Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll141. Sitzung / Seite 117

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Die Bundesregierung weiß entweder nicht, mit welchem Regime sie es da zu tun hat, mit welchem Regime sie angeblich dialogisieren will – oder es ist der Bundesregierung egal, dass man mit so einem Regime einen angeblichen Dialog führt. Ich weiß nicht, was schlimmer wäre, es ist auf jeden Fall beides sehr, sehr schlimm.

Damit wird ausgerechnet Saudi-Arabien, wo der Wahhabismus, der ja eine extrem fun­damentalistische, extrem rigide und unterdrückerische Interpretation der Religion Islam ist, ausgerechnet dieses Land, ausgerechnet dieses Regime wird zum angeblichen Vertreter von 1,5 Milliarden Muslimen und Musliminnen weltweit auserkoren. Dieses Regime wird mindestens einen der angeblichen Vertreter von Muslimen und Muslimin­nen weltweit ernennen. Dieses Regime hat einen zweistelligen Millionenbetrag in Euro investiert, um ein Ringstraßenpalais zu kaufen, wo das Zentrum seinen Sitz haben wird. (Abg. Scheibner: Na hätten Sie es lieber, wenn es der Steuerzahler bezahlt?) Nein, nein! (Abg. Scheibner: Na also! Seien wir doch froh, dass es wer bezahlt!)

Es wäre viel besser, wenn man nicht so ein Pseudodialogzentrum etablieren würde. Dialog schön und gut, aber ausgerechnet so ein Regime zum Dialogführer zwischen den Kulturen und Religionen zu erheben, das ist ja die Todsünde, die Sie begehen. (Bei­fall bei den Grünen.)

Das wollen Sie offensichtlich nicht nur nicht einsehen, sondern da betreiben Sie auch Diskussionsverweigerung.

Kollege Lopatka hat vor ein paar Stunden eine sehr spannende APA-Aussendung ge­macht, die habe ich mir genau angeschaut. Darin behauptet er, das würde ja gar nicht stimmen, Herr Außenminister Spindelegger hätte ja alle diese Fragen beantwortet. – Schauen wir uns das gemeinsam an, Herr Kollege, wie er diese Fragen hervorragend beantwortet hat!

Zum Beispiel die Frage 2: „Ist Ihnen bekannt, dass in Saudi-Arabien auf den ,Abfall vom Islam‘ die Todesstrafe droht? Wenn ja, wie verträgt sich das mit dem Vorhaben des saudischen Königs, den ,Dialog‘ mit anderen Religionsanhängern und ‑anhängerinnen fördern zu wollen?“

Die Antwort des Herrn Außenministers – übrigens eine Sammelantwort, wo er in ein paar Absätzen gleich auf sieben Fragen eine Antwort gibt, angeblich; ich zitiere –:

„Österreich hat eine langjährige international anerkannte und erfolgreiche Tradition im Dialog der Kulturen und Religionen und hat dieses Engagement in den letzten Jahren in vielfacher Hinsicht verstärkt.“ – Alles schön und gut.

Weiter heißt es: „Die von Österreich initiierten Dialoginitiativen sind seit jeher den uni­versalen Grund- und Freiheitsrechten, einschließlich der Religions- und Gewissensfrei­heit, der Gleichbehandlung von Männern und Frauen sowie der Rechtsstaatlichkeit ver­pflichtet.“ – Und so weiter und so fort.

Nur, was er eben nicht dazu schreibt, ist, dass genau diese Religions- und Gewissens­freiheit in Saudi-Arabien schlicht und ergreifend nicht existiert, von Gleichbehandlung von Männern und Frauen gar nicht zu sprechen. Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass in Saudi-Arabien Frauen nicht einmal Auto fahren dürfen, geschweige denn als Bürgerinnen dieses Landes ein Wahlrecht haben und an den stattfindenden Wahlen teil­nehmen dürfen.

Von universalen Grund- und Freiheitsrechten ist da die Rede. In Saudi-Arabien wurde allein im Oktober des letzten Jahres 19 Mal die Todesstrafe nicht nur verhängt, son­dern auch vollstreckt, überproportional oft an armen Gastarbeitern und Gastarbeiterin­nen.

Auf die Frage, ob ihm diese Todesstrafe auf den „Abfall vom Islam“ bekannt sei und wie sich das mit der Dialogidee vertragen würde, geht der Herr Außenminister mit kei­nem Wort ein.

 


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