12.10

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir NEOS finden die Idee der SPÖ grundsätzlich positiv, weil wir auch anerkennen, dass Armutsgefährdung von Kindern ein sehr großes Problem in Österreich ist.

Wir haben noch einige Punkte, die wir dann noch im Ausschuss besprechen werden, damit dieser Antrag besser wird, denn er ist in vielen Bereichen legistisch eben nicht sauber. Wir stehen dem aber grundsätzlich positiv gegenüber, vor allem deswegen, weil das Thema einmal angesprochen wird und weil wir grundsätzlich auch in die Debatte darüber kommen, was die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, für viele Frauen überhaupt bedeutet beziehungsweise die Verunmöglichung eines selbstbestimmten Lebens.

Bei Entscheidungen im familienpolitischen Bereich sollte auch immer das Wohl der Kinder im Mittelpunkt stehen. Gerade hier in Österreich können wir sagen, Chancen­gleichheit gibt es nicht, die können wir, die Politik, auch nicht garantieren, aber wir können sehr wohl dafür sorgen, dass es Chancengerechtigkeit im Leben, vor allem für Kinder, gibt. Unsere Familienleistungen, das Unterhaltsrecht, die wenigen Kinderbe­treu­ungseinrichtungen und das Bildungssystem schaffen diese Chancengerechtigkeit in Österreich aber nicht oder nicht im ausreichenden Maße. Und die ÖVP kann sich da auch nicht ganz aus der Verantwortung stehlen, was dieses Thema betrifft.

Ja, es stimmt, es gibt an diesem Antrag auch einige Dinge zu kritisieren, aber es ist nicht zu kritisieren, dass das sehr wohl ein wichtiges Thema ist. Das betrifft zum Beispiel auch den Bereich, wie man es Alleinerzieherinnen einfacher machen könnte, indem man eben viele Männer – in diesem Fall – in die Verantwortung nimmt, ihnen auch die Möglichkeit gibt, Verantwortung zu übernehmen.

Da kommt etwa das Thema Doppelresidenz ins Spiel. Das ist auch etwas, was in der letzten Gesetzgebungsperiode immer wieder von Schwarz und Rot verhindert worden ist beziehungsweise nie konkret angesprochen wurde. Wir wollen diesen Themen­bereich breiter aufmachen, um wirklich auch eine nachhaltige und sinnvolle Lösung zu finden. Und eine Lösung braucht es, denn die Zahl jener Kinder, die in Österreich armutsgefährdet sind, hat sich in den letzten zwölf Jahren sogar ein wenig erhöht, von 19 auf 20 Prozent.

Gleichzeitig sind die Familienleistungen in Österreich in den letzten 15 Jahren pro Kopf real um ein Viertel gestiegen. Was heißt das? – Offensichtlich sind die Familien­leistungen, die wir jetzt in Österreich haben, überhaupt nicht treffsicher, um Armuts­gefährdung bei Kindern zu verhindern. Das ist eigentlich enorm tragisch. Wir geben viel mehr Geld für Familienleistungen aus als andere Länder, stehen aber im europäischen Vergleich an 21. Stelle, was die Armutsgefährdung von Kindern betrifft. Das ist wirklich tragisch.

Auch die Vorschläge, die jetzt von der künftigen Regierung betreffend Steuerbonus für Familien gekommen sind, werden das Ganze nicht ändern; und schon gar nicht, wenn es, wie es im ÖVP-Programm angekündigt ist, in Richtung einer Familienbesteuerung geht, denn eine Familienbesteuerung – und das wissen wir – trifft vor allem Frauen in ihrer Erwerbsfähigkeit enorm negativ. Das passt natürlich auch zur Geschichte der österreichischen Frauenpolitik. Wir wissen ja – das hat auch eine Wifo-Studie gerade erst im September bestätigt –, dass sehr viele Familienleistungen im Steuerbereich negative Erwerbsanreize für Frauen darstellen.

Was bedeutet das – das ist ein technischer Begriff –: negativer Erwerbsanreiz? – Dass man es Frauen erschwert, überhaupt zu arbeiten, Teilzeit zu arbeiten, irgendwann einmal Vollzeit zu arbeiten und vielleicht auch ihre Kinder selber erhalten zu können, selbstbestimmt leben zu können, für eine Pension vorsorgen zu können. Das erschweren wir Frauen in Österreich damit enorm. Mit einer Familienbesteuerung und mit diesem Steuerbonus würde das auch nicht einfacher werden, sondern nur noch schwieriger.

Es ist schon beim vorherigen Tagesordnungspunkt sehr oft angesprochen worden, es geht um ein selbstbestimmtes Leben und darum, wie man das schaffen kann. Das funktioniert meiner Meinung nach vor allem langfristig durch ein eigenes Erwerbs­einkommen von Frauen und von Männern und auch dadurch, dass wir das Narrativ in Österreich ändern können: Kindererziehung ist nicht Frauensache, Kindererziehung ist Elternsache. Kinder und deren Chancengerechtigkeit sind ein Anliegen für die ganze Gesellschaft und das geht uns alle etwas an. Deshalb freue ich mich auch auf die Debatte im Ausschuss dazu und darauf, dass wir dieses Thema auch angehen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

12.14

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte