Was ist der nächste Punkt, wenn wir Abtreibung als Menschenrecht diskutieren? – Wir begeben uns auf die sogenannte ethische Slippery Slope, das heißt, da brechen die Dämme, da kommen wir in Argumentationsnotstände, die nicht mehr zu beheben sind. Der nächste Punkt wird sein, dass die EU dann vielleicht doch die Euthanasie per Dekret verordnet und überhaupt ein Menschenrecht auf Belästigungsfreiheit konstruiert: Kranke müssen weg – weg mit allem, was uns irgendwie nicht ins gesunde, neue, schöne, moderne Menschenbild passt. Dagegen wollen wir uns wehren, und dagegen müssen wir uns wehren!
In Österreich haben wir ein ganz besonders großes Defizit am Beginn des Lebens, da ist es mit der Würde der Ungeborenen nicht weit her. Wir haben keine Zahlen über die Abtreibung. Wir haben null Statistik, wo und wie viel abgetrieben wird. Wir haben nur Schätzungen: zirka 20 000 bis 80 000 Abtreibungen im Jahr – Schätzungen! Das halte ich für einen untragbaren Zustand. In den allermeisten europäischen Ländern werden Statistiken anonym erhoben. Ich möchte das und sehr viele von uns möchten das auch für Österreich haben. Es gibt in Europa sonst nur mehr zwei Länder, die das nicht haben: Luxemburg und Portugal. Sogar in Moldawien, in der Ukraine, überall finden Sie Statistiken über die Abtreibung. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
In Österreich – im Dokumentationswahnland Österreich – müssen wir in der Gesundheitsversorgung jeden Pimperl-Eingriff dokumentieren, bis hin zur Zahnextraktion, aber über die Abtreibung wissen wir nichts, definitiv nichts! Die einzige Argumentation, die wir immer hören, ist: Durch Zahlen können Frauen unter Druck gesetzt werden. – Wie, bitte schön, können anonyme Zahlen Frauen unter Druck setzen, wenn wir gleichzeitig Zahlen über Infertilitätsraten, über Fruchtbarkeitsraten, über Gendefekte und so weiter erheben? Wenn wir uns in diese heiklen Bereiche hineinbewegen und Zahlen erheben, dann kann man auch anonym statistische Zahlen über die Abtreibung erfassen.
Gleichzeitig erfassen wir politisch völlig banale Daten, zum Beispiel wird an der Wiener Stadtgrenze durch Leuchttafeln den Pendlern die Radfahreranzahl pro Tag mitgeteilt. Das ist für den einen oder anderen eine sehr sinnvolle Geschichte, aber im Vergleich ist es aus meiner Sicht untragbar, wenn man diese Zahlen propagiert und andere Zahlen verschweigt. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.) Das entspricht der österreichischen Kellermentalität: Alles, was uns nicht passt, drücken wir irgendwie weg, und irgendwann landen wir dann beim Herrn Fritzl in Amstetten! (Beifall beim Team Stronach.)
Das heißt aus meiner Sicht, eine exakte Debatte über Würde und über Abtreibungszahlen ist nur führbar (Abg. Pilz: Was ist das mit dem Herrn Fritzl?!), wenn wir Zahlen erheben. (Abg. Pilz: Was unterstellen Sie uns mit dem Herrn Fritzl?!)
Wir haben heute gehört, das Sterben soll sichtbar werden – das Abtreiben bleibt unsichtbar. – Das ist eine schöne Einstellung, gratuliere dazu! (Abg Pilz: Was unterstellen Sie uns da mit dem Herrn Fritzl?!)
Wenn wir die Optionen und die flankierenden Maßnahmen, die vor 40 Jahren schon (Anhaltende Zwischenrufe.) – Sie können sich dann gerne zu Wort melden, Herr Kollege. Bitte nach mir, danke. (Abg. Pilz: Nein, diese Kellerdiskussion !) Wenn wir diese flankierenden Maßnahmen und die Optionen für die Frauen erweitern wollen, dann können wir nur mit exakten Zahlen arbeiten und dann müssen wir uns damit auseinandersetzen. (Anhaltende Zwischenrufe.)
Ich darf ein paar Zahlen aus Ländern nennen, die seriös damit umgehen. In Deutschland zum Beispiel gibt es eine Statistik: 106 000 Abtreibungen pro Jahr gegenüber vielleicht 80 000 in Österreich – bedenken Sie die Bevölkerungszahlen! (Zwischenruf des Abg. Heinzl.) 37 000 Abtreibungen in Schweden – der liberale Norden, das ist alles kein Problem. Weltweit gibt es jährlich 45 Millionen Abtreibungen, gleichzeitig
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