Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 136

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beim Staatsbürgerunterricht erklärt, dass nicht die Offiziere, der General und die Ge­neralität die Gesetze machen, dass nicht sie schuld sind für die Wehrverfassung, dass nicht der Oberbefehlshaber des Heeres etwas dafür kann, dass es wenig Geld gibt, da­her wenig Ausrüstung, sondern Regierung und Parlament. Das meint der einfache Mensch, der seinen Leuten etwas erklären möchte, mit „Primat der Politik“.

Das kann man ja noch angehen lassen, aber man muss sich schon klar darüber sein, dass es brauchbare und unbrauchbare Ausdrucksformen gibt. „Primat der Politik“ kommt in der Verfassung nicht vor, kommt in der Literatur nicht vor, kommt in keinem einzigen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vor, aber wenn man dieses Gebilde gedanklich umkreist und wie ein Insekt aufspießen möchte, so sollte man erkennen, Politik, politisches Tun und politisches Handeln sind das Bemühen, im Rahmen des Rechts politische Vorstellungen zu entwickeln und diesen, so gut es geht, auch zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist im Wesen das Strukturgebilde der Staaten westlicher demokratischer Verfassung. Aber erst aufgrund der Verfassungslage erhält jedwede politische Idee rechtliche Verbindlichkeit.

Der Gipfelpunkt der ganzen Sache war, verfassungswidriges Verlangen gegenüber En­tacher mit seiner Abberufung zu versehen und andere Offiziere, die getreu der Verfas­sung in ihrer Haltung wären, ebenso mit dem Hinauswurf zu bedrohen. Das ist der Skandal! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Lugar.) Entacher hat im Rahmen und auf Grund der Verfassung gehandelt und seine Stimme erhoben.

Es gilt in Österreich das Legalitätsprinzip nach Artikel 18 Abs. 1 B-VG: „Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“

Wir haben in der Verfassung in Artikel 9a den Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht. Daher sind auch die darauf beruhenden einfach gesetzlichen Vorschriften entspre­chend der Bundesverfassung wahrzunehmen und in Vollziehung zu bringen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Lugar.) Jemanden, der sich in Ausübung seiner Voll­zugstätigkeit auf die Verfassungslage beruft, hinauszuschmeißen, das ist ein Verfas­sungsskandal. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Donnerbauer:  nicht der Einzige!) – Möglicherweise, lieber Herr Kollege, gibt es andere, die neben der Verfassung ihren Trampelpfad suchen, deswegen wird die Tat von Verteidigungsminister Darabos nicht besser.

Auf den Punkt gebracht: Herr Bundesminister, wenn Sie den vielfachen Zurufen, zu­rückzutreten, nicht Folge leisten wollen, was ich aus verschiedenen Gründen durchaus einsehe, so wäre etwas höchst an der Zeit: Es wäre zu erkennen, dass, wenn Sie Ihr Ministerium führen, die Verfassung an der Spitze und die darunter liegenden Gesetze aufgrund der Verfassung in Anwendung zu bringen sind. Sie können selbstverständ­lich – das steht Ihnen frei – hier im Haus eine Mehrheit suchen, und zwar eine Verfas­sungsmehrheit, die Artikel 9a außer Kraft setzt, und Ihr Lieblingsmodell der allgemei­nen Wehrpflicht abschaffen und ein Berufsheer einführen. Das ist legitim. Das in Ihrem Ministerium aufgrund dieser Rechtslage, die Sie hier im Haus erst erreichen müssen, vollziehen zu lassen, ist erst dann legitim, wenn dieses Gesetz beschlossen werden sollte. Ich darf mir die bescheidene Prognose erlauben, dass Sie fernab von der Reali­tät eines solchen Prozedere sind, wenn ich den Ankündigungen vonseiten der ÖVP – was ich gerne tue – Glauben schenken darf.

Daher ist jede Vollzugshandlung, jede Weisung, die Sie aufgrund einer nicht bestehen­den Verfassungslage geben, per se rechtswidrig. Ich ersuche Sie daher, Rechtswidrig­keiten künftig zu unterlassen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Sie sind zum Schaden der Republik, sie sind zum Schaden des Heeres, sie sind zu Ih­rem persönlichen Schaden, und ich bitte darum, dass Sie das höhere Gut, nämlich Be­stand und Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in die Armee und in ihre Füh-


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