Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll135. Sitzung / Seite 208

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

18.35.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Bei diesem Gesetz gibt es geradezu eine verkehrspolitische Groteske. Diese verkehrspolitische Groteske ist eingerahmt von der Umsetzung dreier wichtiger EU-Richtlinien: Interoperationalität, Seveso und auch noch eine andere wichtige EU-Richtlinie wird mit diesem Eisenbahngesetz in österreichisches Recht transferiert.

Aber die Groteske besteht einerseits darin, dass wir jetzt über das Eisenbahngesetz das regeln müssen, was bei der sogenannten Verländerung der Regionalbahnen in Niederösterreich verbrochen worden ist. Da haben wir einen Pfusch mit Sonderklasse erlebt, und jetzt muss die Frau Ministerin diesem Pfusch praktisch einen Riegel vorschieben.

Wir haben ja Übernahmen in Niederösterreich erlebt, wo jetzt Anschlussbahnen not­wendig sind, wo gesenkte Sicherheitsbedingungen herrschen, wo also nicht regulär Bahnen im alten Status weitergeführt werden, sondern man eine Ausnahmeregelung gefunden hat. Aber die Groteske gipfelt vor allem im § 31 h.

Frau Ministerin, Sie haben ja vorgehabt, das noch zu reparieren. Es ist ja – wie soll man sagen? – eine besondere Aktion Ihrer Beamtenschaft gewesen, dieser § 31 h, der nämlich vorsieht, dass entgegen der Bescheid-Aufhebung durch den Verwaltungs- und den Verfassungsgerichtshof, also durch zwei oberste Gerichtshöfe, nach wie vor im Eisenbahnbereich bis zu einem Jahr praktisch schwarz weitergebaut werden kann.

Dieser § 31 h ist mehr oder weniger eine völlige Legitimierung des Schwarzbaus. Was dem einfachen Menschen beim Häuselbau nicht gewährt wird, was der Industrie nicht gestattet ist, das ist in Zukunft im Eisenbahnrecht möglich: Ein Jahr schwarz bauen. Das ist mehr oder weniger die Möglichkeit, bescheidwidrige Bauvorhaben wie vielleicht beim Semmering oder bei anderen Tunnelprojekten unter dem Aspekt der Sicherheit weiter voranzutreiben.

Dazu hat auch das Bundeskanzleramt eine vernichtende Stellungnahme abgegeben. Dazu hat das Umweltressort darauf hingewiesen, dass mit dieser Regelung der Glaube an den Rechtsstaat bei der Bevölkerung völlig ausgehöhlt, völlig untergraben wird; und dazu, Frau Ministerin, sind Sie schließlich auch persönlich zur Einsicht gekommen, dass das nicht haltbar ist.

Nur ist Ihr Problem genauso wie meines, dass die ÖVP auf dieser rechtswidrigen Regelung, auf dieser grundrechtsgefährdenden Regelung beharrt. Was glauben Sie, warum die ÖVP darauf beharrt? Weil die Führerscheinmitnahmepflicht für die Landwirte nicht in einem Zug mit diesem Gesetz geändert wird. Dieses Junktim ist doch wirklich eine Groteske, wie ich eingangs dargestellt habe! Sie – wir nicht – beschließen heute ein Eisenbahngesetz, das in einem wesentlichen Aspekt eigentlich verfassungswidrig ist, das das Schwarzbauen legitimiert, das vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts kritisiert worden ist.

Sie beschließen das heute, nur weil die ÖVP heute nicht gleichzeitig auch die Rück­nahme eines Beschlusses durchgesetzt hat, der ja mit Zustimmung der ÖVP möglich war. Diese Führerschein-Mitnahmepflicht auch für Landwirte ist doch mit Koalitions­mehrheit beschlossen worden! Und dass jetzt der Widerstand von den landwirtschaft­lichen Vertretungskörperschaften so vehement ist, dass die ÖVP jetzt einer sinnvollen Änderung dieses Eisenbahngesetzes ihre Zustimmung nicht geben kann, ist ja mehr als grotesk!

Ich meine, es ist wirklich auch für die Republik insgesamt, für die Öffentlichkeit, für die Menschen, die betroffen sind, in keiner Weise nachvollziehbar, dass wir in diesem Parlament derartige Gesetzeskapriolen schlagen müssen! Ich bin mir sicher, wir


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite