Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 108

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Darüber hinaus muss man auch die Tatsache akzeptieren, dass aktive Arbeitsmarkt­politik die zu lösenden Probleme nicht mehr ausreichend lösen kann. Zwar führt eine qualitativ hochwertige aktive Arbeitsmarktpolitik zu einer Höherqualifizierung des Arbeitskräftepotenzials und damit zu einem verbesserten Arbeitsangebot, doch gerade weil der Arbeitsmarkt ein Markt ist, müssen auch entsprechende Maßnahmen getroffen werden um die Nachfrage nach Arbeit zu erhöhen. Nur so kann eine Ausweitung des Arbeitskräftepotenzials auch positive gesamtwirtschaftliche und vor allem budgetäre Aspekte erzeugen. Diese Wechselwirkungen werden von der Bundesregierung regel­mäßig außer Acht gelassen, sie ist folglich für einen Teil der Entstehung von Arbeitslosigkeit auch direkt verantwortlich.

Die Ausweitung des Arbeitskräftepotenzials aufgrund der Steigerung des Pensions­antrittsalters (und einer entsprechend massiv größeren Gruppe an älteren Arbeits­marktteilnehmer_innen) und durch Zuwanderung, werden oft als Vorwand für die negative arbeitsmarktpolitische Entwicklung herangezogen. Doch es liegt auf der Hand, dass eine Ausweitung des Arbeitskräftepotenzials nicht zwingend zu einer Belastung des Arbeitsmarktes führen muss, was eine Vielzahl an internationalen wirtschaftswissenschaftlichen Studien zeigt. Vielmehr entstehen aus einer Vergrößerung des Arbeitskräftepotenzials Chancen auf ein daraus induziertes Wachstum. Knackpunkt und entscheidend sind dabei allerdings die wirtschafts­politischen Rahmenbedingungen sowie die Ausgestaltung der Arbeitsmarktpolitik, die entsprechenden Rigiditäten entgegenzuwirken hat.

Doch gerade bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zeigt sich, warum Österreich das Mehr an potenziellen Arbeitskräften nicht nutzen kann. Eine von "Peter Hajek - Public Opinion Strategies" durchgeführte repräsentative Umfrage unter 300 Vorständen, Vorstandsassistent_innen, Geschäftsführer_innen und Prokurist_innen von EPUs bzw KMUs ( http://bit.ly/Umfrage-Steuerreform) fragte unter anderem nach den wesentlichsten Gründen und den größten Hürden für ihre Unternehmen, neue Mitarbeiter_innen einzustellen. Die Ergebnisse sind eindeutig - und zeigen die ent­sprechenden Reformnotwendigkeiten auf: Zu 64% stellen die hohen Lohnnebenkosten eine Hürde dar, zu 14% das restriktive Arbeits- und Sozialrecht. Die Bundesregierung ist nicht nur an der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gescheitert, sondern hat die steigende Arbeitslosigkeit überhaupt erst verursacht!

Auch die medial hochgepriesene Steuerreform bringt kaum Impulse für Wirtschaftswachstum, den Standort und den Arbeitsmarkt. In der wirkungs­orientierten Folgenabschätzung zum Steuerreformgesetz 2015 (abrufbar unter http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/ME/ME_00129/imfname_415902.pdf) werden Prognosen von WIFO und IHS zur gesamtwirtschaftlichen Auswirkung der Steuerreform angeführt. Das IHS prognostiziert, dass die Steuerreform das Niveau des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2016 um 0,51% gegenüber einem Basisszenario ohne Reform erhöhen wird - und dass dieser Effekt langfristig sogar knapp 1% betragen wird. Die Reform wird laut IHS kurzfristig rund 25.000, langfristig rund 29.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Die WIFO-Prognosen liegen deutlich darunter. Das Budget­defizit wird sich gemäß IHS-Prognose 2016 um 0,15% des BIP verschlechtern, langfristig wird die Reform den öffentlichen Haushalt jedoch leicht entlasten. Die in der WFA angeführte Einschätzung des WIFO beziffert den Effekt auf das BIP-Niveau kurzfristig mit 0,1% und mittelfristig mit 0,4%. So lauteten die bereits sehr beschei­denen Prognosen im Mai 2015.

 


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