10.04.35

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ)|: Herr Präsident! Meine Herren Bundes­minister! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister Kickl, ich gebe Ihnen völlig recht, dass Sie mehr oder weniger einen Trümmerhaufen – so kann man das ja nahezu nennen – an Innenministerium übernommen haben und sich jetzt natürlich bemühen, aus dem Ganzen wieder etwas Positives zu errichten.

Zur Polizei, Herr Kollege Mahrer, möchte ich noch sagen, dass die Polizisten und Poli­zistinnen eigentlich jene sind, die in dem System, das jetzt zehn Jahre lang unter der ÖVP geherrscht hat, wirklich unter die Räder gekommen sind. Sie können uns glau­ben: Wir sind daran interessiert, dass es denen besser geht, denn damit ist Sicherheit nämlich wirklich zu erreichen, und nicht mit diesem eigenartigen Sicherheitspaket. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Etwas anderes wundert mich aber, auch seitens der FPÖ: Auf Wunsch der ÖVP – ich nehme an, das kommt vom Herrn Bundeskanzler – diskutieren wir über dieses Sicher­heitspaket, das in drei Monaten hier zur Debatte stehen wird, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir ganz andere Dinge zu diskutieren hätten. Da findet wieder einmal ein Ablen­kungsmanöver statt, nämlich etwa vom Rauchverbot. Das ist das, was heute, jetzt ge­rade, hinter den Türen diskutiert wird.

Wir werden damit konfrontiert, dass eine FPÖ, die im Wahlkampf immer erklärt hat, dass es bei 100 000 Unterschriften eine Volksabstimmung geben soll, jetzt, bei 400 000 Unterzeichnern eines Volksbegehrens (Abg. Gudenus: Einleitung!), nach wie vor versucht, nicht nur das Rauchverbot zu verhindern, sondern noch dazu damit ein Gesetz, das mit großer Mehrheit hier im Hause beschlossen worden ist, rückabzuwi­ckeln, zu verunmöglichen. (Abg. Rosenkranz: Aber dass das auch ein Wahlverspre­chen - -!) Das ist ein Eklat, das ist eine Missachtung des Wählerwillens! (Abg. Ro­senkranz: Es ist schade, dass Kollege Jarolim nicht bei FPÖ-Wahlveranstaltungen ...!) Ich denke, dass Sie sich nicht nur schämen, sondern auch der Bevölkerung draußen klarmachen müssen, wie Sie eigentlich dazu kommen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Nächster Fall, Erwachsenenschutz-Gesetz: Meine Damen und Herren, wir erleben, dass ein Gesetz, das wir mit 100 Prozent Zustimmung hier beschlossen haben – alle haben zugestimmt! –, nunmehr jedenfalls einmal um zwei Jahre verzögert werden soll. Der damalige Vizekanzler und Justizminister ist landauf, landab im Wahlkampf herum­gelaufen und hat das als seinen Erfolg verkauft. (Abg. Gudenus: Stimmt nicht! – Abg. Rosenkranz: Das stimmt alles nicht! – Vizekanzler Strache: Das stimmt ja nicht! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, die Briefe vom Justizminister sind schon bei den Behörden eingelangt, und die Leute haben begonnen, die Zahl ihrer Mitarbeiter zu kürzen. Das ist beschämend! Ich weiß nicht, was Ihnen diese armen Leute getan haben, dass Sie hier so grausam verfahren. Wir werden jedenfalls dage­genhalten, da können Sie sicher sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz – in Richtung ÖVP –: Wer macht die tatsächliche Berichtigung? Machts ihr die? Ist ja euer Minister!)

Jetzt zur Sache: Selbstverständlich wollen auch wir die Kriminalität bekämpfen, das ist ja überhaupt keine Frage. Mit diesem Paket wird das aber wahrscheinlich sehr schwer gehen. Ich habe überhaupt nicht verstanden – ich danke Ihnen, Herr Innenminister, Sie haben ja letztlich jetzt noch die Kurve gekratzt –, dass das ja nicht in Begutachtung gehen sollte. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Die Richtervereinigung, die Staatsan­wälte, Universitätsprofessoren, die Universitäten selbst und auch die Rechtsanwalts­kammer haben nämlich vehemente Einwendungen.

Ich frage Sie: Was haben Sie gegen die Stimme der Vernunft? Man kann das nicht mit Emotionen und damit begründen, dass der Bevölkerung vorgegaukelt wird: Wir ma­chen jetzt alles besser! – Die Maßnahmen, die tatsächlich alles besser machen könn­ten, nämlich dass Sie endlich einmal bei der Polizei aufstocken, werden aber nicht ge­setzt. Wir werden auch darauf schauen, dass das wirklich kommt und dass auch die Bevölkerung darüber Bescheid weiß.

Ich kann nur eines sagen: Ärger als so, wie die FPÖ hier agiert, kann man wirklich nicht mehr umfallen. Herr Bundesminister Kickl, ich habe vor der Nationalratswahl noch Ihre Reden bewundert, als Sie hier erklärt haben, warum das alles ein Wahnsinn sei. Jetzt plötzlich klingt das aber alles ganz anders.

Abseits des Bundestrojaners, den wir ja sowieso noch diskutieren, möchte ich diesen Wahnsinn der Sicherheitsforen noch einmal aufgreifen: Wir sind damit konfrontiert, dass in der Bevölkerung mitteilungsbedürftige Wichtigtuer als Privatsheriffs engagiert werden sollen. (Zwischenruf des Abg. Mahrer.) Die werden dann von der Polizei aner­kannt, damit Sie besondere Informationen bekommen; die erklären dann in ihrem Be­reich: Ja, auf Stiege 3 im zweiten Stock ist jemand, den schauen wir uns an, und auf Stiege 1 auch. Meine Damen und Herren, das ist die Blockwartsystematik, die wir aus dem Dritten Reich kennen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gudenus – die Hand hebend –: Entschuldigung! – Zwischenrufe bei der ÖVP sowie der Abg. Kitzmül­ler.) Das kann sicherlich nicht mit uns ...

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Ich bitte Sie, diesen Ausdruck zurückzunehmen! (Ruf bei der FPÖ: ... Frechheit!)

 

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim| (fortsetzend): Was wir wirklich brauchen, sind endlich 1 000 Polizisten – 1 300 haben wir versprochen (Abg. Neubauer: Sie sollen das zurücknehmen!) –; keine unnötige Schreibstubenarbeit für Polizisten; Geschwin­digkeitsmessungen kann man mittels Radar machen, dazu brauchen wir nicht Men­schen einzusetzen; und endlich die personelle und technische Ausstattung unserer Polizei.

Meine Damen und Herren, was nicht bekannt ist: Die technische Ausstattung der Poli­zei in diesem Land ist eine der schlechtesten in ganz Europa; und dann sollen die armen Teufel wirklich etwas suchen! (Abg. Gudenus: Zwölf Jahre roter Bundeskanz­ler!) Dort sollten Sie einmal etwas investieren! (Ruf bei der FPÖ: So wie ihr! So wie ihr das gemacht habt jahrelang! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Mir wurde selbst etwa mitgeteilt, als ich im vierten Stock einem Polizisten Unterlagen gab, dass das Pech sei, denn der Kopierer stehe im ersten Stock. (Ruf bei der FPÖ: Zehn Jahre ver­sprochen, nichts gehalten! – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – ÖVP: zehn, 15 Jahre, meine Damen und Herren!

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Gegen all das, was Sie hier versuchen, um das Land auf den Kopf zu stellen, zulasten der Armen, zulasten derer, die bedürftig sind, werden wir uns ganz vehement stellen, damit Sie diese Republik, die wir gemeinsam aufgebaut haben, nicht zerstören werden. Darauf können Sie Gift nehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

10.09