Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll122. Sitzung / Seite 57

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

BürgerInnen sollen ein Gesetz initiieren und - bei entsprechend hoher Unterstützung – auch darüber abstimmen können. Eine solche „Volksgesetzgebung“ darf den Grund- und Menschenrechten nicht widersprechen und muss der Zuständigkeitsverteilung zwi­schen der Europäischen Union und Österreich folgen. Mit einem amtlichen Abstim­mungsbuch und anderen Instrumenten muss eine sachliche Auseinandersetzung und ein Informationsgleichgewicht sichergestellt werden. Die Zahl der UnterstützerInnen, die eine Volksabstimmung auslösen, sollte sich an den Hürden der repräsentativen De­mokratie orientieren (wie zB der für den Einzug im Nationalrat notwendigen Stimmen­anzahl). Abhängig soll diese Zahl auch davon sein, wie sehr die Unterstützungsleistung gegenüber dem Status quo erleichtert wird. Derzeit müssen UnterstützerInnen vor dem Gemeindeamt die Unterschrift leisten, Unterstützungen online oder per Brief sind nicht möglich. Ebenso sollte eine Volksabstimmung aus Anlass eines Volksbegehrens erst ab einer bestimmten Mindestteilnahme verbindlich sein. Dieses direkt-demokratische Instrument sollte auch für die Landesebene vorgesehen werden.

BürgerInnen sollen weiters das Recht haben, auf Bundes- und auf Landesebene inner­halb einer bestimmten Frist eine Volksabstimmung über einen gefassten Gesetzesbe­schluss auszulösen (Vetoreferendum). Wird der Gesetzesbeschluss in der Volksab­stimmung nicht mit der unbedingten Mehrheit der abgegebenen Stimmen bestätigt, so tritt er nicht in Kraft. Hinsichtlich der notwendigen Zahl an Unterstützungen und den in­haltlichen Voraussetzungen gilt das oben Gesagte.

Derartige Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes müssten gemäß Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. 6. 2001 (G 103/00) einer Volksabstimmung un­terzogen und von der unbedingten Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen bestätigt werden.

Die Grünen haben bereits 1987 einen Antrag für eine durch Volksbegehren ausgelöste Volksabstimmung eingebracht (Antrag der Abg. Blau-Meissner und Freunde, Nr 68/A vom 4. Juni 1987). Ebenso wurde im Österreich-Konvent 2003 – 2005 mittels Textvor­schlägen ein Ausbau direkt-demokratischer Rechte (siehe www.konvent.gv.at) gefor­dert.

Andere verfassungsrechtliche Erweiterungen direkt-demokratischer Rechte

Das Volksbegehren muss derzeit eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit betreffen. Volksbegehren sollen sich auch auf Vollzugsakte richten können, dh auf die Erlassung einer Verordnung, allenfalls auch regionale Verordnungen wie etwa einen Maßnahmenplan nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft und auf Einzelakte. Es ver­steht sich von selbst, dass derartige Begehren nur gesetzeskonforme Vollzugsakte ver­langen können. Mit dem Beitritt zur Union ist für die Mitglieder der Bundesregierung ei­ne weitere Handlungsebene hinzukommen, die Mitwirkung an der europäischen Norm­setzung im Europäischen Rat und im Rat. Auch auf dieses Handeln sollten sich Volks­begehren beziehen können. Dies alles wird gleichermaßen auch für Volksbefragungen gefordert. Klargestellt wird, dass über derartige Volksbegehren, die keinen Gesetzes­text zum Gegenstand haben, keine Volksabstimmung ausgelöst werden kann.

Seit Einführung der Volksbefragung 1988 wurde noch keine solche durchgeführt. Das Ergebnis der Volksbefragung ist unverbindlich. Sie kann derzeit nur von den Regieren­den ausgelöst werden (Beschluss des Nationalrats auf Antrag von NR-Abgeordneten oder der Bundesregierung). BürgerInnen sollen eine Volksbefragung initiieren können, um diese Schieflage zu beenden.

Die Anfechtung von Ergebnissen von Volksabstimmungen, Volksbegehren und Volks­befragungen beim Verfassungsgerichtshof ist derzeit nur für die direktdemokratischen Instrumente auf Bundesebene vorgesehen. Auch wenn der Verfassungsgerichtshof solche Anfechtungen auch für die Landes- und Gemeindeebene zugelassen hat, ist


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite