Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll217. Sitzung / Seite 86

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Am Ende der Tabelle bestand weiter ein Kontostand von 203.098,31 Euro. Was geschah mit diesem Geld in den Folgejahren?

Der Sachverständige erwähnt in seinem Gutachten, dass sich in der Datensicherung der MEDIASELECT ein Dateiordner mit der Bezeichnung „ÖVP-Konto“ und der Num­mer des Kontos befindet. Dieser Ordner enthält Unterordner mit den Bezeichnungen „2010“, „2011“, „2012“. Wurde auch in diesen Jahren und somit auch unter Parteiobmann SPINDELEGGER das System der illegalen Parteienfinanzierung der ÖVP über die MEDIASELECT aufrechterhalten?

Der Sachverständige zitiert aus einem sichergestellten E-Mail des früheren MEDIASELECT Geschäftsführers und heutigen „Kampagnenleiters‘“ der ÖVP, Markus KESCHMANN aus dem Jahr 2010: „In Österreich werden Kickbacks nie als Natural­rabatte ausbezahlt, sondern Cash.“ Der Sachverständige kommt zu der Einschätzung, dass hier offenbar die „übliche Vorgehensweise in Österreich“ beschrieben werde. 

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch die Textierung jener „Schein­gutschriften“, welche von der MEDIASELECT an die ÖVP Bundespartei, zu Handen Michael FISCHER, gerichtet wurden, um die Gutbuchung der Telekom-Valora Gelder auf dem ÖVP-Konto zu begründen: „Für die Vermittlung von Neukundengeschäft im Bereich öffentlicher Dienst für das laufende Geschäftsjahr 2006“ (Datum 28.2.2006). Für diese Formulierung fand sich in den sichergestellten Daten der MEDIASELECT auch eine Version, in welcher die Gutschriftnummer noch mit „?“ als Platzhaltern offen bleibt, so dass von einem Muster für derartige Gutschriften auszugehen ist. Noch dreister war eine weitere „Gutschrift“:

Dass sich eine Regierungspartei für die Vermittlung von Aufträgen „Gutschriften“ ausstellen lässt, weist auf Korruption in Form von „Kickback“-Zahlungen hin.

Der Berichterstattung der Onlinezeitung „derstandard.at“ vom 10.9.2013 über den Telekom-BZÖ Prozess ist zu entnehmen, dass dort ein Telefonüberwachungsprotokoll des ehemaligen Kabinettschefs PÖCHINGER der Justizministerin GASTINGER mit seiner Ehefrau verlesen wurde: „Darin ist die Rede davon, dass die ÖVP Inserate für GASTINGER gezahlt hat. Indirekt sei das Inserat von OMV, LOTTERIE und TELEKOM über die OMNIMEDIA gezahlt worden.“ Wenn auch möglicherweise hier OMNIMEDIA mit MEDIASELECT verwechselt worden sein mag, so ist der Bezug auf die OMV bemerkenswert, da damit ein weiteres Großunternehmen auf der illegalen „Spender­liste“ der ÖVP stehen würde.

Aufgrund dieser dichten Indizien besteht daher der Verdacht, dass die ÖVP ein weit über die nun bekannten Einzelfälle (TELEKOM, LOTTERIEN, RAIFFEISEN) hinaus­gehendes System der verdeckten und illegalen Parteienfinanzierung eingerichtet hat. Daher werden die gesamten Geschäfte, die die MEDIASELECT mit politischen Par­teien bis heute abgewickelt hat, von den Staatsanwaltschaften und in der Folge auch vom Parlament zu untersuchen sein.

B.2. OMNIMEDIA, ECHO und die SPÖ

Ebenfalls Thema im Untersuchungsausschuss war eine Zahlung der VALORA AG an die SP-nahe ECHO Werbeagentur über Euro 24.000 im Jahr 2006, angeblich für eine „Studie über Gratiszeitungen“, aus Telekom Geldern.

NEWS berichtete jedoch nunmehr am 29.8.2013, dass aus dem bereits oben erwähnten Sachverständigengutachten auch hervorgehe, dass bereits 2004 und 2005 ebenfalls Beträge in derselben Höhe an ECHO bezahlt wurden, damals noch über die Firma Hochegger.Com. Der Sachverständige sieht darin einen Hinweis auf eine vereinbarte „jährliche Pauschale“ der Telekom Austria an die ECHO GmbH, und zwar


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite