Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll196. Sitzung, 3. April 2013 / Seite 34

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Vergaben, keine Kontrolle, keine Leistungskontrolle. Wenn Sie und Ihre Vorgän­gerInnen draufgekommen sind, dass zu viel bezahlt worden ist: Na, Pech gehabt! Das Geld ist pfutsch! Und dort, wo es vergaberechtlich über 100 000 € gewesen wären, sind Minister der ÖVP hergegangen und haben das so lange gestückelt, bis jeder Auftrag unter 100 000 € war, damit gewisse Vorgänge bei der Ausschreibung nicht eingehalten werden müssen.

Frau Bundesministerin, Sie und Ihre Vorgänger und Vorgängerinnen der ÖVP im Innenministerium haben bewusst Gesetze umgangen, bewusst Gesetze verletzt, um Ihnen nahestehenden Personen Vorteile zu verschaffen.

Jetzt stellt sich die Frage: Wer sind diese Personen? Wer ist dieses sogenannte Ulmer-Netzwerk? Wer ist dieses sogenannte Kienpointner-Netzwerk?

Das beginnt nicht im Innenministerium. Das beginnt im Jahre 1997 in der Bundesgeschäftsführung der Österreichischen Volkspartei. Dort holt sich die damalige Generalsekretärin, Frau Maria Rauch-Kallat, zwei vielversprechende Talente: einen ÖVP-Mann aus dem militärischen Nachrichtendienst HNA, der in seiner Karriere feststeckt und nach neuen Aufgaben sucht, und einen erfolglosen Geflügelhändler aus dem Burgenland.

Der HNA-Mann, der in die ÖVP wechselt, heißt Christoph Ulmer. Der erfolglose Geflügelhändler, der sehr bald erfolgreicher Berater wird, heißt Alfons Mensdorff-Pouilly. Diese beiden Personen stehen am Beginn der Entwicklung ganz bestimmter Netzwerke, die im Innenministerium ihr Zentrum haben, aber bis ins Finanzministerium und ins Landwirtschaftsministerium reichen. Und diese wollen wir heute mit Ihnen besprechen.

Natürlich ist es ein Wunder: Ich stelle mir Mensdorff-Pouilly vor, wie er mit seinem Lieferwagen durchs Burgenland fährt, überall anklopft und sagt: Ich hätte Hendl, auch stückerlweise!, und niemand kauft ihm etwas ab. – Ein Jahr später ist er Berater: Telekommunikation, Petrochemie, militärische Luftfahrt – Millionenaufträge.

Das sind Wunder der Unternehmensgründung, wie sie nur in der Österreichischen Volkspartei möglich sind. (Beifall bei den Grünen.)

Das sind Karrieren, wie sie außerhalb der Österreichischen Volkspartei schwer denkbar sind: vom Hendlflügerl zum Eurofighter. Das geht ohne ÖVP nicht, und diese Bilderbuchkarrieren kosten die Republik Milliarden.

Jetzt kommt das Jahr 2000. Im Jahr 2000 übernimmt nicht nur Dr. Wolfgang Schüssel die Bundesregierung, sondern es wird von einem gewissen Herrn Kienpointner und einem gewissen Herrn Malaun eine Firma gegründet, die Headquarter GmbH.

Herr Kienpointner ist bis heute der Werbeschatten von Erwin Pröll. Kein Plakat, auf dem Erwin Pröll ins Land schaut, das nicht von Kienpointner entworfen worden ist. Martin Malaun ist der Vertrauensmann der ÖVP in Tirol, heute Landesgeschäftsführer, und in vielen Funktionen für die Tiroler ÖVP tätig. Eines der Bindeglieder, in ganz bestimmten anderen Funktionen – darauf kommen wir später zurück –, heißt Johan­nes Rauch.

Es gibt Beraterverträge. Aber der erste Beratervertrag ist ein ganz anderer, das ist „TETRON“ im Jahr 2004. Der Geflügelverkäufer wird plötzlich dringend gebraucht, um eines der größten Beschaffungsprojekte im Innenministerium durchführen zu helfen. Millionen fließen von „Motorola“, der Kabinettschef lässt sich plötzlich karenzieren und übernimmt eine Vermittlungstätigkeit, die in diesem Rechnungshofbericht geschildert wird. Er nimmt kein Geld vom Innenministerium. Er lässt sich nur die Spesen zahlen. Kassieren tut Mensdorff-Pouilly.

 


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