11.15

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrte Ehrengäste! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erin­nere mich noch daran, was für ein Moment das ist, wenn man frisch ins Parlament ein­zieht, sich festlich schmückt – die Abgeordneten der meisten Parteien stecken sich ei­ne Blume an, so wie auch heute. Die ÖVP hat sich entschieden, heute einen Button zu nehmen; immerhin muss nicht Liste Kurz draufstehen, sondern es darf ÖVP draufste­hen – das ist ja auch schon ein großer Fortschritt. Aber das ist, und dessen sollten wir uns bewusst sein, ein Tag der lebendigen Demokratie, die wir in Österreich leben. Oft wird das ja zugeschüttet, weil in Wahlkämpfen auch sehr viel Nebensächliches disku­tiert wird, aber in Wahrheit geht es natürlich auch darum, die Demokratie in unserem Land zu leben und auch weiterzuentwickeln.

Demokratie heißt auch, die Dialektik des Widerspruchs zu leben, nämlich dass es un­terschiedliche Meinungen gibt und am Schluss hier im Hohen Haus ein gemeinsamer Beschluss oder ein Konsens gefunden werden muss und gefunden wird.

Daher möchte ich auch eines klar sagen, weil von Zeitungskommentatoren sehr oft da­von gesprochen wird, dass es keine Ideologien mehr braucht: Wenn man Ideologien als eigene Meinung, die man sich selbst überlegt hat, auffasst, dann bedeutet das nicht, dass man auf der anderen Seite nicht kompromissfähig sein kann, sondern die Kunst des Hohen Hauses ist es, auf Basis einer eigenen Meinung trotzdem Kompro­misse zu finden, um letztlich für unser Land etwas weiterzubringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir können auch, gerade auch deshalb, weil es in den letzten Monaten und im letzten Jahr hinsichtlich der Demokratie ein bisschen ge­rumpelt hat, mit Recht stolz darauf sein, dass Österreich eine solch lebendige und ge­wachsene Demokratie hat. Viele andere Länder auf der Welt haben das nicht. Viele Menschen auf der Welt sitzen in Gefängnissen, weil sie dafür kämpfen, was wir hier zum Glück schon errungen haben.

Es wird noch genügend Zeit sein und genügend Gelegenheiten geben, über Inhalte zu sprechen, über die Widersprüche, über die Vorstellungen. Wir selbst haben heute auch schon eine ausreichende Zahl an Anträgen eingebracht, mit denen wir klargemacht ha­ben, wofür wir hier stehen, aber es heißt die Verantwortung für dieses Ringen nach dem Gemeinsamen hier auch zu leben.

Für uns sind drei Dinge ganz zentral: die Rechtsstaatlichkeit – sie ist von zentraler Bedeutung, egal, ob man auf der Regierungsbank oder auf der Oppositionsbank sitzt, egal, ob man ein regierungsnaher Abgeordneter oder ein Oppositionsabgeordneter ist –, die Demokratie und für uns Sozialdemokraten vor allem auch der soziale Zusammen­halt. Das wird die Richtschnur sein, das werden die Punkte sein, auf die wir als Sozial­demokraten, egal, auf welchem Platz wir sitzen, auch dann, wenn wir in der Opposition sind, immer nicht nur schauen werden, sondern die Menschen im Land können sich darauf verlassen, dass wir die Kämpfer sind, die den sozialen Zusammenhalt in unse­rem Land nicht opfern werden, und wir werden auch nicht zuschauen, wenn andere versuchen, diesen zu opfern. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht hier natürlich auch um das Präsidium des Nationalrates; das ist der Tagesordnungspunkt. Wir Sozialdemokraten nominieren Do­ris Bures, die bisherige Präsidentin, für die Funktion der Zweiten Präsidentin, weil wir davon überzeugt sind, dass sie der Würde, dem Ansehen, der Überparteilichkeit und der Weiterentwicklung des Hauses in der Vergangenheit, aber auch in der Zukunft ei­nen großen Dienst erwiesen hat beziehungsweise erweisen wird. Ich habe auch ge­spürt und die Rückmeldung erhalten, dass viele andere Abgeordnete das in den letzten Jahren auch so empfunden haben.

Auch betreffend den Dritten Präsidenten Norbert Hofer haben wir in unserer Fraktion alle, die ihn in den letzten Jahren erlebt haben, genau dieselbe Meinung, nämlich dass, obwohl uns von der FPÖ vieles trennt – gerade ich brauche das, glaube ich, nicht extra dazuzusagen –, die Amtsführung, die Art, wie das Amt des Dritten Präsidenten von ihm ausgeübt wurde, genau dem entspricht, was wir uns erwarten.

Damit komme ich zur Frage der Präsidentin. Um es ganz ehrlich zu sagen, Herr Klub­obmann und Parteichef Kurz, Sie machen es uns nicht leicht, denn wir erkennen selbstverständlich das Recht der ÖVP als stärkster Partei an, einen Präsidenten be­ziehungsweise eine Präsidentin zu nominieren, aber es war auch immer Praxis des Hauses – das zeigt die Historie –, dass man es auch den anderen Fraktionen insofern leicht macht, als man Personen nominiert, die man kennt oder kennenlernen kann.

Bei uns im Klub ist das lange diskutiert worden. Nicht alle sind glücklich, und manche werden den Weg nicht mitgehen, andere wiederum werden sagen, ja, das ist das No­minierungsrecht. Legistisch ist es sauber und richtig, daher werden auch viele Frau Köstinger wählen, andere aber vielleicht nicht, weil sie finden, es ist nicht okay, wenn man sich vorher nicht vorgestellt hat.

Daher möchte ich, ehrlich gesagt, gar nicht den Stab über jemanden brechen und so scharf sein wie Kollege Strolz, sondern ganz offen sagen, worum es uns in Zukunft geht – und meine Bitte wäre, dass Sie sich, wenn Sie gewählt sind, auch an diesen Tu­genden orientieren; wir können das ja nicht der Vergangenheit, einem bisherigen Zu­sammenarbeiten entnehmen, sondern wir können es nur in der Zukunft gemeinsam le­ben –, nämlich darum, ausgleichend und überparteilich zu sein, Kontinuität in der Wei­terentwicklung des Parlamentarismus zu sichern und Erfahrung einzubringen; das heißt auch, genau diese Tugenden mit Leben zu erfüllen. Wir hoffen, dass es so sein wird.

Ich sage auch ganz offen: Ich möchte Karlheinz Kopf danken, denn er hat all diese Ei­genschaften und hat seine Aufgabe hervorragend erfüllt. Ich freue mich auch auf die weitere Zusammenarbeit – es ist, wie es im Parlament eben ist: manchmal sitzt man ganz vorne, manchmal sitzt man auch wieder weiter hinten –, denn das ist es, was am Ende zählt.

Sehr geehrte Damen und Herren, um zum Abschluss zu kommen: Bei allem Streit, der die nächsten Jahre kommen wird, bei allen heftigen Diskussionen – manchmal entglei­sen sie, manchmal nicht –, wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir hier für unser wunderschönes Land Österreich arbeiten. Das werden wir auch in Zukunft ge­meinsam tun. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

11.22

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert Kickl. – Bitte.