15.49.49

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS)|: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Das ist die Debatte zur rauchfreien Gastronomie – ja oder nein. Ich finde, es ist eine un­glaublich zynische Debatte. Das ist eine Entscheidung auf Leben und Tod, und da kann man so viel mit den Augen rollen, wie man will, das, was Sie hier machen, ist verant­wortungslos, und Sie wissen es haargenau. Das ist verantwortungslos! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Frau Gesundheitsministerin, was ist mit Ihnen? Sie sind für die Gesundheit der Men­schen verantwortlich, und es gibt genügend Studien, die die Schädlichkeit von Tabak­rauch einwandfrei belegen. Ich bin kein Visionär, der glaubt, dass morgen die drogen­freie Gesellschaft ausbricht. (Abg. Belakowitsch: Aber ihr wollt es!) H.-C. Strache und ich haben auch schon gemeinsam eine Zigarette geraucht, so ist es nicht. (Oh-Rufe und Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Gudenus: Sapperlot! – Ruf bei der FPÖ: Das ist zynisch!)  Das ist eben nicht zynisch! (Ruf bei der FPÖ: ... Tschick!) Dass Sie so etwas erheitert, zeigt nur, dass Sie überhaupt nichts verstanden haben! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Neubauer: Aber Sie auch nicht! – Abg. Stefan: Das habe ich jetzt nicht verstanden!)

Sie sind in einer Art ignorant: Sie nehmen bewusst Tote in Kauf. Sie nehmen bewusst Tote in Kauf! (Ruf bei der FPÖ: Na geh! – Abg. Stefan: Das habe ich jetzt nicht ver­standen! – Abg. Gudenus: Unfassbar!) So hart ist es! (Abg. Stefan: Dann verbieten wir es total! – Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Wenn Sie befragt werden, Frau Mi­nisterin: Wir haben in Österreich jedes Jahr 13 000 Tote durch Spätfolgen des Rau­chens zu verzeichnen. 13 000 Tote! (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Die Frage ist: Wie viele davon sind Passivraucher? (Abg. Stefan: ... überhaupt keiner rauchen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr Präsi­dent, darf ich fortsetzen?

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Ja, ich habe schon geläutet.

 

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz| (fortsetzend): Wie viele davon sind Passiv­raucher? Sie sagen: Das kann man nur schätzen. – Frau Ministerin, das stimmt nicht! Ich erwarte, dass Sie sich mit der Wissenschaft beschäftigen. (Abg. Stefan: Aus der Gastronomie oder zu Hause oder aus dem Auto? – Zwischenruf des Abg. Rosen­kranz.) Es gibt zum Beispiel Studien der Universität Wien, gemeinsame Studien der Forscher der MedUni Wien und des Messerli Forschungsinstitutes, die besagen, dass es im Jahr 2017 allein in Österreich 1 000 Personen waren, die durch Passivrauchen starben. Das sind zwei bis drei Österreicher, die täglich durch Passivrauchen sterben! (Abg. Belakowitsch: Aber wo rauchen sie passiv? – Zwischenrufe der Abgeordneten Angerer und Gudenus.)

Jetzt sagen Sie, das soll weiterhin so sein. Sie sagen, weiterhin sollen täglich zwei bis drei ÖsterreicherInnen durch Passivrauchen sterben. (Ruf bei der FPÖ: Wo? – Abg. Stefan: Zu Hause verbieten! – Zwischenruf des Abg. Gudenus. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Der Ort, an dem das Passivrauchen am häufigsten stattfin­det, ist die Gastronomie. Es ist die Gastronomie, und es wird weiter die Gastronomie bleiben. Sie wissen - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Es gibt noch 17 Redner, Sie können noch ge­nügend Argumente vorbringen. Ich bitte, den Redner ausreden zu lassen!

 

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz| (fortsetzend): Sie wissen das und Sie haben ein schlechtes Gewissen. (Ruf bei der FPÖ: Nein!) Sie entscheiden sich fürs Sterben.

Alle, die eine Ahnung von Gesundheit haben, reden nicht. Wo ist die Gesundheitsspre­cherin der ÖVP? Frau Schwarz, Sie kommen nicht heraus und sprechen nicht, weil Sie ein schlechtes Gewissen haben. (Abg. Schwarz: Nein!) Wo ist der Apotheker Keniak von der FPÖ? (Abg. Rosenkranz: Kaniak! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Kaniak! – Abg. Rosenkranz: Ich berichtige tatsächlich: Kaniak!) Sie wissen es, Sie kommen nicht he­raus, Sie sprechen nicht. Wo ist Frau Belakowitsch? Sie als Ärztin wissen es, aber Sie kommen nicht heraus, Sie sprechen nicht.

Wo ist Herr Abgeordneter Smolle? Er war Chef der MedUni Graz. (Abg. Rosenkranz: Es ist auch gefährlich, wenn man sich so aufregt!) Herr Smolle, Sie wissen, dass Sie hiermit das Sterben und den Tod befördern. Sie wissen es, aber Sie kommen nicht raus, Sie stellen sich nicht der Diskussion, Sie werden sich damit weiterhin für das Sterben entscheiden. (Ruf bei der FPÖ: ... die Duracell einmal raus?) Das ist nicht okay! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Sie stellen parteipolitische Taktik über den Tod von zwei bis drei Österreichern pro Tag. (Ruf bei der FPÖ: Hören Sie auf damit!) Das ist die wissenschaftliche Evidenz. (Abg. Belakowitsch: Beruhigen Sie sich bitte wieder!) Sie müssen sich schon fra­gen  - (Abg. Stefan: Sind die im Gasthaus?) – Das ist die wissenschaftliche Evidenz. (Abg. Rosenkranz: Nein! Sind die im Gasthaus? – Abg. Belakowitsch: Wo? – Abg. Stefan: Sind die im Gasthaus, oder wo? – Präsident Sobotka gibt das Glockenzei­chen. – Abg. Rosenkranz: Ist die Säuglingskrippe im Gasthaus im Raucherstüberl?)

Noch einmal: Es gibt zwei bis drei Tote durch Passivrauchen in Österreich pro Tag, das ist wissenschaftlich erwiesen. (Abg. Belakowitsch: Aber wo?) Im gesellschaftli­chen Kontext ist die Gastronomie jener Ort, an dem Passivrauchen am häufigsten stattfindet. (Abg. Rosenkranz: Für Säuglinge?) Das sind Zentren des gesellschaftli­chen Lebens. (Abg. Stefan: Wie viele Stunden verbringt man zu Hause und wie viele im Gasthaus? – Ruf bei der FPÖ: Es muss ja niemand hingehen, wenn ...! – Abg. Neu­bauer: ... mit den NEOS! – Abg. Zanger: Ich gehe jetzt auch ins Säuglingscafé! – Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Schauen Sie: Hätten Sie den Mut zur Aufrichtigkeit, dann würden Sie den Klubzwang aufheben – und dann haben Sie keine Mehrheit, das wissen Sie haargenau. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Ah-Rufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie entscheiden sich fürs Sterben und für Ihre parteitaktische Linie. Das ist meines Erachtens nicht in Ordnung.

Frau Ministerin, Sie wissen, es geht natürlich um den Rauch, es geht aber auch um die Zusatzstoffe. Wir wissen, dass es Hunderte Zusatzstoffe sind. Insgesamt 90 davon werden von Gesundheitsexperten als wahrscheinlich krebserzeugend oder krebserzeu­gend kategorisiert. Sie wissen, dass es Stoffe wie zum Beispiel Acrolein gibt. (Abg. Rosenkranz: Ich täte langsam das Autofahren abschaffen!) Das sind teils toxische Zu­satzstoffe, die dem Tabak beigefügt sind. Diese Stoffe werden sogar über die Haut auf­genommen und haften, sagen Experten, an Tischplatten, an Kleidung, an Vorhängen, an Stofftieren. All diese wissenschaftliche Evidenz haben wir. (Abg. Stefan: Zu Hause verbieten!) – Nein, nicht zu Hause verbieten! (Ruf bei der FPÖ: O ja! – Abg. Rosen­kranz: O ja, das ist ja das Ungesunde! Da ist ja das Sterben!)

Schauen Sie: Ich sage, es gibt keine drogenfreie Gesellschaft. Die Menschen werden weiterhin rauchen. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen.) Noch einmal: Ich rauche selbst auch ab und an eine Zigarette. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt wissen wir’s!) Ich bin aber hier verdammt noch mal ein Politiker und habe Verantwortung! (Abg. Gudenus: Sie nehmen Tote in Kauf! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Entschuldigung, ich bitte, Herrn Abgeordneten Strolz ausreden zu lassen. Es gibt noch genügend Möglichkeiten, die Gegenargumente vorzubringen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Es ist sicherlich in unserem Hohen Haus ganz klar, dass wir ausreden lassen (Abg. Krainer: Es gibt ja keine Gegenargu­mente!) – auch den Präsidenten, Herr Abgeordneter Krainer! – Danke. (Abg. Martin Graf: Er behauptet von uns, wir sind Mörder, und ...!)

 

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz| (fortsetzend): Ich erwarte von jedem Einzel­nen von Ihnen, dass Sie Rollenklarheit bekommen! Sie handeln hier als Politiker, und Politik ist der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben. Haben wir darü­ber Evidenz, dass in Österreich zwei bis drei Personen pro Tag durch Passivrauchen sterben, dann haben wir dagegen etwas zu unternehmen, dann haben wir die rauch­freie Gastronomie zu gewährleisten. Sie wissen das alle, Sie drücken das weg und ent­scheiden sich fürs Sterben. Ich finde, das ist absolut grotesk.

Wenn ich Ihnen zuhöre, Herr Strache, und Sie sagen: Ich will eh eine Volksabstim­mung, aber ich kann nicht, weil mich die ÖVP fesselt!, und dann Herrn Kurz höre, der sagt: Ich will eh eine Volksabstimmung, aber ich kann nicht, weil mich die FPÖ fesselt!, dann frage ich mich: Ist diese Regierung ein Selbstfesselungsverein? Ist das ein Bondageklub? Oder was ist mit euch? (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS sowie Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Gudenus: Kabarett vom Feinsten!)

Sie haben hier für das Volk den Rahmen zu setzen. Es ist beklemmend, es ist erbärm­lich und verantwortungslos, was Sie hier machen!

Gabriel Obernosterer, du bist der Einzige von den 28, die sich damals schon einmal für eine rauchfreie Gastronomie entschieden haben, der nachher noch sprechen wird. Ja, was ist mit dir? (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was sind die Argumente dafür, dass du eine 180-Grad-Wende machst?

Die anderen haben nicht einmal den Mumm, herauszukommen, die ducken sich weg. Gegen jede wissenschaftliche Evidenz entscheiden sie sich für das Sterben. Herr Smolle, Rektor einer medizinischen Universität, noch einmal: Haben Sie einen auf­rechten Gang oder nicht? (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Dann können Sie hier nicht mitstimmen! Dann müssen Sie hier gegen die Klublinie stimmen! Dann machen Sie einen Aufstand im Parlamentsklub der ÖVP! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Habt ihr Cojones oder nicht? Das geht so nicht! (Heiterkeit bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz. – Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Ruf bei der FPÖ: Schande! – Zwi­schenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Ich bitte darum, diesen Ausdruck zurückzuneh­men, und zwar sofort, oder ich erteile einen Ordnungsruf. (Ruf bei der FPÖ: Frauen­feindlichkeit! Unerhört! – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Ich bitte um Ruhe! (Anhal­tende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

 

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz| (fortsetzend): Ich nehme das zurück! Haben Sie Mumm oder nicht? Ich nehme diesen spanischen Ausdruck zurück!

Es ist schon so, dass das beklemmend ist, was Sie da aufführen. Das ist ein wirkliches Trauerspiel. (Abg. Schimanek: So ein Schatzi!) Sie können erhobenen Hauptes hier rausgehen und sich für den Antrag entscheiden, den wir heute einbringen. Wir sagen, wir führen das einer Volksbefragung zu (Ruf bei der FPÖ: Schade, dass ihr keinen Me­diziner habt!), daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung einer Volksbefragung über ein generelles Rauchverbot in der Gastrono­mie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen An­trag auf Durchführung einer Volksbefragung vorzulegen. Die Fragestellung soll lauten: Sind Sie für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie? JA oder NEIN“

*****

Diese Volksbefragung kann rasch für Klarheit sorgen und Sie können Ihrer Verantwor­tung gerecht werden. Wir werden in einem weiteren Schritt, sobald wir Ihren Gesetzes­vorschlag im Gesundheitsausschuss beraten, natürlich auch eine Volksabstimmung beantragen.

Wenn Sie, Herr Strache, liebe FPÖ, die Leute nicht verschaukeln wollen, sondern für voll nehmen, wenn Sie das tun wollen, was Sie vor dem Wahltag verkündet haben, nämlich das Volk einzubinden, dann können Sie sich doch nicht gegen solche Dinge stellen! (Abg. Rosenkranz: Also einen nehme ich nicht mehr für voll!) Geben Sie in dieser Frage – fast eine halbe Million Menschen haben das innerhalb von zwei Wo­chen schon unterstützt – dem Volk die Chance, die Weichen zu stellen! Hören Sie auf, Wahltaktik über Menschenleben zu stellen! Das ist unwürdig! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das ist Ihrer nicht würdig, und das ist eine Verletzung Ihrer Amtspflichten als Politiker und gewählte Volksvertreter in diesem Land. Das wissen Sie haargenau. Schämen Sie sich! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Gudenus: Der Fasching ist schon vorbei, Herr Strolz! – Abg. Strolz – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Schämen Sie sich!)

15.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Matthias Strolz, Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Durchführung einer Volksbefragung über ein generelles Rauchverbot in der Gast­ronomie

eingebracht im Zuge der Debatte über die dringliche Anfrage betreffend Rauchverbot in der Gastronomie

Im Jahr 2015 fasste das Parlament – unter Setzung einer mehrjährigen Übergangsfrist – mit Mehrheit den Beschluss für ein absolutes Rauchverbot in Gastronomiebetrieben. Nach der Nationalratswahl 2018 wurde im Regierungsprogramm festgehalten, dass das beschlossene Gesetz nicht wie geplant im Mai 2018 in Kraft treten soll. Ausgelöst wurde damit ein Aufschrei der Zivilgesellschaft in Form eines Volksbegehrens für das absolute Rauchverbot. Das Volksbegehren „Don’t Smoke“ hat innerhalb weniger Tage mehr als 400.000 Unterschriften mobilisiert. Die Vorstellungen eines großen Teils der Bevölkerung von einer zeitgemäßen Gesundheitspolitik hat sich in den letzten Jahren weit davon wegentwickelt, was die Mehrheitsparteien im Regierungsübereinkommen zum Tabakrauchen festgeschrieben haben.

Die von Vizekanzler Strache medial erst für das Jahr 2021 avisierte Volksabstimmung über ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie läuft nicht nur gesundheitspoliti­schen Überlegungen und Evidenzen sondern auch den Interessen der Unternehme­rinnen und Unternehmer diametral zuwider, die vor allem Rechts- und Planungssicher­heit brauchen. Ein weiterer zeitlicher Aufschub hätte nur zur Folge, dass die Unsi­cherheit darüber, ob und wann eine generelles Rauchverbot in der Gastronomie gilt, um drei Jahre verlängert würde.

Was die Regierung für den Bereich des Jugendschutzes rund um den Tabakkonsum angekündigt hat, kann die Lösung der Frage über ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie nicht kompensieren. Vielmehr geht es darum, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen (so weit der Jugendschutz überhaupt in die Gesetzgebungskompe­tenz des Bundes fällt).

Gesundheitliche Risiken

Laut OECD rauchen in Österreich 24,3 % der Bürger_innen täglich. Damit belegt unser Land den drittschlechtesten Platz innerhalb der Europäischen Union. Expert_innen schätzen die Zahl der Toten, die jährlich an den Folgen des Rauchens sterben, zwi­schen 11.000 und 14.000. Lungenkrebs ist in der EU die häufigste Todesursache. Neun von zehn Lungenkrebsfällen sind auf Tabakrauch zurückzuführen.

Tabakrauchen ist das schwerwiegendste gesundheitliche Risiko, das selbst beeinflusst werden kann. Besonders deutlich steigt das Risiko, wenn man schon in jungen Jahren zu rauchen beginnt. Es besteht auch ein wissenschaftlich nachgewiesener direkter Zu­sammenhang zwischen dem Konsum von Zigaretten und dem höheren Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Je mehr und so länger man raucht, desto höher ist die Zahl der Zellmutationen. Diese Dosis-Wirkungs-Beziehung kann nur beendet werden, indem man mit dem Rauchen aufhört.

Lungenkrebs und andere Krebsarten (wie beispielsweise Krebserkrankungen der Spei­seröhre, Leber, Bauchspeicheldrüse, Nieren, Blut, Kehlkopf oder Bronchien, etc.) stel­len aber bei weitem nicht das einzige gesundheitliche Risiko dar, das durch Tabakkon­sum ausgelöst wird: So ist Rauchen einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs aber auch Diabe­tes Typ 2. Es schädigt nahezu jedes Organ im Körper eines Menschen: Schäden an Augen, Beeinträchtigung der Mundgesundheit, des Verdauungstraktes und des Kno­chenbaus sind ebenso nachgewiesen, wie eine Schädigung der Geschlechtsorgane und der Fruchtbarkeit.

Dafür verantwortlich ist nicht nur Tabak an sich, sondern es sind vor allem auch die mehr als 600 Inhalts- und Zusatzstoffe, die sich in Zigaretten oder anderen Tabakpro­dukten finden und von denen viele als toxisch und kanzerogen eingestuft werden: Rund 90 davon wurden von Expertengremien als krebserzeugend oder wahrscheinlich krebserzeugend eingestuft (vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreich). Diese Stof­fe wirken sich auch besonders auf Nichtraucher_innen aus, die dadurch oft zum Pas­sivrauchen gezwungen werden.

Denn nicht nur Raucher_innen selbst sind betroffen, sondern auch Passivraucher_in­nen erleiden zum Teil enorme gesundheitliche Schäden. Laut Schätzungen der Welt­gesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit pro Jahr circa 600.000 Menschen durch Passivrauchen. Allein in Österreich sterben zwei bis drei Personen täglich, weil sie dem Qualm von Zigaretten ausgesetzt sind. Das haben Forscher der MedUni Wien und vom Messerli Forschungsinsitut in einer Sudie im März 2017 herausgefunden und publiziert (vgl. https://www.nature.com/articles/srep45067?shunter=1489658586817). Schuld daran ist beispielsweise die Verbindung Acrolein (Acrylaldehyd), einer der vie­len teils toxischen Zusatzstoffe, die dem Tabak oft beigefügt werden und selbst über die Haut aufgenommen werden können. Solche Stoffe können überall anheften, etwa an Tischplatten, an der Kleidung, an Vorhängen, aber auch an Stofftieren. Das kann dazu führen, dass Kinder oder andere besonders vulnerable Gruppen mit dem Stoff in Berührung kommen und dadurch gesundheitliche Schäden verursacht werden.

Rauchen schadet also nicht nur den Raucher_innen selbst, sondern auch jenen Men­schen, die sich in ihrer Umgebung aufhalten, oder jenen, die sich nach ihnen in Räu­men aufhalten, in denen geraucht wurde.

OECD Daten zeigen, dass es seit 2000 in fast allen Mitgliedsländern einen Rückgang der Quote der Raucher_innen gab. Lediglich in Österreich, Lettland, Indonesien und Griechenland stieg die Zahl weiter an. Österreich schneidet beim Nichtraucherschutz besonders schlecht ab, vor allem was Jugendliche betrifft: Hierzulande beginnen Ju­gendliche besonders früh und häufig mit dem Rauchen. 14,5 Prozent der 15-Jährigen rauchen mindestens 1x pro Woche, zählt man Gelegenheitsraucher_innen dazu, dann steigt dieser Prozentsatz sogar auf gut 23 %. Damit liegen wir weit über dem OECD-Schnitt. Gerade der Umstand, dass in Gastronomiebetrieben, häufig Zentren des ge­sellschaftlichen Lebens, nach wie vor geraucht werden kann, führt zu einer Wahr­nehmung des Phänomens als gesellschaftliche Normalität. Will man diese Auffassung ändern, muss man vor allem auch früh ansetzen und versuchen, den Kontakt von Kindern und Raucher_innen auf ein Minimum zu begrenzen. Wenn man ein ehrliches Interesse am Schutz von Kindern und Jugendlichen hat, so wie es die aktuelle Bundes­regierung auch vorgibt, ist ein Rauchverbot in der Gastronomie auch in diesem Sinne eine unumgängliche Maßnahme.

Ökonomische Argumente

Zwar geht ähnlich wie in Österreich auch in Deutschland die Zahl der Schankgast­stätten zurück. Doch selbst der Sprecher des Gaststättenverbands Dehoga sieht die Sachlage nüchtern, wie die FAZ am 02.01.2017 aus Anlass von zehn Jahren Rauch­verbot berichtet: „Das Rauchverbot ist dafür nur ein Grund von vielen“, sagt Dehoga-Sprecher Christopher Lück. „Die Eckkneipe stirbt auch deshalb, weil das kommunika­tive Element bei den jungen Leuten nicht mehr eine so wichtige Rolle spielt wie früher. Die wollen Entertainment, die wollen „Life-Style“.“ Die Zahl der Bars stieg im selben Zeitraum um mehr als 200 auf deutschlandweit knapp 2000.

Das jahrelange Gezerre rund um das österreichische Rauchverbot wächst sich viel­mehr zum wirtschaftlichen Hemmschuh aus. Für Unternehmer_innen steht vor allem Rechts- und Planungssicherheit im Zentrum. Durch das permanente Hick-Hack um (Nicht‑)Raucherschutz werden Unternehmen unnötig verunsichert und gegängelt. Zu­erst soll der Gastronom in getrennte Räumlichkeiten für Nicht-Raucher_innen und Rau­cher_innen investieren, dann werden diese Investitionen nichtig, weil ein vollständiges Rauchverbot kommen soll. Nun plant die Regierung eine Rückabwicklung der Neure­gelung, aber 2021 soll dann doch wieder darüber abgestimmt werden. Mittelfristig ist wohl – so die allgemeine Einschätzung – von einer rauchfreien Gastronomie auszuge­hen, da die gesundheitspolitische Evidenz zu erdrückend ist. Insofern ist das geplante Manöver der Regierung einmal mehr als temporäre Regelung zu kategorisieren. Ein­mal mehr ist also die Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen nicht gegeben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen An­trag auf Durchführung einer Volksbefragung vorzulegen. Die Fragestellung soll lauten: Sind Sie für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie? JA oder NEIN“

*****

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, genügend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Das Wort erhält als Nächster Herr Abgeordneter Peter Kolba. – Bitte.