10.59

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe den Sinn der heutigen Diskussion nicht ganz (Zwischenruf bei der FPÖ), nämlich deshalb, weil wir erst vor Kurzem ein Staats­schutzgesetz verabschiedet haben, in dem wir auch vorgesehen haben, endlich die Res­sourcen für die Polizei aufzustocken.

Seit 18 Jahren wird das Innenministerium von der ÖVP geführt, und nachdem wir vor Kurzem eigentlich alles nachgeschärft haben, haben wir auch die Ideen, die Sie uns heute hier wieder kredenzt haben, Herr Innenminister, von der gesamten Fachwelt – das war die Rechtsanwaltskammer, das waren die Universitäten, das war der Präsi­dent des Verfassungsgerichtshofes – als für einen Grundrechtsstaat völlig unmachbar dargestellt bekommen, als Unsinn. Und das kommt jetzt über die Hintertür.

Sie können uns glauben, meine Damen und Herren, wir sind alle für Terrorismus­bekämpfung, niemand ist dagegen, keiner möchte die Sicherheit von wem auch immer hier im Land gefährden; aber das kommt mit diesem Paket jetzt subkutan wieder herein. Ich habe die FPÖ in der Diskussion eigentlich immer bewundert, dass sie das auch erkannt und auch abgelehnt hat, insofern wundere ich mich ein bissel über Herrn Kollegen Rosenkranz, der von leichten Schritten spricht, als habe er Verständnis dafür, dass das jetzt plötzlich wieder über die Hintertür hereinkommt.

Ich habe einen anderen Verdacht, nämlich dass das nichts anderes ist als eine Ver­nebelung, ein Ablenken von anderen Dingen, die unangenehm sind und die meiner Meinung nach eigentlich unfassbar sind, etwa wenn Sie dieses Regierungsprogramm damit beginnen, dass Sie das Rauchverbot jetzt wieder aufheben. (Rufe bei der ÖVP: Zur Sache!) Wenn der Präsident der Krebshilfe von sich aus sagt, das ist ein Anschlag auf alle Österreicherinnen und Österreicher und natürlich auch auf andere Menschen, wenn wir hören, meine Damen und Herren, dass es etwa im St. Anna Kinderspital – eine Größe, die wir alle kennen – nur mehr Kopfschütteln gibt, und wenn schön langsam in dem einen oder anderen Bereich auch die Politiker sagen: Freunde, das ist unmöglich, das kann man nicht machen!, dann denke ich, dass das hier offensichtlich herhalten muss, damit man von dem ablenkt, indem man hier eine Scheindebatte über etwas führt, was wir letztlich ohnedies alle wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hauser: Die Sicherheit ...!)

Es gibt das Kindergeld, meine Damen und Herren, wir diskutieren, dass jeder unab­hängig von seiner sozialen Stellung die bestmögliche Ausbildung bekommen soll, das beginnt im Kindergarten. – Ich lese hier: Kindergeld statt Kindergärten in Nieder­öster­reich; zwischen 12 und 14 Uhr haben alle Kindergärten zu. (Abg. Winzig: Themen­verfehlung! – Ruf bei der ÖVP: ... überhaupt nicht!) Ich schaue mir an, wie diejenigen Damen, die Arbeit bräuchten, bei den Konditionen ihre Kinder dort in den Kindergarten geben können – der nächste Wahnsinn! Und wenn die Arbeitszeit in Zukunft zwölf Stunden am Tag betragen soll – was man unter gewissen Konditionen vernünftiger­weise machen kann, aber das soll jetzt auf der betrieblichen Ebene geregelt werden –, dann wissen wir alle, dass dort das Repressionspotenzial unermesslich ist und dass wir in Zukunft Arbeiter haben werden, die nicht anders können, als diesen Wunsch zu erfüllen. Ich bin gespannt, wie die FPÖ sich in diesem Zusammenhang präsentieren wird. (Abg. Rosenkranz: Super! – Abg. Schimanek: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren! Es ist so: Herr Minister Sobotka hat seinerzeit diese Über­legungen damit begonnen, dass er uns von einem höchstpersönlichen Vorfall erzählt hat. Es ist ihm durch das Aufstellen von Kameras in seinem Garten gelungen, einen Hinterleger von Exkrementen in seinem Garten zu vertreiben. Jetzt würde ich sagen, das war sehr erfolgreich, Herr Minister, ich beglückwünsche Sie zu dieser strate­gischen Ausführung, aber es kann nicht sein, dass aufgrund des Traumas, das Sie da offenbar erlitten haben, das jetzt mehr oder weniger Konzept für uns alle wird. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie Heiterkeit des Abg. Scherak.)

Wir brauchen kein Trauma, sondern wir brauchen Vernunft (Ruf bei der ÖVP: Die fehlt ...!), und die entsteht sicherlich in den Diskussionen, in denen die Rechtsanwälte mitgemacht haben, in denen die Expertinnen und Experten in den Gerichten und Staatsanwaltschaften mitgemacht haben und erklärt haben, dass Ihre Ideen, Herr Sobotka, undurchführbar sind, dass das nicht machbar ist und wir uns in den Grundrechten dort beschränken, wo es überhaupt keinen Sinn macht. Das ist etwas, da appelliere ich jetzt an Sie. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

Ich habe mich gewundert, dass da auch Justizminister Brandstetter mitgemacht hat; ich habe den Universitätsprofessor da nicht mehr ganz erkannt. Ich habe das auch nach Deutschland geschickt, weil ich mit Expertinnen und Experten reden wollte, weil ich ursprünglich auch einige der Ideen unterstützen wollte, und die haben mich gefragt, ob an dieser Vorlage ein Jurist mitgearbeitet hat. – Das kommt vom Justizministerium! Mir war das peinlich, und ich habe gesagt: Nein, das war der Vizekanzler! Sie können mir aber glauben, wenn von dort eine derartige Entscheidung kommt, dann kann das für uns nur alarmierend sein. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Ich sage noch einen letzten Satz: Der Herr Außenminister und zukünftige Bundes­kanzler, der heute nicht hier ist, hat immer lautstark erklärt, er wolle genau diese von Herrn Sobotka vorgestellten Überlegungen umsetzen. – Ich möchte Herrn Kurz Folgen­des zurufen: Er ist Mitglied der Universität Wien, er hat als solcher Verantwortung, und auch als Student muss er wissen, dass diese Dinge grundrechtlich nicht gehen (Heiterkeit des Abg. Loacker); das möchte ich ihm ins Stammbuch schreiben.

Ich kann ihm eines sagen, wenn er das nicht weiß: Es gibt eine Vorlesung, die ist jeweils am Donnerstag um 18 Uhr im Hörsaal III (Heiterkeit und Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ sowie des Abg. Loacker), die heißt: Grundrechtsschutz in einer verant­wortlichen Welt. – Das würde ihm guttun, und das würde uns guttun. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz. – Abg. Schimanek: Normalerweise kommt Hochmut vor dem Fall! – Ruf bei der ÖVP: ... Lade! – Ruf bei der FPÖ: Kaum verständlich! – Abg. Rosenkranz: Der Cap war besser!)

11.05

Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Gün­ther Kumpitsch. – Bitte.