16.30

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (PILZ): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer und Zuhörerinnen! „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Ich freue mich, dass unser Verfas­sungsgerichtshof den ersten Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ernst nimmt und die Ehe trotz heftigen politischen Gegenwinds für alle spätestens ab 1. Jänner 2019 geöffnet hat. Ich muss nicht nur meinem Kollegen, Herrn Noll, beipflich­ten, sondern auch vielen anderen: Wir müssen uns jetzt schon darum kümmern, wir können nicht bis zum 1. Jänner warten. Warum nicht jetzt, wenn wir schon wissen, dass es sowieso so kommen wird und auch richtig ist? (Beifall bei Liste Pilz, SPÖ und NEOS.)

Ganze 70 Jahre nach der Erklärung der Menschenrechte wird es auch wirklich Zeit da­für.

Eine Ehe ist heute keine Zweckgemeinschaft, um Kinder zu zeugen und aufzuziehen, mehr. Viele verheiratete Paare entscheiden sich heute bewusst dafür, keine Kinder zu haben. Herr Kollege Kühberger, ich freue mich für Sie und Ihre sechs Kinder (Heiterkeit bei Liste Pilz, SPÖ und NEOS) – ich weiß nicht, Sie haben nicht von Ihrer Frau ge­sprochen (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ) –, aber es gibt auch verheiratete Men­schen, die sich gegen Kinder entscheiden. Sie haben das gute Recht dazu, denn heut­zutage ist die Definition von Familie nicht mehr: Vater, Mutter, Kind. Das ist eigentlich eine veraltete Vorstellung, die überhaupt nicht mehr der gesellschaftlichen Realität ent­spricht. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich habe ja Verständnis dafür, wenn es beispielsweise VertreterInnen der Kirche auf­grund ihrer religiösen Einstellung anders sehen – das ist ihr gutes Recht –, aber Gott sei Dank (Heiterkeit der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Rendi-Wagner und Scherak) gibt es in Österreich eine Trennung zwischen Kirche und Staat. Bei uns sollten sich die Menschen selbst aussuchen können, wie sie miteinander leben wollen. Sie sollen sel­ber die Wahl haben und nicht diskriminiert werden. Unsere Aufgabe als PolitikerInnen ist es – und deswegen bin ich auch hier –, Menschen das zu ermöglichen.

Meine werten Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, Sie sprechen von Freiheit: Ge­nau das ist Freiheit, wenn man das akzeptiert. An meine Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Ja, Freiheit, auch Sie verwenden das Wort sehr, sehr oft, wenn es um indi­viduelle Wahlfreiheit in allen möglichen Lebensfragen geht.

Niemand soll in seiner persönlichen Lebensführung diskriminiert werden, und es ist leider heutzutage einfach so, dass die Diskriminierung von homosexuellen Menschen noch immer erschreckend hoch ist. Das darf nicht sein! Da muss ich meiner Kollegin, Frau Hammerschmid (Zwischenrufe der Abgeordneten Drozda und Heinisch-Hosek), auch beipflichten: Wir brauchen in Schulen Wertschätzung und Toleranz. Das ist ganz, ganz wichtig, dass Kinder lernen, sich gegenseitig zu tolerieren und zu akzeptieren. Das ist die Grundlage dafür, wie sie einander auch später behandeln werden.

Wir als PolitikerInnen müssen VorreiterInnen sein und den Mut haben, gesellschaftli­che Weichenstellungen vorzunehmen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Denken Sie da­ran, wie lange Frauen um gesetzliche Gleichstellung gekämpft haben und noch immer kämpfen! Deswegen konnten mich Frauen wählen, damit ich hier sein kann; deswegen kann ich auch hier sein. Es hat lange gedauert, aber ich bin hier.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ich appelliere an Sie: Stehen Sie zu Ihren eigenen Freiheitsbegriffen, leben Sie und lassen Sie leben! (Beifall bei Liste Pilz, SPÖ und NEOS. – Bravorufe bei der Liste Pilz.)

16.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Harald Troch. – Bitte.