13.23

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besucherga­lerie! Liebe Zuschauer vor den Fernsehgeräten! Wir führen jetzt eine Debatte über die Wahl neuer Präsidenten – nämlich des Präsidenten und der Dritten Präsidentin des Nationalrates –, die notwendig geworden ist. Diese findet ja normalerweise nur zu Be­ginn der Legislaturperiode statt. Damals haben wir ja schon eine Frage intensiv disku­tiert, nämlich: Wie hält man es mit dem Amt?

Die entscheidende Frage, die wir damals gestellt haben, war: Ist die Kandidatur, ist die Nominierung für das Amt des Präsidenten erstens im Sinne dessen, dass man dieses Amt nachhaltig ausüben will, und zweitens natürlich auch im Sinne dessen, was das Amtsverständnis betrifft, ernst gemeint?

Heute, in der 5. Sitzung des Nationalrates, müssen wir schon wieder einen Präsidenten wählen, weil nämlich das Amt des Präsidenten inzwischen bei der neuen ÖVP zu so etwas wie einem Parkplatz oder Rangierbahnhof für politische Funktionen geworden ist.

Das ist schade, denn dieses Amt ist eines der zentralen Ämter unserer Republik. Das hat auch nichts persönlich – das möchte ich auch sagen – mit der ausgeschiedenen Präsidentin zu tun und hat auch nichts persönlich mit dem Abgeordneten Sobotka zu tun, der nun für dieses Amt kandidiert, aber es ist an sich nicht gut für das Ansehen dieses Hauses, wenn Parteivorsitzende die Vergabe dieses Amtes mehr an ihre inner­parteilichen Notwendigkeiten knüpfen als das Wohl dieses Hauses, der Demokratie und des Parlaments berücksichtigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber noch viel mehr unterstreichen, was für uns von der sozialdemokrati­schen Parlamentsfraktion, unabhängig davon, ob wir Regierungsfraktion oder Opposi­tionsfraktion sind, das Selbstverständnis im Umgang miteinander hier im Haus ist und auch sein sollte, denn es geht um Folgendes: Das Parlament ist letztlich der Vertreter des Souveräns, es ist der Gesetzgeber. Daher geht es auch darum, dass wir hier eine möglichst große Transparenz und eine möglichst umfassende Information gewährleis­ten und einen fairen Umgang miteinander pflegen. Und genau das, was wir seit der konstituierenden Sitzung vonseiten der Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ erfahren, ist leider kein guter Umgang mit dem Haus, mit dem Parlament und damit auch kein gu­ter Dienst an einer lebendigen Demokratie.

Offensichtlich ist die ernsthafte Demokratie nur eine Überschrift in Ihrem Regierungs­programm, aber nicht gelebte Realität, denn es geht auch darum, dass man, genau wie wir es vorhin diskutiert haben, Gesetzesvorlagen rechtzeitig übermittelt, sodass man sie auch prüfen kann. Ja, es ist auch in der Vergangenheit diese 24-Stunden-Frist nicht immer von allen eingehalten worden, aber bei ernsten, ganz schwer wiegenden Vorha­ben, bei denen Verfassungsmaterien betroffen waren, war das immer noch der Fall. Das hat es noch nie gegeben, dass ein Bundesministeriengesetz gleich mit Fristset­zungen durchgepeitscht worden ist, wo man etwas fristgesetzt hat, von dem man noch gar nicht gewusst hat, was man fristsetzen wird, aber Hauptsache, es ist schon frist­gesetzt, weil der Abänderungsantrag erst nachträglich hierher kommt, und dann wird heute kurzfristig, nicht einmal eine Stunde vor der Sitzung, noch ein Abänderungsan­trag zum Abänderungsantrag übermittelt.

Das ist mein Ersuchen an jene zwei Personen, die jetzt von ÖVP und FPÖ nominiert worden sind – unabhängig davon, ob wir sie wählen werden oder nicht; die Meinungs­bildung bei uns im Klub ist dahin gehend gegangen, dass wir genau wegen des vorhin Erlebten bei beiden Personen große Zweifel haben, aus unterschiedlichen Gründen –, dass genau dieser faire Umgang in Zukunft wieder Einzug halten wird. Das ist nicht nur ein großes Ersuchen, das ist eine Forderung – die Forderung nämlich nach einer le­bendigen Demokratie und einem lebendigen Parlament; daran will ich diese Forderung knüpfen.

Wie schon gesagt: Unsere Fraktion hat große Skepsis gegenüber den zwei zur Wahl stehenden Personen; das soll auch möglich sein. Gleichzeitig möchte ich auch eines klar sagen: Die Usance hier im Haus – an diese halten wir uns auch – ist, dass es selbstverständlich der stärksten Fraktion im Haus zusteht, jemanden für das Amt des Präsidenten zu nominieren, und dass dann diese Person auch diese Funktion überneh­men soll, genauso wie das auch für die zweitstärkste und die drittstärkste Fraktion zutrifft. Das möchte ich auch ganz klar sagen, weil es mir und unserer Fraktion schon auch wichtig ist, dass wir uns an die Regeln, die wir in der Vergangenheit gelebt ha­ben, auch in Zukunft halten.

Wir haben ein wenig Zweifel, dass da jetzt ein bisschen ein Speed-kills-Schlendrian eingezogen ist. Ich hoffe, dass wir gemeinsam, Sie, werte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, möglichst rasch auch wieder von diesem Speed-kills-Kurs abgehen und dass Sie in Zukunft einen modernen, offenen Parlamentarismus leben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: Das geht alles zu schnell! – Ruf bei der ÖVP: Schwache Rede!)

13.29

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte.