesundheitsressort und ziehen Sie jene Leute zu Rate, die daran schon ge­arbeitet haben – es gibt viele Programme –, damit daraus etwas wird. Ich bitte Sie ein­dringlich.

Nun komme ich aber zu den nationalen Gesundheitszielen. Da haben wir auch Vor­schläge gemacht. Die SPÖ hat einen zusätzlichen Antrag eingebracht. Wir konnten dann beide Anträge letztlich fusionieren. Das ist sehr gut und ich hoffe, Herr Minister, dass Sie hier erfolgreich sind.

Ich habe Ihre Veranstaltung in der Urania gesehen und, bei aller Wertschätzung, ich war schon etwas bestürzt. Wenn man einen ausländischen Wissenschaftler einlädt, der dann Ministerinnen und Minister befrägt, was sie als nationale Ziele vorhaben, und die Antwort von Hundstorfer war schon okay, Schmied ist nach einigem Nachdenken auch was eingefallen, aber sonst war das so dürr, dass viele Leute gesagt haben, warum bin ich von Kärnten, Tirol oder Salzburg angereist? Da sollte es mehr sein.

Und nun etwas, wo ich keine gute Stimmung wiedergeben kann. Es gibt seit fast 20 Jahren ein Psychotherapiegesetz. Seit 1992 ist Psychotherapie als eine der ärztli­chen Leistung gleichzuhaltende Leistung im ASVG festgeschrieben. Das heißt, Psy­chotherapie ist im ASVG verankert, und das heißt, Psychotherapien müssen hinsicht­lich ihrer Kosten voll finanziert sein oder zumindest eine Kostenerstattung zu 80 Pro­zent des Kassentarifes erreichen. Das ist österreichweit nicht der Fall. Und das ist nach 21 Jahren so! Ist das der österreichische Weg? Ist das der Weg der verantwortlichen Ministerinnen und Minister? Ich finde das einen ungeheuren, einen ausgewachsenen Skandal.

Sogar der Hauptverband spricht davon, dass 900 000 ÖsterreicherInnen psychisch er­krankt sind. Die Krankenstände oder Krankenstandstage haben sich seit den neunziger Jahren verdoppelt. Ein großer Teil der Anträge auf Invaliditätspensionen wird auf­grund dieser Diagnosen gestellt. Es mag sein, dass manche Ökonomen sagen, das sind alles vorgetäuschte Dinge. Es mag hier eine Grauzone geben, aber alle sind nicht Schwindler. Und wenn jemand psychisch krank und 14 oder 20 Jahre alt ist, dann hat das mit Invaliditätspensionen auch nichts zu tun.

Ihr Ministerium oder eine nachgeordnete Stelle des ÖWIG hat einen Bedarf von 2 Pro­zent der Österreicher ausgerechnet. 0,5 Prozent, ein Viertel davon, ist gedeckt. Das besagt ebenfalls eine Studie des Ressorts. Was würden Sie bei somatisch Kranken sa­gen? – Ein Viertel aller Herzinfarkte wird therapiert, ein Viertel aller Beinbrüche ge­nagelt oder geschient oder gegipst, ein Viertel aller Anginen von einem HNO-Arzt oder einer Ärztin beurteilt – da würden alle zum Himmel schreien. Aber vielleicht braucht man, um hier den Applaus zu erzielen, der notwendig wäre, wirklich die Unterstützung des Bauernbundes, und ich ersuche auch darum, denn es gibt im ländlichen Raum ge­nügend Suizide, überbordend Suizide, zum Beispiel in der Steiermark. Das ist nicht hinzunehmen, wenn in Deutschland ein Versorgungsgrad von 2,6 Prozent herrscht – voll bezahlt!

Kollege Rasinger sagt: Psychotherapie ist ja keine Wissenschaft, und hier tummeln sich ausgesprungene Pfarrer, Berufsschullehrer ohne wissenschaftliche Legitimation. (Abg. Dr. Rasinger: Das habe ich nie gesagt!) – Das hast du, Kollege Rasinger, im letzten Ausschuss gesagt, sehr wohl, sonst hätte ich mich nicht so echauffiert. Du hast die ganze Berufsgruppe in Frage gestellt. (Abg. Dr. Rasinger: Nein!) – Natürlich! Na­türlich! (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.) Es gibt – ich weiß, ich habe noch ein bisschen etwas ...

 


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