10.40

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben eine neue Gesetz­gebungsperiode, eine neue Zusammensetzung des Petitionsausschusses und – die Vorrednerinnen und Vorredner haben es auch schon angesprochen – ein grundsätzlich gutes Einvernehmen darüber, wie wir mit Bürgeranliegen umgehen wollen.

Das Grundsätzliche endet aber immer dort, wo die politische Debatte zum Konflikt führen kann. Deshalb möchte ich zwei Beispiele herausnehmen, bei denen es nicht so funktioniert hat, wie uns vielleicht ÖVP und FPÖ glauben lassen wollen.

Das eine war die Bürgerinitiative „Ehe Gleich! Aufhebung des Eheverbots für gleich­geschlechtliche Paare“. Diese wurde von 55 000 Menschen unterschrieben, weil sie sich eine ernsthafte Debatte im Nationalrat gewünscht haben, weil sie sich eine ernst­hafte Debatte im Justizausschuss gewünscht haben. Es ist nun so, dass ein ordent­liches Gericht jenen Job gemacht hat, den eigentlich die Politik hätte machen müssen, es hat nämlich dafür gesorgt, dass die Ehe für alle kommen wird.

Den Initiatorinnen und Initiatoren sowie den 55 000 Menschen gegenüber, die dieses Anliegen unterschrieben haben, wäre es allerdings eine Bekundung des Respekts ge­wesen, dieses Anliegen auch an den Justizausschuss weiterzuleiten. Warum ist das so wichtig? – Diese Menschen haben monatelang dafür gekämpft, überhaupt Gehör zu finden, und unser Versprechen im Nationalrat ist, dass wir uns ernsthaft mit den Anlie­gen auseinandersetzen. Ein Mindestmaß wäre gewesen, dass sich die Fachbereichs­sprecher im Justizausschuss das Anliegen ansehen. Das wurde verunmöglicht, weil die ÖVP die Kenntnisnahme der Initiative verlangt hat und das mehrheitlich beschlos­sen wurde.

Ein zweites Beispiel, bei dem das nicht funktioniert hat, ist die Don’t-smoke-Petition. Diese haben über 400 000 Menschen unterschrieben, und mit einem Kniff hat man das ganze Thema nicht an den Gesundheitsausschuss weitergeleitet. Man hat gesagt, man holt wie immer zuerst die Stellungnahme beim Gesundheitsministerium ein, um da­nach die Petition an den Gesundheitsausschuss weiterzuleiten. Jetzt weiß man aber, dass nächste Woche der Gesundheitsausschuss tagen soll und dass eine Stel­lungnahme etwa acht Wochen dauert. Der nächste Petitionsausschuss ist im Juni, das bedeutet, der Nichtraucherschutz wird aufgehoben, bevor diese 400 000 Menschen gehört werden können.

Was zeigt das Ganze? – Es geht jetzt gar nicht um einen Fingerzeig zur ÖVP oder zur FPÖ, aber es zeigt, und das ist relativ einfach nachvollziehbar, dass dort, wo Interes­sen aufeinandertreffen, Politiker und Politikerinnen das machen, was sie am besten können, nämlich ihre eigene Meinung zu vertreten. Das ist am leichtesten im Petitions­ausschuss, in dem BürgerInnen nicht gehört werden, denn wenn du Menschen in die Augen schaust, wird es schwieriger, sie zu ignorieren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Deswegen haben wir in der letzten Gesetzgebungsperiode mit allen Fraktionen verhan­delt, wie wir den Petitionsausschuss zu einem Bürgerinnen- und Bürgerausschuss aufwerten können. Wir NEOS hatten zahlreiche Vorschläge, ich glaube, es waren 25, auf vier konnten wir uns in einem Minimalkonsens einigen – dann kamen die Neu­wahlen. Ich werde diese Verhandlungen wieder aufnehmen, allerdings werde ich nicht wieder vier Jahre Geduld aufbringen, das möchte ich gleich vorwegschicken.

Ich möchte kurz auf diese konkreten Vorschläge eingehen, Kollege Gahr kann sich sicher noch sehr gut daran erinnern. Ein Vorschlag ist die Schaffung der Möglichkeit, Bürgerinitiativen digital einzubringen. Man möge es kaum glauben, aber das ist heute noch immer nur physisch möglich. Im digitalen Zeitalter wäre das eine Antwort, die Luxemburg, Deutschland und viele andere Staaten schon vor uns gefunden haben.

Ein weiterer Vorschlag ist ein Rederecht für Initiatorinnen und Initiatoren im Petitions­ausschuss, wenn 5 000 Unterschriften eingebracht worden sind. Das ist nicht für alle, das ist klar, aber es wäre ein erster Schritt, den damals alle Fraktionen hätten mit­gehen können. Die Initiatorinnen und Initiatoren sowohl der Don’t-smoke-Petition wie auch der Ehe-für-alle-Bürgerinitiative hätten die Möglichkeit gehabt, persönlich vorzu­sprechen und zu präsentieren – und da sehe ich mir an, wie man danach ohne ernst­hafte inhaltliche Debatte ein solches Anliegen auf die Seite schiebt.

Ein weiterer Vorschlag ist – das ist genauso wichtig und könnten wir sofort machen, das würde die Republik nicht einmal viel kosten –, dass Initiatorinnen und Initiatoren nach Erledigung ihres Anliegens eine inhaltliche Antwort erhalten. Heute ist es so, dass, wenn eine Petition, eine Bürgerinitiative aus Sicht des Parlaments erledigt ist, der Initiator/die Initiatorin die Information bekommt: Ihr Anliegen wurde erledigt. – Nicht wie, nicht was, nicht wann, nicht: Was ist damit passiert?, nicht: Was konnte ich bewe­gen?

Zuletzt haben wir auch gesehen, dass intensive Debatten in der Öffentlichkeit, wie zum Beispiel zum Freihandelsabkommen, aber auch zu anderen Themen, zu mehreren parallel laufenden Initiativen führen. Diese wollen wir, ähnlich zu dem, wie es im Deutschen Bundestag gehandhabt wird, zusammenfassen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir müssen darauf achten, dass auch in zukünftigen Perio­den nicht die Grundlage für die BürgerInnen ist, dass wir uns als Fraktionen in diesem Hohen Haus gut verstehen, sondern dass die Menschen ein Anrecht darauf haben, gehört zu werden. Lassen wir gemeinsam Gnade zu Recht werden für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

10.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wolf­gang Zinggl. – Bitte.