15.18.24

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein|: Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Frau Bundesminis­terin a.D.! Gestatten Sie mir, mit den Fragen 21 bis 24 zu beginnen, weil das vielleicht ein paar grundsätzliche Dinge erklärt.

Ich darf vorweg sagen, dass ich Ihnen unzählige Anfragebeantwortungen zeigen könn­te, wo sozialdemokratische Minister sich dahinter versteckt haben, dass ihre persönli­che Meinung oder die Vorhersage der Zukunft nicht Gegenstand der Vollziehung seien und sie daher Fragen dazu nicht beantworten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Obernosterer. – Abg. Deimek: ... sozialistische Politik ...!) Ich, meine Damen und Her­ren, werde mich nicht verstecken.

Also, wie stehe ich persönlich zum Rauchverbot in der Gastronomie? – Österreich ist ein sehr gastfreundliches Land. Wir haben eine lange Tradition im Tourismus, und ab­gesehen vom Geschäft sind viele Gastwirte einfach auch sehr gastfreundliche Men­schen, die ihren Mitmenschen gerne eine Zeit lang Unterschlupf gewähren, und wir unterstützen die Gäste bei der Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse. Wir geben den Gästen zu essen, wir geben ihnen zu trinken, wir bieten ihnen Schutz vor extremer Hitze und wie heute vor eisigen Temperaturen. Selbstverständlich maßregelt der Gast­geber seine Gäste nicht, wenn sie kleinere Schwächen haben, doch die letzte Bundes­regierung, meine Damen und Herren, hat die Gastfreundschaft in unserem Land ge­genüber einer bestimmten Gruppe von Menschen verboten.

Sie haben verboten, dass Gastwirte Raucher – mit all ihren kleinen Schwächen – be­wirten. (Abg. Jarolim: Das ist in ganz Europa so!) – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Jarolim: Aber das ist doch lächerlich! Rufe bei der FPÖ: Das stimmt ja nicht!  Abg. Kitz­müller: Das stimmt ja überhaupt nicht!) Sie haben verboten, dass Reisende mit all ihren Bedürfnissen bei eisigen Temperaturen ein paar Stunden bis zu ihrem nächsten Termin aufgenommen werden dürfen. Sie haben den Gastwirten ihre Gastfreundlich­keit verboten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben den Gastwirten die Gastfreundlichkeit verboten, und weil Sie gewusst ha­ben, wie grauslich dieses Gesetz ist, haben Sie eine Übergangsfrist beschlossen, da­mit Ihre Regelungen erst unter der nächsten Regierung in Kraft treten. (Abg. Schieder: Können Sie einmal zur Beantwortung kommen?! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend)|: Ich bitte um Ruhe. (Abg. Schieder: Das ist eine Dringliche Anfrage, da gibt es Antworten! Abg. Rosen­kranz: Also was glauben denn Sie eigentlich! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesministerin Hartinger-Klein: Herr Klubobmann, Entschuldigung - -!) Ich bitte da­rum, die Antwort auch geben zu lassen! Ich darf um allgemeine Beruhigung ersuchen, die Emotion ist eine inhaltliche. (Abg. Schieder: Ich habe sie nicht gefragt, wann die Gastwirte die Gastfreundlichkeit ...!)

 

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein| (fortsetzend): Weil Sie gewusst haben, wie grauslich die­ses Gesetz ist, haben Sie eine Übergangsfrist beschlossen, damit Ihre Regelungen erst unter der nächsten Regierung in Kraft treten. Sie haben eigentlich versucht, die Verantwortung abzuschieben. – Es tut mir leid. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, jedes Gesetz braucht eine Mehrheit im Parlament. Der Initiativantrag kommt auch nicht aus meinem Ressort, sondern es ist ein Antrag der Damen und Herren Abgeordneten. Die Möglichkeit einer Einflussnahme auf den Ge­setzwerdungsprozess ist mir durch die in der Verfassung verankerte Gewaltenteilung (Abg. Wittmann: Sie sind Gesundheitsministerin! Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr!) – Herr Kollege, hören Sie bitte zu! – weitgehend entzogen; dies unterliegt der Selbstkontrolle des Parlaments. (Abg. Schieder: Zu welcher Frage war das?) – 21 bis 24, Herr Klubobmann! Ich habe es am Anfang gesagt. (Abg. Schieder: Aber ich habe nicht erkannt - -! Das ist nicht gefragt worden! Lesen Sie einmal die Fragen vor! Abg. Rosenkranz: Schlechte Verlierer in der SPÖ! Weder Bürgermeister noch Bundeskanz­ler ...!)

Meine Damen und Herren der Opposition! Sie können sich jetzt zurücklehnen und da­rauf warten, dass die Österreicherinnen und Österreicher darüber abstimmen, dann dominiert die Mehrheit die Minderheit, aber dem sozialen Frieden im Land wird es nicht dienen. Sie können ja gerade beobachten, was passiert, wenn man Verbote zu weit treibt. Das wäre mit einem echten sozialen Frieden nicht möglich.

So, jetzt komme ich zur Beantwortung der Frage 1:

Es besteht ein absolutes Rauchverbot in 13 Ländern und in drei Bundesländern – Bay­ern, Saarland und Nordrhein-Westfalen – in Deutschland. Ansonsten sind in anderen EU-Staaten mit teils unterschiedlichen Ausprägungen, Vorgaben und Einschränkungen Rauchverbote in der Gastronomie in Geltung. (Abg. Lausch: Na schau!)

Zur Frage 2:

Generell kann gesagt werden, dass Tabakkontrollmaßnahmen wie Tabaksteuer, Wer­beverbote, Einschränkungen der Verfügbarkeit et cetera zu einer Reduktion der Anzahl der RaucherInnen führen. Vorliegende Zahlen aus Deutschland, England, Irland und Italien weisen in die Richtung, dass von einer Reduzierung des Tabakkonsums aus­zugehen ist. Detailzahlen zu den übrigen EU-Ländern liegen unserem Ministerium ak­tuell nicht vor, sodass derzeit keine darauf bezugnehmenden Angaben gemacht wer­den können.

Zur Frage 3:

26 Prozent der Bevölkerung der Europäischen Union rauchen. Laut den beiden aktu­ellsten Befragungen im Hinblick auf das Rauchverhalten in der Bevölkerung rauchen 24 Prozent der Altersgruppe 15 plus täglich.

Betrachtet man die Ergebnisse der Erhebungsreihe Befragung zu Substanzgebrauch, so zeigt das aktuelle Ergebnis einen Rückgang im Tabakkonsum, der nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Rauchverbot steht. Die Ergebnisse der Gesund­heitsbefragung der Statistik Austria dokumentieren in der untersuchten Zeitspanne gleichbleibende Werte.

Im europäischen Vergleich liegt Österreich bei den täglich Rauchenden mit 24 Prozent über dem EU-Durchschnitt von 19 Prozent. Der EU-28-Durchschnitt bei Rauchenden insgesamt – täglich und gelegentlich – liegt bei 24 Prozent, in Österreich sind es 33 Pro­zent. (Abg. Wittmann: Unfassbar!) – Was ist jetzt unfassbar, wenn ich Ihre Fragen be­antworte, Herr Kollege? (Abg. Krist: Das war eine allgemeine Bemerkung!)

OECD: Durchschnittlich rauchen in den 34 OECD-Ländern 18,4 Prozent der erwachse­nen Bevölkerung.

Zur Frage 4:

Es gibt einen Rückgang, dieser steht aber nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Rauchverbot, sondern ist auf Maßnahmen der Bewusstseinsbildung zurückzu­führen. Hierbei wird jedoch der Konsum von anderen, rauchlosen Tabakprodukten wie zum Beispiel Lutschtabak nicht berücksichtigt.

Zur Frage 5:

Laut den beiden aktuellsten Schülerbefragungen HBSC 2014 und Espad 2015 rauchen aktuell 10 beziehungsweise 16 Prozent der 15-Jährigen dreimal täglich. Etwas weniger als die Hälfte der 15-jährigen SchülerInnen gibt an, bereits erste Erfahrungen mit dem Rauchen von Tabak gemacht zu haben.

Zur Frage 6:

Die Quote der jugendlichen Raucherinnen und Raucher in den anderen OECD-Län­dern beträgt im Durchschnitt 11,7 Prozent. Im Vergleich dazu: In Österreich sind es 14,5 Prozent.

Zur Frage 7:

Einschlägige Studien beziehungsweise Erhebungsergebnisse in Bezug auf das Kon­sumverhalten Jugendlicher im Falle genereller Rauchverbote in der Gastronomie lie­gen meinem Ministerium nicht vor. Aussagekräftige relevante Angaben dazu können daher in Ermangelung eines Vorliegens solcher Ergebnisse derzeit nicht gemacht wer­den.

Zur Frage 8:

Die Raucherprävalenz bei Kindern und Jugendlichen hat sich seit dem Jahr 2002 hal­biert. Im europäischen Vergleich liegt Österreich nach diesem Rückgang je nach Er­hebungsreihe leicht beziehungsweise deutlich über dem Durchschnitt.

Zur Frage 9:

Soweit Aussagen und Ergebnisse betreffend die Quote jugendlicher RaucherInnen ge­messen an der Gesamtpopulation vorliegen, ist ein Vergleich insofern nur bedingt oder kaum möglich, als in entsprechenden Surveys und Befragungen dazu unterschiedliche Altersgruppen zugrunde gelegt werden.

Allgemein ist zu bemerken, dass ein Trend in Richtung Reduktion des Tabakkonsums in den EU-Ländern und auch in Österreich beobachtet werden kann.

Zur Frage 10:

Laut OECD ergibt sich in den letzten zehn Jahren ein kontinuierlicher Rückgang an jugendlichen Raucherinnen und Rauchern in den OECD-Ländern.

Zur Frage 11:

Folgt man den Studien und Befragungen zum Substanzkonsum, kann davon ausge­gangen werden, dass es in den letzten zehn Jahren einen signifikanten Rückgang an täglich Rauchenden in der Bevölkerungsgruppe 15 plus gab. Auf EU-Ebene ist insge­samt ein Rückgang zu verzeichnen.

Nach der Espad-Auswertung 2015 ergibt sich durchschnittlich ein starker Rückgang an jugendlichen Rauchern und Raucherinnen in den EU-Ländern ab 2013.

Zur Frage 12:

Das Ergebnis der österreichischen Tabakkontrollpolitik: Österreich erhielt beim Euro­pean Tobacco Control Scale 36 Punkte und liegt damit an 34. Stelle. Bessere Plätze beim European Tobacco Control Scale belegten beispielsweise UK, gefolgt von Irland und Island.

Zur Frage 13:

Die angedachte Novelle des TNRSG steht im Einklang mit der sich aus dem FCTC ergebenden völkerrechtlichen Verpflichtung, da die derzeitige Regelung für die Gastro­nomie beibehalten werden soll und die Schutzvorschriften für Kinder und Jugendliche wesentlich verschärft werden.

Zur Frage 14:

Zu den Spätfolgen des Tabakkonsums zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herz­infarkt oder Schlaganfall, Atemwegserkrankungen wie COPD, chronische Bronchitis oder Asthma und bösartige Neubildungen wie zum Beispiel Lungenkrebs, Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs, Harnblasenkrebs oder Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Zur Frage 15:

Glimmende Zigaretten geben eine Menge kleiner Teilchen mit einer hohen Schadstoff­konzentration ab. Dazu kommt der inhalierte und wieder ausgeatmete Rauch. Die fei­nen Rauchpartikel sammeln sich an Vorhängen, Decken, Wänden und anderen Ge­genständen und belasten als kalter Rauch die Umgebungsluft, auch wenn gar nicht mehr geraucht wird.

Beim Passivrauchen wird Tabakrauch aus der Umgebungsluft aufgenommen. Dieser Rauch enthält die gleichen giftigen und krebserregenden Substanzen wie der beim Rau­chen inhalierte Rauch.

Zahlreiche Studien haben dokumentiert, dass auch beim unfreiwilligen Einatmen von Zigarettenrauch, bei der Konsumation von second-hand smoke, eine Gesundheitsge­fährdung besteht. Durch Passivrauchen gelangen krebserregende Substanzen in die Atemwege. Die WHO schätzt, dass 10 Prozent der Lungenkarzinome von Nichtrau­chern auf Passivrauchen zurückzuführen sind.

Zur Frage 16:

Rauchen stellt zweifelsfrei eine Ursache für Lungenkrebs dar. Weltweit sind 30 Prozent aller Krebstodesfälle auf Tabakkonsum zurückzuführen, wobei der Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs am eindeutigsten dokumentiert ist. Eine seriöse Schätzung, welcher Anteil der Neuerkrankungen durch Passivrauchen verursacht wird, ist nicht möglich. Wie aus der Antwort zu Frage 15 ersichtlich ist, belaufen sich die Schätzungen der WHO auf 10 Prozent.

Zur Frage 17:

Jährlich sterben laut Expertenschätzungen zwischen 11 000 und 14 000 Österreichern an den Folgen des Rauchens. Der Anteil der Passivraucher kann nur geschätzt wer­den. (Abg. Strolz: Da gibt es Studien dazu! Das ist nicht korrekt, Frau Minister! – Zwi­schenruf des Abg. Stöger.)

Zur Frage 18:

Da sich die Organe und das Immunsystem von Kindern noch entwickeln, ist ihre Ge­sundheit durch Passivrauchen besonders bedroht. Außerdem haben Kinder in Relation zu ihrem Körpergewicht eine höhere Atemfrequenz als Erwachsene. Das Risiko des plötzlichen Kindstodes ist bei von Passivrauchen belasteten Säuglingen mindestens doppelt so hoch wie bei Säuglingen, die in einer rauchfreien Umgebung aufwachsen.

Kinder, die Tabakrauch ausgesetzt sind, leiden oft unter einer Beeinträchtigung des Lungenwachstums und der Lungenfunktion. Auch akute und chronische Atemwegser­krankungen und Asthma sowie Mittelohrentzündung und Meningitis treten häufiger auf.

Zur Frage 19:

Gemäß der IHS-Studie aus dem Jahr 2008 zu den volkswirtschaftlichen Effekten des Rauchens betrugen die durch das Rauchen verursachten Nettokosten im Jahr 2003 256,8 Millionen Euro. Der fiskalische Nutzen aus dem Tabaksteueraufkommen für die öffentliche Hand beträgt im Gegensatz dazu im Lebenszyklusmodell rund 30,42 Mil­liarden Euro beziehungsweise 1,09 Milliarden Euro als Annuität.

Zur Frage 20:

Seit dem Jahr 2005 ist der Nichtraucherschutz insbesondere für Kinder und Jugendli­che ständig erhöht worden; in diesem Bereich stehen auch weitere Verschärfungen bevor. Im Übrigen ist aber auch die individuelle Entscheidungsfreiheit angemessen zu­grunde zu legen.

Die Fragen 21 bis 24 habe ich bereits zu Beginn beantwortet. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schieder: Eine echte Niederlage für eine Gesundheitsministerin!)

15.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zu­kommt.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Kucher. Ich erteile es ihm.