Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 311

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und sie muss eben auf das Gewicht der Worte und Argumente jener vertrauen, die der Vernunft und dem Ausgleich divergierender Interessen verpflichtet sind.

Wenn Sie die Bestimmung des § 283 StGB – dieses Verhetzungsparagraphen – be­trach­ten, so zeigt bereits die Überschrift sehr deutlich, dass sie auf den Aufruf zu Hass und damit auf eine Tendenz abzielt, die nur Äußerungen innewohnt, denen eine verzerrte, zu Hass und Verachtung aufreizende Darstellung zugrunde liegt. (Abg. Dr. Graf: Wer definiert das?)

Dem Strafrecht kommt schließlich auch die Aufgabe des Schutzes der Schwächeren in einer Gesellschaft zu, und wir alle wissen, dass wir nicht frei von Ungleichbe­hand­lungen und Diskriminierungen sind. Dort, wo sich eine solche Diskriminierung im Aufruf zur Gewalt manifestiert (Abg. Strache: Manchmal sind wir sogar schon so weit, dass die Mehrheit in Österreich diskriminiert wird! – Abg. Dr. Graf: Die Mehrheit!), dort ist das Strafrecht aufgerufen, eine deutliche Grenze zu setzen! (Abg. Strache: ... Situ­ation, dass die Mehrheit in Österreich diskriminiert wird!)

Die in den letzten Wochen teilweise sehr heftig geführte Debatte hatte aber auch ihr Gutes. Wir haben dem Tatbestand jene Konturen verliehen, die es gerade im Strafrecht braucht, um Vorhersehbarkeit und Bestimmtheit zu gewährleisten. Setzen Sie daher auch ein Zeichen für eine Gesellschaft, die es einfach nicht notwendig hat, Aggression dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu unterstellen, weil diese natürlich nicht Beliebigkeit, sondern Ausdruck einer Werthaltung sein muss, die sich auch ihrer Grenzen bewusst ist!

Ich möchte auch den Kritikern eines ganz deutlich entgegnen. Entscheidend ist nicht allein, ob wir auf europäischer Ebene zu etwas verpflichtet sind oder nicht. (Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie immer behauptet!) Das ist nicht allein der springende Punkt. (Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie behauptet! Sie müssen sich besser vorbereiten, wenn Sie im Ausschuss reden!) Wichtig ist nämlich darüber hinaus auch, dass wir uns der gemeinsamen Werte bewusst sind und auch demgemäß handeln. (Abg. Dr. Graf: Welche Werte?)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Strafrecht als Ultima Ratio im Stufen­bau der einfachen Gesetzgebung, dazu bekenne ich mich uneingeschränkt. Es wäre falsch, zu glauben, dass Strafrecht allein zur Lösung aller gesellschaftlichen Konflikt­felder geeignet ist. Es wäre aber auch falsch, dem Präventionsgedanken, der jeder strafrechtlichen Sanktion innewohnt, jede Wirkung abzusprechen. Strafrecht ist also auch als Ausdruck dessen zu verstehen, was in einer demokratischen und offenen Gesellschaft nicht akzeptiert werden soll und kann.


Dem raschen Wandel in unserer Gesellschaft und den ständig hervorkommenden neuen Fragestellungen soll sich auch eine vernünftige Rechtspolitik natürlich nicht verschließen. Eine Gesellschaft, in der soziale und persönliche Kontakte zugunsten virtueller Kontakte und Beziehungen geringer werden, eine Gesellschaft, die sich Prob­lemen im Zusammenhang mit Migration, Fragestellungen der Integration, der wirt­schaftlichen Krisen und auch der Gefahren des internationalen Terrors gegenübersieht, erfordert auch ein ständiges Überdenken der Ziele und Funktionen des Strafrechtes.

In diesem Sinne bedarf es auch einer deutlichen Grenze für jene, die terroristische Straftaten dadurch vorbereiten, dass sie die Verführbarkeit anderer insofern ausnützen, als sie zum Beispiel konkrete Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoff mit dem Ziel verbreiten, zur Begehung einer terroristischen Straftat aufzureizen. Es wurde in der heute zu beschließenden Regierungsvorlage aber auch die Klarstellung vorgenommen, dass die Anleitung gerade dazu bestimmt sein muss, einen anderen zur Begehung einer solchen Straftat mit der ihr innewohnenden besonderen Gefährlichkeit aufzu-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite