Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll154. Sitzung / Seite 127

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Zum zweiten Punkt, jenem des Inhalts: Ich glaube, wir haben hier ein massives Problem. Wir reden von TV und Radio. Wir sprechen davon, als wäre das eine Konstante im Medienmarkt. – Das ist nicht der Fall. Wir haben ganze Generationen, die den ORF nicht mehr konsumieren – die Generationen tragen heutzutage auch schon Namen: Generation X, Y, und dann wird wahrscheinlich als logische Konsequenz Generation Z kommen –, die Fernsehen einfach nicht mehr konsumieren. Das Durchschnittsalter bei einer ORF-Sendung oder einer Nachrichtensendung liegt zum Teil bei 55 plus.

Der ORF ist gefangen in einer Struktur, in der die Reichweiten zurückgehen. Der ORF versucht, diesem Reichweitenrückgang auch selbst durch Eigenfragmentierung zu begegnen. Ich glaube, dass ist der falsche Weg. Wir müssen den ORF modernisieren, zu einem Public-Value-Inhalte-Produktionshaus umbauen und die Verbreitung durch­aus auch mit anderen Kanälen gewährleisten. Mit anderen Kanälen heißt aber auch, dass der ORF seine Kanäle natürlich auch selbst modernisieren und behalten darf – nur eben die, die er dazu braucht.

Dieser Ausbau von Public Value und diese Rückgewinnung von Reichweite über moderne Kommunikationskanäle ist einmal unabhängig von der Finanzierung zu sehen, und vielleicht gibt es auch in dieser Hinsicht konstruktivere Gespräche, als wir sie zur Zeit führen.

Zum Bereich Finanzierung: Die Rundfunkgebühren, die über die GIS eingehoben werden, habe ich schon kritisiert. Die GIS ist vor allem eines nicht: Sie ist vor allem nicht treffsicher, denn das Einheben dieser Steuer am Empfangsgerät festzumachen, führt einfach dazu, dass Menschen diese Gebühr zahlen, die den ORF überhaupt nicht mehr nützen, beziehungsweise dass Menschen den ORF nützen und diese Gebühr nicht mehr zahlen. Das ist nicht richtig. Das heißt, man muss sich etwas anderes überlegen.

Was kann man sich überlegen? – Man kann sich überlegen, den ORF zu privatisieren. Das wollen wir im Übrigen nicht. Man kann sich überlegen, ihn zu zerschlagen, ihn zu liquidieren. Das wollen wir auch alles nicht. Man kann auch überlegen, eine neue Steuer einzuführen, eine Medienabgabe beziehungsweise eine Haushaltsabgabe. Das wäre an und für sich ein gar nicht unvernünftiger Ansatz. Man könnte in so einer Medienabgabe auch so etwas einpacken wie die Speichermedienvergütung, die Privatkopievergütung – also mehrere Dinge auf einen Schlag lösen.

Wir sind nur nicht die großen Fans neuer Steuern. Das heißt: Wir wollen keine neuen Steuern, wir wollen keine Haushaltsabgabe. Wir sagen: Es ist wesentlich sinnvoller, diese Posten im Budget unterzubringen, was auch gleichzeitig ein Bekenntnis dazu ist, dass wir uns als Demokratie Public-Value-Inhalte auch leisten wollen.

Gut, jetzt verstehe ich natürlich das Argument, dass man innerhalb des Budgets verhandeln muss. Ja, andere Resorts müssen auch verhandeln. Das Bildungsressort muss verhandeln, das Verteidigungsressort muss verhandeln – es müssen sämtliche Ministerien mit dem Finanzminister verhandeln. Es ist, glaube ich, nur würdig und recht, dass der ORF das auch macht, zumal er ja nicht einmal direkt verhandeln müsste, sondern dieses Geld über die Medienförderung Neu über eine unabhängige dritte Stelle ausgeschüttet bekommen könnte. Solange der ORF im Staatseigentum und sozusagen durch die Regierung beeinflussbar ist, wird es nie völlige Unab­hängigkeit geben können.

Wie gesagt, ich halte eine Gremienreform für den sinnvollsten Weg, um den ORF von diesem Einfluss zu befreien. Über die anderen Dinge kann man hoffentlich sachlich diskutieren. Es geht uns nicht darum, den ORF zu zerstören, sondern ganz im Gegen-


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