Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll120. Sitzung / Seite 21

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nicht „über seine Verhältnisse leben“, das ist Sparen und Schulden reduzieren, was wir gesehen haben. Aufgrund der Krise, der Finanzkrise, haben alle Staaten Milliarden in die Hand genommen, um ihre Bankensysteme zu retten, um ihre Finanzmärkte zu ret­ten, und sie haben im Zuge der Wirtschaftskrise noch einmal Milliarden in die Hand ge­nommen, um Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Konjunkturpakete zu finanzieren und um Steuerausfälle zu kompensieren.

Und was war das Ergebnis? – Am Beispiel von Österreich: unter 60 Prozent, nach fast 15 Jahren Konsolidierung, innerhalb von zwei bis drei Jahren auf über 70 Prozent. Und dabei ist Österreich sehr gut aus der Krise gekommen. Im Schnitt der europäischen Staaten ist die Verschuldung um 20 Prozent angestiegen und wird noch um fünf oder 10 Prozent ansteigen – aber nicht, weil irgendjemand über seine Verhältnisse gelebt hat. – Zumindest nicht Staaten oder Bürger. Vielleicht kann man sagen, dass Banken und Finanzmärkte über ihre Verhältnisse gelebt haben, aber sicher nicht Staaten und Bürger. (Beifall bei der SPÖ.) Zu diesem Ergebnis kommt man, wenn man sich die Fakten anschaut.

Und natürlich sind Krisenzeiten eine Zeit für Spekulanten. Es ist nicht nur für politische Kleingeldwechsler Hoch-Zeit (Abg. Ing. Westenthaler: „Professor Krainer“!), wie wir es heute gesehen haben, sondern auch für Finanzspekulanten. Und schauen wir uns doch an: Wer war in Gefahr, das erste Opfer von Spekulation zu werden? Erinnern wir uns zurück – es ist noch nicht sehr lange her. Im Feber 2009 kamen die ersten Zei­tungsberichte: Osteuropa steht vor der Pleite – und damit Österreich, weil die österrei­chischen Banken so erfolgreich in Osteuropa expandiert haben und dort viele Kredite vergeben haben. Die können das nicht mehr zurückzahlen, und Österreich steht vor der Pleite.

Wir hatten diese Diskussion monatelang, und das hat darin gegipfelt, dass im Ap­ril 2009 Nobelpreisträger Krugman gesagt hat: Österreich steht vor der Pleite. Was ist passiert? – Innerhalb von wenigen Tagen sind die Zinssätze, wie Österreich sich fi­nanziert, um fast 1 Prozent gestiegen. 1 Prozent höhere Zinsen bedeutet 2 Milliarden € mehr Ausgaben für Österreich. Und das ist innerhalb von wenigen Tagen passiert!

Und dann kam das erste Rettungspaket oder der erste Schutzschirm, und wir haben hier im Frühjahr 2009 ein Gesetz beschlossen, sehr schnell, sehr konzentriert, nämlich das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, mit dem wir für Osteuropa und damit auch für uns, für unsere Banken, für unsere Wirtschaft und auch für uns, den ersten Rettungs­schirm aufgespannt haben. Damals war unser Beitrag gedeckelt mit 5 Milliarden € für Kapital und 5 Milliarden € für Zinsen und Kosten. Das war der erste Rettungsschirm, der direkt für uns war. Ja, und es sind auch andere Länder Opfer der Spekulation ge­worden, nicht nur mediterrane Länder, denn Irland, glaube ich, liegt ziemlich weit weg vom Mittelmeer, sondern viele Staaten wurden Opfer. Griechenland, Irland und Portu­gal waren auch Opfer, und zwar in schlimmerer Weise. Und das, was wir gemacht ha­ben, ist: Genau so, wie die anderen Staaten auch uns beim ersten Rettungsschirm ge­holfen haben, haben wir uns auch an anderen Rettungsschirmen beteiligt, damit wir Stabilität in das System bringen, weil wir spätestens seit Lehman wissen, was für Do­mino-Effekte und was für negative Auswirkungen es geben kann – auch für uns.

Wir machen das nicht nur, weil es moralisch richtig ist, sondern weil es auch ökono­misch und für Österreich richtig ist und das Bessere ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Vilimsky: Der ist gescheit, der Krainer! – Abg. Ing. Westenthaler: Welcher Partei gehört der an? Der SPÖ? – Abg. Mag. Stadler: 10 Minuten reden – 50 000 Wähler we­niger!)

Aber wenn wir von den Lehren aus der Krise sprechen: Es gibt auch viele Lehren, die noch nicht gezogen wurden. Eine der Lehren ist zum Beispiel, dass es wichtig ist, Schulden und Defizit zu reduzieren. Da sind wir absolut dafür. Aber andere wichtige


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