Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 85

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gibt, wird jeder Flüchtling natürlich in jenes Land gehen, wo die Anerkennungsquote höher ist. Und wenn die Anerkennungsquoten momentan zwischen ungefähr 4 Prozent in der Slowakei, 40 Prozent in Österreich und um die 80 Prozent in Schweden betra­gen, ist es nur ganz logisch, dass sich die Flüchtlinge immer auf den Weg machen werden. Und deswegen brauchen wir gemeinsame europäische Regeln, sonst werden wir das auch nicht in den Griff bekommen. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS, SPÖ und Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat gestern im Hauptausschuss gesagt, Griechenland wird das nicht alleine schaffen. Das ist allen bewusst und allen ganz klar. Wir wissen, dass es, auch ob der menschenrechtlichen Situation in Griechenland, schon seit Jahren keine Dublin-Rückschiebungen nach Griechenland gibt. Und genau deswegen müssen wir auch hier entschiedener und schneller vorangehen. Denn was die gemeinsamen Hotspots oder Erstaufnahmezentren, die uns für Ende November versprochen wurden, betrifft: Es ist jetzt Mitte November, auch wenn die Temperaturen etwas anderes sug­gerieren. Aber Fakt ist, in zwei Wochen sollen die stehen – und es ist von ihnen weit und breit nichts zu sehen. Aber wir brauchen sie dringend, weil wir nur so auch ent­sprechend weitertun können.

Was auch klar ist – und da müssen wir auch schneller vorangehen –, das ist die Not­wendigkeit funktionierender Rückführungsabkommen. Wenn wir ein gemeinsames eu­ropäisches Asylsystem haben wollen, dann muss auch klar sein, dass man denjenigen, der kein Asyl bekommt, in sein Heimatland zurückbringen kann. Und wenn Pakistan diese Woche sagt, dass man das jetzt einseitig aussetzt, dann werden wir hier auch massiv mehr Zeit investieren müssen, damit das auch funktioniert, weil auch das ein wesentliches Problem ist.

Ich glaube, die Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Türkei ist ein wichtiger Punkt. Aber was hier auch klar sein muss, ist, dass man von einem Land, das immer noch der Europäischen Union beitreten will, klar und mit aller Vehemenz einfordern muss, dass die menschenrechtliche Situation so nicht sein darf, dass Grundrechte wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit nicht mit Füßen getreten werden dürfen, weil das ja am Schluss irgendwann auch die Flüchtlinge betrifft und auch für diese die menschenrechtliche Situation in der Türkei dann entsprechend negativ sein wird.

Und deswegen finde ich es ein wenig zynisch, wenn man, wie der Kommissar Hahn gestern, einerseits einen Rüffel in Richtung Türkei ausspricht und dann aber gleichzei­tig auch irgendwie darauf hofft, dass die Türkei in Zukunft alle Probleme für uns lösen wird. Da gefällt mir persönlich der Außenminister, der das als scheinheilig bezeichnet hat, wesentlich besser. Denn es ist ja ein Faktum: Wir können nicht einerseits sagen, so geht es nicht, und uns andererseits abputzen und hoffen, dass die in Zukunft alle Probleme für uns lösen werden, nur weil wir ihnen entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.

Klar ist – und das ist ein wesentlicher Punkt –: Wir müssen es endlich zustande brin­gen, legale Einreisemöglichkeiten in die Europäische Union zu schaffen. Wir wissen alle, Zäune führen dazu, dass Menschen andere Wege suchen. Es ist jetzt mittlerweile schon so, dass offensichtlich Flüchtlinge sich am Balkan wieder aus der Europäischen Union hinaus bewegen, um dann über die Nordroute zu kommen. Zäune sind nicht die Lösung. Wir müssen legale Einreisemöglichkeiten schaffen.

Ich finde es daher auch einigermaßen zynisch, dass momentan ein Entwurf der Regie­rung in Begutachtung ist, wonach die Bedingungen für die einzige legale Einreisemög­lichkeit nach Österreich, nämlich den Familiennachzug, verschärft werden sollen. Ge­nau das ist der falsche Weg. Wir müssen hier viel mehr tun, genauso bei Resettlement-Programmen – auch das ist eine Möglichkeit, legal in die Europäische Union zu kom-


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