Barbara Prammer gelungen, Überparteilichkeit mit einer klaren politischen Haltung zu verbinden, und in den letzten Tagen und Wochen – und auch heute hier – hat sie die Würdigung erfahren, die sie auch verdient hat. Hätte man ihr einen Teil dieser Würdigung und Hochachtung schon zu Lebzeiten erwiesen, ich glaube, sie hätte sich sehr darüber gefreut.
Barbara Prammer hat viel erreicht und auch vieles für uns auf den Weg gebracht. Mir persönlich wird meine letzte Begegnung mit ihr in Erinnerung bleiben. Es war bei der letzten Nationalratssitzung hier im Haus, wo sie mir voller Freude und Stolz das Foto ihrer vor Kurzem geborenen Enkeltochter Sophie gezeigt hat. Und ich, und ich denke, auch Sie alle, wir hätten ihr von ganzem Herzen viel mehr Zeit gegönnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allen, die mir heute mit ihrer Stimme das Vertrauen geschenkt haben, gilt mein Dank. Und seien Sie gewiss: Ich nehme Ihr Vertrauen als Verpflichtung und Auftrag. Ich will Ihnen und allen Abgeordneten dieses Hauses eine gute, eine faire und überparteilich agierende Präsidentin sein. Danach werde ich streben und darum werde ich mich bemühen. (Allgemeiner Beifall.)
Sie wissen, dass man wenige Dinge im Leben allein bestreitet und wenige Wege im Leben allein beschreitet, daher ist es mir auch ein großes Anliegen, mich bei all jenen Menschen zu bedanken – und das waren sehr viele! –, die mich in den letzten Jahren begleitet haben und die mich bei meiner Tätigkeit beruflich und auch privat unterstützt haben.
In den vergangenen Tagen habe ich oft an den 5. November 1990 gedacht, an jenen Tag, an dem ich hier in diesem Haus zum ersten Mal als Abgeordnete zum Nationalrat angelobt wurde. Ich war damals eine der jüngsten Abgeordneten – in meiner Fraktion die jüngste Abgeordnete –, und das war für mich schon damals ein sehr bewegender Moment. Es war ein Moment, der mich so bewegt hat, weil es das erste Mal war, hier der Republik die „unverbrüchliche Treue“ und die „gewissenhafte Erfüllung“ meiner Pflichten zu geloben. Das Hohe Haus hat auf mich eine ganz große Faszination ausgeübt. Ich hatte Respekt vor seinen Aufgaben und ich war stolz, Abgeordnete dieses Hauses sein zu dürfen.
Ich will es nicht verhehlen: Heute, 24 Jahre später, als neu gewählte Präsidentin des österreichischen Nationalrates zu Ihnen zu sprechen, ist für mich eine große Ehre und eine große Auszeichnung. Fast ein Vierteljahrhundert ist seit meiner ersten Angelobung hier im Hohen Haus vergangen, und ich denke, es ist in dieser Zeit auch wirklich viel Positives geschehen und es hat sich vieles zum Positiven verändert.
Österreich wurde grundlegend modernisiert und unser Land ist in die Mitte der Europäischen Union gerückt. Hier leben wir heute – und das in wirklich bewegten Zeiten. Nach wie vor haben Europa und Österreich, haben Millionen von Menschen mit den Folgen einer Finanzmarktkrise zu kämpfen, die sie nicht verursacht haben, und daher stehen wir vor großen Herausforderungen. Wir stehen vor der Herausforderung, steigende Arbeitslosigkeit bei knapper werdenden Budgets wirksam zu bekämpfen. Wir stehen aber auch vor der Herausforderung, das Gefälle zwischen Arm und Reich zu verkleinern, und wir haben die Aufgabe, gerade unserer Jugend eine echte Perspektive und das Rüstzeug für ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu geben.
Es geht um nicht weniger als um den Zusammenhalt in Europa, es geht um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, es geht um Gerechtigkeit. Die Menschen in unserem Land erwarten sich zu Recht von uns, dass wir uns dieser Themen annehmen, dass wir uns diesen ernsthaft stellen und auch Lösungen finden. Das ist unsere Aufgabe als Abgeordnete des österreichischen Parlaments, dafür wurden wir auch gewählt.
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