Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 70

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„Was bedeutet die derzeitige Schuldenkrise für die Zukunft Europas?“

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Kopf. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.30.39

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Finanzministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union hat leider einige Konstruktionsfehler, die wir derzeit auch mühsam ausbaden müssen. Sie hat unter anderem auch ein Demokratiedefizit, das mit der Lissabon-Agenda ein Stück weit beseitigt wurde, indem eine Stärkung der Parlamente, auch der nationalen Parlamente, vonstattengegangen ist. Ich denke, dass diese Demokratisierung und vor allem auch die Einbeziehung und Stärkung des Europäischen Parlaments weiter wird voranschreiten müssen.

Ich freue mich daher ganz besonders, dass in diesen Stunden zwei Österreicher, Mitglieder des Europäischen Parlaments, in wichtige Schlüsselfunktionen gewählt worden sind. Der bisherige Delegationsleiter der Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, wurde Fraktionsvorsitzender der Gesamtfraktion der Sozialdemokraten im Euro­päischen Parlament, und Othmar Karas, der Delegationsleiter der ÖVP-Abgeordneten im Europäischen Parlament, wurde vor Kurzem einer der Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Brosz.)

Ich denke, wir sollten beiden von dieser Stelle aus gratulieren, denn sie sind beide Verfechter, vehemente Verfechter dieser stärkeren Demokratisierung der europäischen Institutionen, und ich denke, dass Österreich auch einen wichtigen Beitrag genau in diese Richtung zur Weiterentwicklung der europäischen Institutionen leisten kann – dank dieser beiden Persönlichkeiten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, Europa durchlebt derzeit eine massive Vertrauenskrise. Es gibt wenig Vertrauen in die Kreditwürdigkeit einzelner EU-Mitgliedstaaten, es gibt wenig Vertrauen in die EU-Institutionen, in den Euro-Raum. Das Resultat müssen wir in diesen Tagen erleben: eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit einiger EU-, Euro-Staaten. Das ist Ausdruck dieser Vertrauenskrise, aber das ist nicht etwa gezielt eine Attacke oder ein Vertrauensentzug gegenüber Österreich. Österreich ist in der Relation der gesamten europäischen Staaten zueinander noch immer eines der bestbewerteten Länder in der Euro-Zone und in Europa, aber wir erleben derzeit tatsächlich eine Herabstufung des Vertrauens insgesamt in die europäische Problemlösungsfähigkeit. Das ist eigentlich der wahre Hintergrund dieses Ratings, das wir derzeit erfahren.

Das ist aber nicht ganz verständlich – wenn, dann höchstens aus dieser etwas kom­plizierten Entscheidungsfindung heraus –, denn der Euro-Raum hat im Gegensatz zu den USA, die über 10 Prozent Defizit und über 90 Prozent Verschuldung haben, oder gar zu Japan mit fast 200 Prozent Verschuldung, 6,2 Prozent Defizit und 85 Prozent Verschuldung. Da scheinen die Relationen insbesondere bei Standard & Poor’s etwas durcheinandergeraten zu sein. Nichtsdestotrotz: Wir müssen auf uns schauen, darauf achten, dass wir unsere Stabilität stärken, und nicht auf die anderen, und das heißt, wir haben einige Arbeit vor uns.

Meine Damen und Herren, trotz aller Probleme ist die europäische Integration ein faszinierendes Projekt zur Friedens- und Wohlstandssicherung. Die einzelnen Mitgliedsländer stehen zwar im Wettbewerb zueinander, aber wir stehen insbesondere als Kontinent, als kontinentale Volkswirtschaft Europa im Wettbewerb mit dem asiatischen Raum, mit den USA, und wir stehen auch im Wettbewerb um Rohstoffe, um Arbeitsplätze, um Wachstum, um Investoren. Und genau in diesem Wettbewerb


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