Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 117

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Aber wir wissen jetzt im Nachhinein, es hat auch jenen Ländern nicht genützt, ganz im Gegenteil: Es hat ihnen massiv geschadet, denn jene Länder, dieser „Club Med“, diese Südländer konnten ihre Zahlungsbilanzdefizite nicht durch Abwertung ausgleichen, so wie sie es in der Vergangenheit immer gemacht haben. Das konnten sie plötzlich nicht mehr.

Und genau an diesem Punkt stehen wir heute. Wir stehen heute an dem Punkt, dass den Südländern innerhalb des Euros nicht zu helfen ist. Es ist ihnen nicht zu helfen! Und wer das nicht glaubt, der schaue nach Griechenland. Schauen Sie sich einmal nur die Zahlen an: Wir in Österreich verschulden uns in der Stunde mit 1 Million € – das heißt, von 9 Uhr bis jetzt haben wir uns schon mit 2 Millionen neu verschuldet. Grie­chenland ist von der Größe her vergleichbar; es hat zwar ein bisschen mehr Einwoh­ner, ist aber von der Wirtschaftsleistung her etwa gleich. Wir in Österreich verschulden uns in der Stunde mit 1 Million – und Griechenland mit 10 Millionen. 10 Millionen! Kön­nen Sie sich das vorstellen? Zehn Mal so viel pro Stunde!

Jetzt fragt man sich: Wie soll das gehen? Wie soll Griechenland auf die Füße kom­men? Glauben Sie, wenn wir mit dem ESM und mit der EZB und mit all diesen Hilfsme­chanismen noch oben etwas drauflegen auf diesen Schuldenberg, dass damit jeman­dem geholfen ist? Glauben Sie das wirklich? – Letztlich wird Griechenland pleitegehen, und viele andere Länder mit ihm.

Und wer wird dafür zahlen? – Das ist jetzt die zentrale Frage. Und wenn wir mit diesem ESM und mit der EZB so weitermachen wie bisher, dann werden wir alle dafür zahlen.

Jetzt frage ich Sie – denn anscheinend schockiert das niemanden, dass wir alle dafür zahlen –: Was würden Sie davon halten, wenn wir – als Beispiel – alle 11 000 Privat­konkurse pro Jahr in Österreich gemeinschaftlich übernehmen, wenn wir also sagen würden: Wir haften dafür! Egal, wer in Österreich Privatkonkurs macht, wir haften da­für!? – Wäre das ein gangbarer Weg? Glauben Sie das? Wäre das gut? Glauben Sie, dass das denen entgegenkommt, die ordentlich wirtschaften wollen?

Genau das Gleiche erleben wir aber in Europa, indem wir sagen: Ganz egal, wie ihr wirtschaftet, wir übernehmen die Kosten dafür! Wir zahlen mit unserem Vermögen, wir zahlen mit unseren Spareinlagen, wir zahlen mit unseren Versicherungsleistungen! – Glauben Sie, dass das bei denen dann entsprechende Motivation auslöst, ordentlich zu wirtschaften? – Ganz sicher nicht. Und das erleben wir ja in Griechenland. Wir erleben in Griechenland: Je mehr wir zahlen, desto weniger pfeifen sie sich um etwas. Und ge­nau das Gleiche werden wir in Spanien, in Italien und überall erleben. Denn: Wenn die Rechnung letztlich ein anderer zahlt, wird man sich nicht dementsprechend bemühen. Das ist ein Naturgesetz, das gilt in Österreich genauso wie in Europa.

Deshalb: Hören wir auf mit diesem ESM, mit der EZB, mit diesem unbegrenzten An­kauf von Staatsanleihen! Hören wir auf mit der Wohlstandsverteilung von uns dorthin, wo man glaubt, ihn zu brauchen! Und wenn wir für alle die Haftung übernehmen wol­len, wenn das hier in diesem Raum Common Sense ist, wenn wir für alle Staaten in Europa die Haftung übernehmen wollen, dann müssen wir vorher den Bürger fragen. Wir müssen es! Wir können nicht, wir müssen es, denn der Bürger wird letztlich die Rechnung bezahlen. Und ich sage immer: Derjenige, der bezahlt, der soll auch an­schaffen! Und der Bürger hat in dieser Sache noch nicht gesprochen.

Deswegen sollten wir nicht zur Wehrpflicht eine Volksabstimmung machen, sondern zu der Frage: Wollen wir mit unserem Vermögen ganz Europa finanzieren? – Das ist die Frage, und diese Frage müssen wir dem Bürger stellen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.54

 


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