Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung / Seite 38

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schaffung von Be­ratungsstellen für ungewollt Schwangere und statistische Erfassung von Schwanger­schafts­abbrüchen“

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht der parlamentarischen Enquete-Kom­mission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ (491 d.B.)

In Österreich liegt die statistische Geburtenrate derzeit bei 1,4 Kinder pro Frau. Um eine positive Bevölkerungsentwicklung aufrechterhalten zu können, ist jedoch eine Geburtenrate von 2,1 pro Frau notwendig. Auch die Zuwanderung bringt langfristig keine positive Geburtenbilanz. Eine ausreichend hohe Geburtenrate ist für eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Mittel- und langfristig stellen zu niedrige Geburtenraten und die Überalterung der Bevölkerung in diesem Zusammenhang die größten Herausforderungen für die Sozial­politik dar.

Ein Umstand, der einer positiven Geburtenbilanz entgegensteht, ist die hohe Zahl an Abtreibungen. In Österreich werden im Gegensatz zu Deutschland keine diesbezüg­lichen Statistiken geführt, Experten schätzen die Zahl der Abtreibungen für Österreich zwischen 30.000 bis 60.000 pro Jahr. (Das Statistische Bundesamt in Deutschland verzeichnet für 2011 108.867 Abtreibungen, bei 662.685 Lebendgeborenen; Ärzte­kammer Niederösterreich, Der Standard, 11. Juli 2013; wobei manche Experten die Zahlen noch weit höher ansetzen;) 2012 wurden in Österreich 78.952 Lebendgeborene statistisch erfasst. Die Abtreibungsquote liegt in Österreich daher bei rund 27% bis 43% (der gesamt möglich Lebendgeborenen), in Deutschland bei rund 23%. Österreich liegt mit dieser Quote signifikant höher als Deutschland.

In Deutschland wird die Beratung im Vorfeld zu einem Schwangerschaftsabbruch mit dem „Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten“ geregelt. Konkret normiert dieses Gesetz u.a. „eine notwendige Beratung ist ergeb­nisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwan­gerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens.“ (Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschafts­konfliktgesetz - SchKG)) Deutsche Frauen müssen mindestens drei Tage vor einem Schwangerschaftsabbruch ein Beratungsgespräch durchführen. Die Schwangere benötigt eine Bescheinigung einer zugelassenen Beratungsstelle. Anschließend darf ein Arzt, der nicht an der Beratung teilgenommen hat, die Schwangerschaft bis zur zwölften Woche nach der Empfängnis abbrechen.

In Österreich gibt es keine vorgeschriebene Wartezeit, keine vorgeschriebene Beratung in einer Beratungsstelle, keine inhaltlichen Vorgaben für die ärztliche Bera­tung und die Frau muss ihre Gründe für den Abbruch nicht angeben. Persönliche Daten werden nicht weitergegeben, da es keine Meldung an die Krankenkassen oder irgendeine andere Institution gibt, da der Abbruch in Österreich nicht, wie in fast allen anderen Westeuropäischen Ländern von der Krankenkasse bezahlt wird. Ausnahme ist eine medizinische Indikation, die einen Schwangerschaftsabbruch notwendig macht.

Das österreichische Negativszenario erfordert ein Umdenken bei den Regierungs­verantwortlichen. Es muss über begleitende Geburtshilfe diskutiert werden anstatt über Sterbehilfe. Österreich braucht eine fundierte Debatte zum Thema Abtreibung und die Schaffung neuer Optionen für das Leben. Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen, dürfen nicht diskreditiert werden. Es muss werdenden Müttern derart geholfen


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