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Abgeordnete Stephanie Cox, BA (PILZ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­despräsident! Hohes Haus! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte BürgerInnen der Repu­blik! 29. Juni 2016, 17 Uhr: Ich stand im Wiener Museumsquartier und war unglaublich erstaunt und erleichtert, da wir nämlich nach nur viermonatiger Vorbereitung die erste Berufsmesse für geflüchtete Menschen aus dem Boden gestampft hatten. Es waren über 80 Unternehmen und mehr als 3 500 Geflüchtete mit positivem Asylbescheid ins Museumsquartier gekommen, und wir konnten dort mehr als 100 Jobs schaffen. Das sind Menschen, die jetzt Steuern zahlen. Das sind Menschen, die sich somit noch mehr mit unserer Kultur konfrontieren und die dadurch eigenständig sind. Nur so kann Integration funktionieren!

Was hat mich aber dazu gebracht, dass ich eine solche Initiative starte, dass ich so etwas gründe? – Politikverdrossenheit: Ich hatte es satt, nur über Integration zu disku­tieren und nicht wirklich von Lösungen zu sprechen; also musste ich selber anpacken. Gesagt, getan, und ich war erstaunt, wie viele Menschen mitangepackt haben. Die Kraft des gesellschaftlichen Engagements ist erstaunlich, wenn man die richtigen Rah­menbedingungen dafür bietet.

Ich als Sozialunternehmerin, ich als Gründerin, als Mensch, als junge Frau stehe nun hier. Und ja, es ist auch die Politikverdrossenheit, die mich hierher bringt, weil ich mit­anpacken möchte. Deswegen bin ich vor vier Monaten gefragt worden und deswegen stehe ich auch hier, um mitanzupacken. Ich habe mich zwar immer für gesellschafts­relevante Themen interessiert und engagiert, mein Zugang dazu war aber immer ein pragmatischer: Probleme erkennen, eine Lösung finden und diese umsetzen.

Meine eigene Politikverdrossenheit habe ich schon erwähnt; und es gab Zuspruch von vielen, vielen Menschen, die gesagt haben: Okay, geh in die Politik! Wir brauchen Men­schen, die anpacken wollen. – Und Chancen:reich ist nur ein Beispiel dafür.

Heute wählen wir eine neue Nationalratspräsidentin oder einen neuen Nationalratsprä­sidenten. Als Vorsitzende des Parlaments sorgt der oder die zukünftige Nationalrats­präsidentIn unter anderem für den ordentlichen Betrieb und die Repräsentanz des Par­laments nach außen. Was aber erwarte ich mir von einem oder einer neuen Vorsit­zenden des Parlaments? – Wir leben in einer Zeit rapider Veränderungen und sind von der Bevölkerung gewählt worden, um Lösungen für die Fragen unserer Zeit zu finden – Lösungen! Ich erwarte mir von einer Nationalratspräsidentin oder einem -präsidenten, dass sie oder er Rahmenbedingungen und ein Umfeld schafft, in dem wir im Dienst der Gesellschaft inhaltsorientiert und pragmatisch an diesen Lösungen arbeiten können.

In Zeiten wachsender Unsicherheit ist kein Platz für parteiideologische Befindlichkeiten. Vom Klimawandel bis zur Digitalisierung der Arbeitswelt, diese und viele andere The­men werden nicht durch Hetze, nicht durch Populismus, nicht durch das Ausspielen der Ärmsten unserer Gesellschaft gelöst. Ich erwarte mir von Ihnen, sich entschlossen gegen alle Versuche zu stellen, die dieses Haus trennen möchten, die das Trennende verfolgen und nicht das Einende. Es geht um Einigung. Hetze hat im österreichischen Parlament meiner Meinung nach keinen Platz verdient! (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Ich selber habe die letzten Jahre in einem beruflichen Umfeld verbracht, das mir auf­gezeigt hat, in welcher Geschwindigkeit sich unsere Welt verändert. Meine Arbeit mit jungen und aufstrebenden UnternehmerInnen hat mir sowohl aufgezeigt, welche Chan­cen die Digitalisierung mit sich bringt, als auch, welche Herausforderungen und Fragen damit auf uns zukommen. Es fängt schon bei den Kindern und Jugendlichen an. Wie bereiten wir unsere Kinder und Jugendlichen auf den Umgang mit digitalen Techno­logien vor, vor allem, da es über ein Drittel der Jobs, welche sie einmal ausüben wer­den, noch gar nicht gibt. Da müssen wir uns mit dieser Tatsache konfrontieren!

Fleisch aus dem Reagenzglas, selbstfahrende Elektroautos, automatische Diagnosen von Röntgenbildern – ich spreche hier nicht von einem Science-Fiction-Roman, es sind Innovationen, die bereits im Jahr 2017 existieren. Wir müssen uns hier dem digitalen Wandel stellen, wir müssen gerade auch darauf schauen, Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen, und dürfen diese Innovationen nicht an Silicon Valley und Co verschen­ken.

Studien zeigen, dass, basierend auf dem heutigen Stand der Technik, viele Jobs in der Zukunft automatisiert werden. Die Frage ist da: Wie unterstützen wir Menschen, die durch diese Digitalisierung vom Arbeitsmarkt verdrängt werden, und sichern ihre Teil­habe?

Ganz, ganz wichtig und eine der wichtigsten Fragen ist: Wie stellen wir sicher, dass alle Menschen in diesem digitalen Zeitalter mitgenommen werden und davon profitie­ren? Die Digitalisierung muss zum Wohle aller ausfallen.

Abschließend darf ich Sie, meine werten neuen Kolleginnen und Kollegen, liebe Abge­ordnete, noch einladen: Lassen Sie uns Probleme erkennen, Lösungen finden und die­se im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auch umsetzen! – Danke schön. (Beifall bei Liste Pilz, ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.46

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Angelika Win­zig. – Bitte.