Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 38

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In der Tat ist natürlich das Dublin-Verfahren ins Wanken gekommen, das müssen wir ganz offen sagen. Wir können als Europäische Union jene Staaten, die Erstauf­nahme­staaten sind – und allzu oft scheinen wir ja auch in die Situation zu kommen, so etwas wie ein Erstaufnahmestaat zu sein –, mit diesem Problem und mit dieser Herausfor­derung nicht alleine lassen. Um sich dieser Problematik anzunehmen, haben die Innenminister – unsere Frau Innenministerin ist ja heute und morgen mit 20 Amtskolle­gen zusammen, die sie in St. Pölten zu Gast hat, deshalb kann sie heute nicht hier sein – und die Außenminister vor etwa 14 Tagen im Rahmen des Rates ein Zehn-Punkte-Programm verabschiedet, das viele konkrete Punkte zum Inhalt hat.

Ich darf zusammenfassen: Auf der einen Seite geht es um die Verstärkung von Rettungsmaßnahmen. Der Herr Bundeskanzler hat in diesem Zusammenhang auf die Verdreifachung der finanziellen Mittel hingewiesen, und es gibt das klare Bekenntnis vieler Regierungschefs, diese Mittel auch zu erhöhen, wenn es notwendig ist, um weitere Katastrophen in humanitärer Hinsicht zu verhindern.

Es ging auch um eine Klarstellung des Frontex-Mandats, nämlich um die Frage, die Grenzen weiter an die libysche Grenze zu verschieben, um eben dem Schlepper­unwesen stärker entgegenzutreten. Der Fehler wäre ja, wenn man – wie ich vorhin gesagt habe – die Rettung aus der Seenot mit der Einwanderung in die Europäischen Union gleichsetzt, dass man dann das halbe Geschäft der Schlepper erledigen würde. Das kann sicherlich nicht in unserem Interesse sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht also auch um die Verhinderung irregulärer Migration durch die Schaffung von Schutz- und Aufnahmekapazitäten in der Region. Ich bin nicht der Meinung von Herrn Kollegen Strache, dass man es so machen muss, wie die Australier. Ich vertrete aber die Idee, die mittlerweile von vielen in der Europäischen Union geteilt wird, nämlich Anlaufstellen in Nordafrika zu schaffen, die vom UNHCR mit starker Unterstützung der Europäischen Union dort aufgebaut werden sollen, um den Schleppern das Handwerk zu legen und ihnen dabei massiv entgegenzutreten, was sie Menschen versprechen und oftmals natürlich nicht halten können.

Der Nationalrat hat ja, und zwar am 22. April 2015, in einer Entschließung seine Unterstützung des Zehn-Punkte-Programms, das der Europäische Rat beschlossen hat, zum Ausdruck gebracht.

Das wichtigste Ziel muss die Rettung der Menschen aus der Seenot sein. Wir dürfen uns aber, wenn wir uns auf die Rettung der Menschen im Mittelmeer konzentrieren, eben nicht zu den Komplizen der Schlepper machen. Das bedeutet, wenn man in vorhin apostrophierten Anlaufstellen eine Art erstes Verfahren, ein Feststellungs­verfahren vornimmt, ob denn eine Aussicht besteht, als Flüchtling anerkannt zu werden, dann bedarf es natürlich auch einer europäischen Quote im Hinblick auf die Verteilung von Flüchtlingen.

Ich habe schon gesagt, dass Österreich unter den zehn Ländern ist, die mit den meisten Asylanträgen konfrontiert sind. 90 Prozent aller Flüchtlinge werden von diesen zehn Ländern aufgenommen. (Abg. Strache: Der Kollege Cap hat gesagt, das Boot ist voll!) Deshalb, Herr Kollege Strache, ist natürlich für Nationalismen in diesem Zusam­menhang überhaupt kein Platz, denn das Problem bei der Lösung dieser Probleme sind die Nationalstaaten, nicht die Europäische Union, nicht die Kommission, nicht das Parlament, es sind die Nationalstaaten. Wir brauchen hier, Herr Kollege Strache, mehr Europa und nicht weniger Europa, das steht jedenfalls fest. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Und daher: volle Unterstützung für die Vorschläge, die der Kommissionspräsident gemacht hat, volle Unterstützung auch für die Vorschläge, die das Europäische Parla­ment beschlossen hat! Nur auf diese solidarische Art und Weise werden wir diesem


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