Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll193. Sitzung / Seite 167

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Die Zinsen auf die Staatsanleihen in der Euro-Zone sind deutlich gesunken, Österreich zahlt so wenig Zinsen für seine Staatsanleihen wie nie zuvor. Irland konnte als erstes Land bereits wieder Geld auf den Kapitalmärkten aufnehmen und wird bald nicht mehr auf die Hilfe angewiesen sein. Und selbst in Griechenland erzielte die Regierung erstmals einen Budgetüberschuss. – Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite haben viele Länder der Euro-Zone eine extrem hohe Arbeits­losig­keit – wir haben über die Jugendarbeitslosigkeit schon sehr oft debattiert –, und sie sind dabei, große Reformen in Politik und Wirtschaft zu machen. Das Letzte, das diese Länder jetzt brauchen können, ist eine erneute Verunsicherung auf den Finanzmärkten und ein Ansteigen der Zinsen für ihre Staatsanleihen. Und das liegt auch nicht in unserem Interesse, denn wir wollen schließlich und endlich, dass die Arbeitslosigkeit sinkt, dass die Wirtschaft angekurbelt wird, denn damit sind auch die Arbeitsplätze bei uns gesichert.

Zypern hat daher auch in unserem eigenen Interesse Anspruch auf Hilfe seiner europäischen Partner. Klar ist aber auch: Finanzhilfen sind keine Geschenke, auch wenn das manchmal erhofft wird.

Die Voraussetzung dafür, dass Zypern Geld bekommt, muss ein radikaler Umbau des zypriotischen Bankensektors sein. Zypern muss sein bisheriges Geschäftsmodell, das vor allem auf Spekulationen und niedrigen Steuersätzen aufbaut, aufgeben; dazu muss aber die Finanzindustrie auf ein gesundes Maß reduziert, geschrumpft werden. Der Bankensektor – wir haben das heute schon gehört – ist in Zypern ja fast dreimal so groß wie in Österreich. Wenn man bedenkt, dass die Bevölkerung in Zypern zahlen­mäßig ungefähr jener der Steiermark entspricht, dann kann man sich ausrechnen, in welchen Dimensionen sich das Ganze abspielt.

Ziel der Euro-Gruppe und der österreichischen Bundesregierung ist es, das Risiko für die Steuerzahler möglichst gering zu halten. Es ist aber, sehr geehrte Damen und Herren, alles andere als gerecht, die kleinen Leute für die zypriotischen Probleme zahlen zu lassen, und es wäre auch mehr als ungerecht, wenn die russischen Firmen und die russischen Oligarchen ungeschoren davonkämen, denn: Wer von dem zyprio­tischen Geschäftsmodell mit sehr hohen Zinsen und extrem niedrigen Steuern profitiert hat, der soll letztendlich auch einen gerechten Beitrag leisten. Niemand kann sich Geschenke in Millionen- oder Milliardenhöhe erwarten. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was also nicht sein kann, ist, dass auch Kleinanleger besteuert werden. Das ist aber von der Euro-Gruppe auch nicht gefordert worden. Dieser Plan stammt von der konservativen zypriotischen Regierung. (Rufe bei der FPÖ: Falsch!) Allerdings hätten die Finanzminister da wachsam sein und rechtzeitig die Notbremse ziehen müssen. Eine Ausnahme für Spareinlagen unter 100 000 € wäre jedenfalls anständig, gerecht und auch finanzierbar, und ich gehe davon aus, dass unsere Regierung weiter in diesem Sinne auf den zypriotischen Regierungschef einwirken wird.

Es liegt nun an Zypern, geeignete Vorschläge zu machen, wie es aus dieser Sack­gasse wieder herauskommen kann, die nächsten Tage werden entscheidend sein. Die Sehnsucht nach Hilfe aus Russland könnte sich als Irrtum erweisen. Wie wir in den Medien lesen, ziert sich Russland zurzeit sehr, und es ist natürlich auch die Frage, was Russland als Gegenleistung erwartet.

Zusammengefasst heißt das: Das Hilfspaket für Zypern muss – um erfolgreich zu sein – dazu beitragen, die Probleme an der Wurzel zu packen. Der Finanzsektor muss auf EU-Schnitt geschrumpft werden, und Standards gegen die Geldwäsche müssen


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