Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 83

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Zum Medizinischen: Die Abgrenzung, die Sie vorschlagen, nach IOTN, wo dann bei 4 und 5 die Behandlung gratis sein soll und bei 1 bis 3 nicht, halten wir für nicht sachgemäß. Es gibt Zahnfehlstellungen in der Kategorie 4, die relativ leicht zu behandeln sind, und es gibt andere in derselben Kategorie, die ungleich komplexer und behandlungsaufwendiger sind. Egal, wie viel Arbeit ein Zahnarzt mit der Behandlung hat, Sie scheren mit Ihrem Vorschlag einfach alles über einen Kamm und finanzieren es nach Schema F.

Die Gratis-Zahnspange ist auch nicht Teil eines zahnmedizinischen Gesamtkonzepts. Dann wäre es nämlich gemeinsam mit anderen prophylaktischen Maßnahmen in dieses eingebettet und so eingereicht worden. Nein, sie ist Teil eines Gegengeschäfts. Die ÖVP ist unter Druck gekommen wegen der geplanten Abschaffung des Gewinn­freibetrages, und da hat man dann zurückrudern müssen, und als Gegengeschäft bekommt jetzt halt die SPÖ die Gratis-Zahnspange (Abg. Königsberger-Ludwig: Nicht die SPÖ! 85 000 Menschen!) und hat sich diese so erkauft. (Abg. Königsberger-Ludwig: Nicht die SPÖ, Herr Kollege!)

Und damit sind wir schon beim Geld, Frau Königsberger-Ludwig: Das Geld wird für die vorgesehenen 85 000 Zahnspangen nämlich nicht reichen. Der Hauptverband und die Zahnärztekammer sollen sich auf zahnmedizinische Maßnahmen verständigen, die man mit diesen 80 Millionen € gar nicht finanzieren kann, außer man mutet den Patien­ten und, ich sage, man mutet den Zahnärzten zu, dass sie die Behandlungen zwar kostendeckend, aber nicht state-of-the-art vornehmen können, weil das Geld dafür nicht reicht. Das wollen Sie ja nicht.

Wer mit diesen Mitteln, die Sie da ansetzen, kostendeckend arbeiten wollte, der müsste einen möglichst geringen Aufwand und möglichst geringe Mittel einsetzen, und das wiederum würde Nachbehandlungen verursachen, was ja dann auch nicht kosteneffizient ist.

Und nicht einmal diese 80 Millionen €, die da versprochen werden, haben Sie. Es wurde schon gesagt, der Strukturfonds der Krankenkassen mit 40 Millionen € muss aufgelöst werden. Die Kassen kommen also selbst direkt für die Hälfte Ihrer Wahl­geschenke auf. Herr Bundesminister, Sie haben förmlich das Zeug zum Landes­hauptmann, wenn Sie so gut darin sind, das Geld anderer Leute auszugeben!

Inzwischen sind wir so weit, dass die Zahnärztekammer ihre Mitglieder informiert, dass damit zu rechnen ist, dass bei den Fehlstellungen der Kategorien IOTN 1 bis 3 die Kostenbeiträge der Kassen ganz entfallen, sie sollen ihre Patienten darüber informieren. – Aha, davon haben wir bis jetzt nichts gehört!

Wenn die Regierung nicht Geschenke verteilen würde, dann hätten wir auch ein anderes Problem nicht. Wir könnten einmal der Frage nachgehen, warum die Kranken­kassen den fleißigen Menschen in diesem Land so auf die Pelle rücken und diese so gnadenlos abzocken.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn heute ein Arbeitnehmer ein fleißiger Mensch ist und noch etwas dazuverdient, vielleicht zusätzlich eine selbständige Tätigkeit hat, dann ist er gleich in zwei Kassen versichert und „darf“ Beiträge zahlen – krank sein kann man aber nur einmal. Und die Kassen, denen Sie per Gesetz immer neue und nicht finan­zierte Leistungen aufbürden, raufen sich um die Versicherten; auch das erleben wir live.

Ein Bericht über die Fälle, in denen Selbständige gegen ihren Willen von Kranken­kassen zu Angestellten erklärt werden, würde den Rahmen sprengen. Die Auftrag­geber von solchen Selbständigen müssen dann GKK-Beiträge nachzahlen, über Jahre zurück, für Zeiträume, in denen die Selbständigen schon SVA-Beiträge gezahlt haben.


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