12.36

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erle­ben hier heute eine für parlamentarische Usancen etwas seltsame Inszenierung. (Abg. Hauser: Ein Wahnsinn: Inszenierung!) Natürlich haben Minister das Recht, vor dem Nationalrat Erklärungen abzugeben. Das hat aber im Regelfall einen erkennbaren An­lass. Diesen Anlass habe ich in diesem Fall gesucht. Ich habe mir gedacht, der Herr Innenminister wird die Vorkommnisse der letzten Zeit zum Anlass nehmen, in seiner Erklärung dazu Stellung zu nehmen (Abg. Hauser: Der Kickl hat eh klar gesprochen! Hörts doch zu!), wie er gedenkt, damit umzugehen, dass wir in Österreich Burschen­schaften haben, von denen die Öffentlichkeit in den letzten Tagen erfahren musste (Abg. Lugar: Dass Sozialisten drinnen sind!), welches Gedankengut dort herrscht (Abg. Gudenus: Dass die SPÖ die Liederbücher geschrieben hat!) und dass es dort zu verfassungsfeindlichen Umtrieben kommt. Das wäre eine lohnende Aufgabe für den Innenminister der Republik Österreich. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Wir haben in den letzten Tagen dank des Spitzenkandidaten der Freiheitlichen Partei, der Vizeobmann einer derartigen Burschenschaft ist (Ruf bei der FPÖ: ... ist denn der Herr Häupl?), einiges über dieses Gedankengut, dieses absolut abstoßende Gedan­kengut gehört, kennengelernt. (Abg. Bösch: Reden Sie auch über Wiederbetätigung von SPÖ-Mitgliedern, Frau Kollegin!) – Dazu sage ich gern etwas. (Abg. Bösch: Re­den Sie auch über Wiederbetätigung von SPÖ-Mitgliedern! Das würde uns freuen!)

Ja, zu den SPÖ-Mitgliedern sage ich Ihnen gern etwas. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Bösch.) Das hat uns noch mehr vor den Kopf gestoßen als Sie, das können Sie mir glauben, und wir stellen uns die Frage: Wie können sich solche Leute in unsere Partei verirren? (Abg. Gudenus: „Verirren“? – Ein fixer Bestandteil sein!), denn bei uns hat so etwas keinen Platz. Politische Gründe können das nicht gewesen sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei Ihnen stellen derartige Leute das Rückgrat dar! Aber bei uns?! (Ruf bei der FPÖ: Stellen Sie sich Ihrer Geschichte!) Unsere niederösterreichische Landesorganisation hat vorbildlich – da können Sie sich etwas abschneiden – sofort die Konsequenz gezo­gen (Abg. Gudenus: Ach so? Am Donnerstag vor der Wahl!) und diese Leute ausge­schlossen. (Abg. Gudenus: Am Donnerstag vor der Wahl! – Das ist eine Ausrede!) Mit derartigen Leuten haben wir nichts zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass das Problem – um auf Ihre Burschenschaften zurückzukommen – ein viel breite­res und tiefschichtigeres ist, ist dokumentiert, und auch der Ihnen durchaus naheste­hende Andreas Mölzer, ehemaliger Europaabgeordneter der Freiheitlichen Partei, hat ja sogar öffentlich gesagt, dass er auf mehreren Buden gehört hat, wie dieses wider­wärtige, abstoßende, antisemitische Lied, das ich jetzt hier nicht zitieren werde (Abg. Bösch: Illustriert von einem SPÖ-Mitglied, Frau Kollegin!), gesungen wird. (Ruf bei der FPÖ: Vor 50 Jahren!) – Er hat das auf mehreren Buden gehört! (Abg. Deimek: Sie ha­ben einen kleinen Zeitzusatz vergessen: Vor 50 Jahren! – Sie sollten nicht das Wich­tige vergessen!) – Grenzen Sie sich ab! Wir haben uns abgegrenzt.

Sehr geehrte Damen und Herren, hier ist Entschlossenheit gefragt! (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich habe mir erwartet, dass der Herr Innenminister heute diese Erklärung zum Anlass nehmen wird, um uns zu sagen, er wird präventive Untersuchungen über das Treiben in diesen einschlägigen Burschenschaften aufnehmen, er wird in diesem Land wieder einen Rechtsextremismusbericht vorlegen. Man sagt uns ja seit Jahren, das ist nicht mehr notwendig, obwohl wir das seit Jahren eingefordert haben. Die letz­ten Tage haben deutlich bewiesen, wie dringend notwendig ein derartiger Rechts­extremismusbericht in Österreich wieder wäre. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Herr Innenminister, Sie sind nicht mehr Parteisekretär der Freiheitlichen Partei, Sie sind jetzt der Innenminister der Republik Österreich. Da ist Entschlossenheit gefragt, entschlossenes Handeln von Ihnen und auch ganz besonders vom Herrn Bundeskanz­ler. Da hat der Altlandeshauptmann Pröll schon recht, wenn er Sie dazu auffordert. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Nachdem Sie, um diese Erklärungen abzuhalten, auch die Bildung zum Sicherheitsthe­ma gemacht haben, stellt sich die Frage, was die Brücke zwischen diesen beiden Erklärungen ist – vielleicht auch die Burschenschafter. Wir haben heute in den Zeitun­gen gelesen, dass die Bundesregierung in den nächsten Tagen Universitätsräte nomi­nieren wird und dass die Freiheitliche Partei Leute mit – ich zitiere – „rechtsextremer Schlagseite“ für die Universitätsräte nominiert hat. (Abg. Kassegger: Das sind Vorbe­halte totalitärer Natur, die Sie da aussprechen! – Zwischenruf des Abg. Gudenus.) Das wird auf den Universitäten mit großer Sorge beobachtet, weil es einschlägige Erfah­rungen dazu gibt, nämlich aus der ersten Phase Schwarz-Blau, als damals im Jahr 2002 rechtsextreme Leute als Universitätsräte nominiert worden sind. Das wird an den Universitäten mit großer Sorge beobachtet. (Abg. Rosenkranz: Ich sehe eher, was Sie für ein Rechtsempfinden haben! Sind Sie auch in der nordkoreanischen Freund­schaftsgruppe? – Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Kassegger.) Herr Bun­desminister Faßmann! Ich fordere Sie auf, nominieren Sie derartige Leute nicht, das wäre ein Skandal! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

In aller Kürze noch zur Studienplatzfinanzierung – dazu wäre auch ausführlich Stellung zu nehmen –: Das Konzept, das Sie vorgelegt haben, Herr Bundesminister – und zwar nach den Unterlagen Ihres Ministeriums –, wird zu einer massiven Reduktion der An­zahl von Studierenden führen. In den Rechtswissenschaften zum Beispiel wird es zu einer Halbierung kommen, Jahr für Jahr eine Halbierung, an der WU nach eigener Aus­sage zu einer deutlichen Reduktion von über 40 Prozent, 45 Prozent weniger, Jahr für Jahr.

Da frage ich mich, wo denn die Handschrift der Freiheitlichen Partei ist. Ich kenne diesen Entwurf sehr gut, den habe ich nämlich selbst mitverhandelt. Wir haben vor dem Sommer noch das Universitätsbudget gesichert – gegen die Stimmen der ÖVP. Im jetzigen Entwurf werden die Hürden nachgereicht. Ich suche den Beistrich, den Sie in diesem Entwurf geändert haben! – Ich habe ihn noch nicht gefunden. Was gilt denn überhaupt noch von dem, was Sie vor der Wahl gesagt haben? – Gar nichts mehr, und das leider auf Kosten der jungen Menschen und deren Lebenschancen. Das ist be­schämend! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard. – Abg. Gudenus: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)

12.43

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Nehammer. – Bitte.