Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung / Seite 152

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Diese tolle Vision – die Polizei als größte Menschenrechtsorganisation des Landes – verwirklicht man allerdings nicht, indem man bei fast jedem Misshandlungsvorwurf, der auftaucht, als Ressortverantwortliche reflexartig sagt: Ich stelle mich vor alle Polizisten und Polizistinnen! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das ist ihre Aufgabe!), noch bevor es irgendwelche internen Ermittlungen, geschweige denn irgendeine Beschäftigung der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte mit den konkreten Vorwürfen gegeben hat, und sozusagen pauschal alle einmal in Schutz nimmt beziehungsweise weißwäscht oder sagt, es wird sicher nichts passiert sein, dafür bürge ich, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das ist ihre Aufgabe!)

Genauso falsch und genauso blöd – Entschuldigung, wenn ich das so sage – wäre es, das Gegenteil zu tun und sich bei jedem Misshandlungsvorwurf als Ressort­verant­wortliche hinzustellen und zu sagen: Da gibt es jetzt diesen Vorwurf, ganz sicher haben die Beamtinnen und Beamten falsch reagiert, ganz sicher haben sie ihre Befugnisse überschritten und missbraucht!

Beides bedeutet Generalverdacht beziehungsweise Generalweißwaschung. In einem Rechtsstaat, wo jeder Einzelfall angeschaut werden sollte, sollte und darf nichts davon vorkommen – in beide Richtungen nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Bundesministerin, Sie haben bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage unter anderem gesagt, dass jeder Vorwurf genauestens überprüft werden soll. Genau das ist aber nicht gewährleistet, wenn die Polizei gegen die Polizei ermittelt. Wie könnte es auch der Fall sein? – Wir alle wissen, dass dort auch deshalb ein Korpsgeist vor­herrscht, weil es ein sehr gefährlicher und schwieriger Beruf ist, weil Polizeibeamte und -beamtinnen auch einen Zusammenhalt brauchen, um diesen schwierigen Job auszuüben.

Aber dort, wo dieser Zusammenhalt missverstanden wird, und zwar im Sinne eines Deckens von Fehlleistungen, falschen Entscheidungen und falschen Taten im Rahmen der umfassenden Befugnisse, die die Polizei nicht zufällig in einem Rechtsstaat hat, da sie ja die Staatsgewalt vertritt und diejenige Institution ist, die auch ganz legal Gewalt ausüben darf, um andere vor Gefährdung zu schützen oder auch wenn einzelne Poli­zeibeamte selbst in Gefahr sind, genau dort braucht es auch eine unabhängige Kontrolle der Befugnisse der Polizei. Diese unabhängige Kontrolle findet eben leider nicht statt, wenn die Polizei gegen sich selbst ermittelt.

Es ist wichtig, die Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei ernst zu nehmen. Wenn wir uns den jährlichen Sicherheitsbericht anschauen, dann haben wir dort zwar Zahlen, aber in diese Zahlen sind auch Bagatelldelikte eingerechnet. Deshalb macht es Sinn, Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei zu evaluieren.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung von Miss­hand­lungsvorwürfen gegen die Polizei

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Justiz und die Bundes­ministerin für Inneres, werden aufgefordert,

1. eine jährliche Evaluierung der Vorwürfe von unangemessener Polizeigewalt und der Effektivität der diesbezüglichen Ermittlungen durch eine unabhängige ExpertInnenkom­mission vornehmen zu lassen und dem Nationalrat über die Ergebnisse zu berichten;

 


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