Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 281

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Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereit­schaft zur Ausreise auszugehen sein.

Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaats­angehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorlie­gen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen bei­spiels­weise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Ehe­schließung) oder Gerichten solche vorlegen.

Zu Abs. 3:

Eine Wohnsitzauflage kann ebenso in Fällen ergehen, in denen eine Anordnung zur Außerlandesbringung rechtskräftig erlassen wurde. Wesentliches Kriterium ist hier, dass aus den Umständen die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass der Drittstaats­angehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachkommen wird. Solche Umstände können typischerweise vorliegen, wenn er bereits eine Überstellung in den nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaats­angehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf inter­nationalen Schutz zuständig ist, ABl. Nr. L 180 vom 29.06.2013 S. 31 (im Folgenden: „Dublin-Verordnung“) zuständigen Mitgliedstaat vereitelt hat oder die Frist für die Überstellung aus von ihm zu vertretenden Gründen verlängert werden musste. Weiters kann davon ausgegangen werden, dass der Drittstaatsangehörige nicht gewillt ist der Anordnung zur Außerlandesbringung nachzukommen, wenn bereits einmal eine Über­stellung erfolgt ist und er – während aufrechter Anordnung zur Außerlandesbringung – neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist. Fällen, in denen der Drittstaatsangehörige bereits während des Verfahrens zur Prüfung auf internationalen Schutz falsche Angaben insbesondere über seine Identität seinen Herkunftsstaat oder die Reiseroute – welche vor allem für die Prüfung einer allfälligen Zuständigkeit nach der Dublin-Verordnung relevant ist¬ –  getätigt hat, können ebenfalls die Erlassung einer Wohn­sitzauflage rechtfertigen. Gerade in Fällen, in denen der Drittstaatsangehörige fälsch­licher­weise angibt in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der ebenfalls die Dublin-Verordnung anwendet, einen Asylantrag gestellt zu haben, kann daraus geschlossen werden, dass dies in der Absicht erfolgt eine Überstellung in diesen nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern.

Zu Abs. 4:

Abs. 4 zählt taxativ jene Fälle auf, in denen eine Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 ruht. Es sind dies Fälle, in denen die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 – also wegen der nachträglichen Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz – vorübergehend nicht durchführbar ist, die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 – somit wegen der Zuerkennung des faktischen Abschie­beschutzes aufgrund der nachträglichen Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz – vorübergehend nicht durchführbar ist, Fälle einer Duldung gemäß § 46a sowie Fälle einer Freiheitsentziehung nach dem FPG – insbesondere einer Beugehaft oder Schubhaft – oder nach anderen Materiengesetzen.

 


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