Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll171. Sitzung / Seite 153

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ren. Aus Konsumentensicht ermöglicht aber auch das AMA-Gütesiegel keinen echten Qualitätsvergleich, da nur ein geringerer Teil der in Österreich angebotenen Lebens­mittel den AMA-Richtlinien folgt.

Dessen ist sich auch der Landwirtschaftsminister bewusst:

"In Österreich gibt es derzeit im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung nur das AMA-Gütesiegel und das AMA-Biozeichen sowie in diesem Bereich auch die Zeichen BOS, SUS und OVUM, welche rechtlich relevant sind. Alle anderen Auslobungen auf Le­bensmitteln sind reine Wort-Bildmarken, die keine rechtlich verbindliche Güteaussage treffen. Es gibt kein Instrument, mit dem die AMA die Verwendung von anderen Wort-Bildmarken unterbinden könnte. Die Auslobung unwahrer Angaben ist allenfalls nach patentrechtlichen oder strafrechtlichen Vorschriften zu beurteilen."

Darüber hinaus kann die derzeitige Handhabung des AMA-Gütesiegels ebenso keine Sicherheit für die 100%ige österreichische Herkunft des damit versehenen Lebensmit­tels garantieren. Eine einheitliche, verbindliche Kennzeichnung für alle in Österreich an­gebotenen Lebensmittel muss daher endlich umgesetzt werden. Laut Grünem Bericht ist die Zahl der am AMA-Gütesiegel teilnehmenden Betriebe rückläufig. Nahmen 2011 noch 48 599 Betriebe die AMA-Richtlinien an, so ging 2013 die Anzahl der teilnehmen­den Betriebe um 2 299 auf 46 300 Betriebe zurück. Laut der Internetseite www.amainfo.at ist die Anzahl weiter gesunken.

„Rund 43 000 landwirtschaftliche Erzeuger nehmen an den einzelnen Programmen teil, davon rund 33 000 Milchviehhalter, 5 000 Rinderhalter, 1 800 Schweinehalter, 700 Le­gehennenhalter, 400 Masthendl- und Putenhalter, 1 500 Obst-, Gemüse- und Kartoffel­produzenten. Rund 700 Lizenznehmer zeichnen ihre Produkte mit dem AMA-Gütesie­gel aus.“

Mit der Erfassung von AMA-Gütesiegel-Betrieben kommt es in der Regel zu Mehrfach­erfassung, was bedeutet, dass die absolute Zahl der teilnehmenden Betriebe tatsäch­lich niedriger ausfällt. Insgesamt gab es 2013 in Österreich laut Statistik Austria 166 317 land- und forstwirtschaftliche Betriebe, gemessen an dieser Zahl liegt der An­teil der am AMA-Gütesiegel teilnehmenden Betriebe dann gerade einmal bei 25,9 %.

In der Vergangenheit hat es bereits mehrere Anläufe gegeben, um die Bundesregie­rung zu einer einheitlichen, rechtlich verbindlichen Kennzeichnung von Lebensmittel zu bewegen. So gab es im November 2009 einen Fünfparteienantrag für eine Reform der Gütezeichenverordnung. Damals forderten die Abgeordneten aller im Parlament vertre­tenen Parteien die Umsetzung der im Regierungsprogramm von 2010 zwischen SPÖ und ÖVP vereinbarten Reform der Gütezeichenverordnung. Im derzeit aktuellen Regie­rungsprogramm steht im Kapitel Gesundheit, dass "die Umsetzung einer klaren Her­kunftskennzeichnung der Produkte und Rohstoffe auf EU-Ebene Konsumentinnen ver­lässliche und gesicherte Informationen sowie Schutz vor Täuschung bieten" soll.

Von einer echten Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel kann trotz aller Bemühun­gen und Anläufe leider noch immer nicht die Rede sein. Globalisierung und Industria­lisierung der Lebensmittelproduktion führen zu einer für die Konsumenten nicht mehr nachvollziehbaren "Reisetätigkeit" der Lebensmittel. Denn Lebensmittel haben zu ei­nem großen Teil bereits mehrere tausend Kilometer hinter sich, bevor sie in den öster­reichischen Supermärkten zum Verkauf angeboten werden. Bei Obst und Gemüse ist noch leicht erkennbar, dass etwa Bananen aus Kolumbien, Weintrauben aus der Tür­kei, Ananas aus Costa Rica, Clementinen aus Spanien, Kiwis aus Neuseeland, Man­gos aus Brasilien oder Papayas aus Thailand mehr von der Welt gesehen haben als diejenigen, die sie kaufen und verzehren. Bei Fleischprodukten wird es schon schwie­riger, denn die wenigsten Konsumenten wissen, dass Lamm aus Neuseeland, Rind­fleisch aus Brasilien und Argentinien, Shrimps und Geflügel aus China oder Fisch (Pan-


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