Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 13

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tigen, wenn also die vorhandenen Möglichkeiten innerhalb der Eurozone, innerhalb der Europäischen Union nicht ausreichen. Langfristiges Ziel müsste es natürlich sein, dass wir einander nicht bei Krisentreffen in mehr oder weniger mittlerweile regelmäßigen Abständen begegnen, um die nächsten paar Wochen, vielleicht ein paar Monate zu gestalten, sondern dass wir eines Tages eine Struktur der Europäischen Union und der Eurozone vorfinden, die von sich aus stark genug ist, zu schützen: einerseits vor Spekulation – das heißt, Finanzmärkte regulieren –, andererseits vor zu vielen Schul­den, die uns immer wieder in die Fänge der Finanzmärkte bringen, und die drittens einen Schutzschirm mit entsprechenden Mitteln zur Verfügung stellt, um – so wie etwa die Vereinigten Staaten durch die Federal Reserve oder Großbritannien durch die Bank of England – in der Lage zu sein, selbst Anleihen zu kaufen.

Es gibt viele Ideen, wie dieses Gebäude Europäische Union stark genug werden soll, die Zukunft Europas so zu gestalten, dass wieder Wachstum und Beschäftigung gefördert werden und wir nicht von einer Notmaßnahme zur anderen schlittern. Trotzdem bleibt es uns nicht erspart, neben der richtigen Überlegung, welche grund­legenden Änderungen, durchaus auch grundlegenden Vertragsänderungen notwendig sind, um ein dauerhaftes, stabiles Europa, ein soziales Europa, ein Europa der wirt­schaftlichen Stärke, der Wettbewerbsfähigkeit zu errichten, parallel dazu auch kurz­fristig die „Feuerwehr“ so auszustatten, dass wir ausreichend Mittel zur Verfügung haben, wenn ein Land nicht in der Lage ist, die Schulden zu refinanzieren. Daher gehören auch die kurzfristigen Maßnahmen zu den bedeutenden Bausteinen, die das Fundament der Zukunft bilden sollen.

Zu diesen kurzfristigen Maßnahmen gehört es etwa, dass wir die vorhandenen Geld­mittel, die wir bisher mit der EFSF gemeinsam beschlossen haben, optimal ausnützen, dass wir – dieser Beschluss wurde gefasst – den ESM von Juli 2013 auf Juli 2012 vorziehen wollen, dass wir zusätzlich überlegen, ob wir bei der Ausgestaltung nicht noch weitere Verstärkungen vornehmen können, um, wie man bei der Feuerwehr sagen würde, auch genug Löschwasser zur Verfügung zu haben, wenn wir einschrei­ten und Länder unterstützen müssen. Wir werden aber auch überlegen, inwieweit wir gemeinsam mit dem IWF in der Lage sind, Mittel in der Größenordnung von 150 Mil­liarden in der Eurozone, von über 200 Milliarden insgesamt kurzfristig zu finanzieren und auch einzusetzen, um stärker zu schützen.

Nun können Sie natürlich über diese Maßnahmen heute in der Debatte das sagen, was ich auch sagen würde, nämlich: Das alles wird zu wenig sein! – Ja, für eine langfristig stabile Eurozone, für ein langfristig funktionierendes Projekt Europa, wie auch ich es mir vorstelle, das auch den Standards, den sozialen Standards Österreichs entspricht, das die Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt in Zukunft verlangen wird, dafür benötigt es noch viel mehr. Die Frage, die sich aber aktuell stellt, ist, ob wir jetzt, in diesen schwierigen Stunden, Wochen und Monaten, einander unterstützen, den Zusammenhalt stärken oder ob wir ein Konzept verfolgen, das in Wirklichkeit die Eurozone und die Europäische Union begraben würde. (Abg. Kickl: Wenn es was nutzen würde! Seid ihr vorbereitet?) – Gut, dass Sie schon zwischenrufen. Es gibt nämlich in Ihren Aussagen, Herr Strache (Abg. Kickl: Nein, das war ich!), eine ganz eindeutige Linie, um nur eines Ihrer vielen Interviews zu zitieren, die da lauten: Ja, wir müssen raus aus dem Euro, bevor er uns in den Abgrund stürzt!

Wir haben tatsächlich die Wahl: Zerstören wir diese Europäische Union, zerstören wir die Eurozone oder unternehmen wir jetzt alles, um ein Fundament zu errichten für ein gemeinsames Europa? Diese Entscheidung ist zu treffen, und ich bin davon überzeugt, dass wir sie klar treffen und klar aussprechen sollen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

 


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