Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 54

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Herr Minister Leichtfried hat gesagt, wir hätten die Möglichkeit, uns entweder selbstän­dig zu positionieren oder mitzuschwimmen. Kollege Schieder hat vom Menschen im Mit­telpunkt gesprochen, und ich denke, genau das ist die Antwort, die die Politik geben muss.

Wo bleibt der Mensch, wenn gerade auch in Bezug auf den technologischen Wandel immer wieder die Nachhaltigkeit angesprochen wird, die Nachhaltigkeit als Schlagwort missbraucht wird, weil sie so nicht gelebt wird? Kollege Hanger hat aufgezeigt, welch brutaler Wandel im ländlichen Raum passiert, und hat die Chance mit dem digitalen Marktplatz gesehen.

Da haben wir aber gleich die Gefahren: Wir haben gerade in den letzten Wochen den Medien entnehmen können, wie viel entgangene Steuereinnahmen Amazon für diesen Staat, für diese Republik Österreich bedeutet, weil Amazon eben die Steuern umgeht. Die Gefahr der digitalen Entwicklung ist auch von der Seite der Kriminalität her darzu­stellen, da geht es etwa um Hacker und um alle anderen Möglichkeiten, die die Gefahr bergen, dass die Menschlichkeit immer weiter zurückgedrängt wird.

Was den ländlichen Raum betrifft, Kollege Hanger, gibt es ja Forschungen, wo man jetzt daran arbeitet, den Traktorführer oder den Bauern durch einen Computer zu ersetzen – ich lasse das nicht als Verbesserung gelten! Wenn ich über meine Felder fahre, dann betrachte ich das Ganze, dann habe ich die Kultur im Auge, dann habe ich den Un­krautzustand und den Düngezustand im Auge und beobachte alles – und ich bin aber überzeugt, dass es Wissenschafter gibt, die sagen, der Roboter könne das besser als der Mensch.

Wenn wir uns so weit zurückdrängen lassen, werden wir die großen Verlierer dieser Entwicklung sein, das muss völlig klar sein. Ich möchte auf eine ganz konkrete Ent­wicklung zu sprechen kommen: Erst vor ungefähr zwei Wochen habe ich hier die Len­zing AG als Musterbeispiel erwähnt, als Musterstandort in unserem Bezirk, als Indus­triestandort, wo wirklich innovativ geforscht wird. Wenn wir jetzt die Zeitung lesen, müs­sen wir leider feststellen, dass die Lenzing AG das neue Werk mit 265 Millionen € In­vestitionssumme in Alabama errichten dürfte.

Dort werden nicht nur 165 Arbeitsplätze geschaffen, sondern wenn wir das Gesamte betrachten, die Zulieferbetriebe und alle vor- und nachgelagerten Bereiche, müssen wir diese Zahl mindestens mal drei rechnen. Kollegin Winzig, wenn du dann sagst, dass die Konzerne ihren Märkten folgen, dann sind wir genau bei diesem Raubtierkapitalismus, den ich dir bei den Diskussionen um CETA und TTIP immer wieder vorwerfe.

Wenn wir alles Eigenständige, alles Können und Wissen am Altar der Globalisierung opfern, dann sind wir als Standort tot – das muss uns klar sein, das können wir nicht schönreden! Wir sind da ganz besonders gefordert. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte ein ganz einfaches Beispiel von einem Industriebetrieb bringen, bei dem man heute nur mehr ein Zentrallager sieht, eine Zentrallogistik, keine Menschen mehr. Wo früher 14 Mitarbeiter waren, werden jetzt die Stapler natürlich mit Robotern betrie­ben, da ist kein Mensch mehr.

Wir haben zunehmend die Diskussion über Burnout – ich habe gerade über „Dr. Google“ als Medizinberater gelesen –, weil die Menschlichkeit immer mehr aus den Betrieben hinausgedrängt wird. Der Grund ist, dass die Dividende und der Ertrag dieses Raub­tierkapitalismus keine Menschlichkeit und keine Nachhaltigkeit verträgt, sondern aus­schließlich Zahlen und Gewinne, Profite auf dem Rücken der Menschen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Herr Kollege Katzian, das ist das Thema. Es wurden gerade wieder nachhaltig 2 500 Ar­beitsplätze in der Steiermark geschaffen. Herr Kollege, es ist eigentlich schade, dass du die Chance nicht begreifst: Wer die Löhne zahlt und wer sie fordert – das ist der große Unterschied, mein Lieber. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

 


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