12.08

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Herr Universitätsprofessor Dr. Andreas Hauer, den wir vorschlagen, ist ein hervorragender Kandidat. Schauen wir uns an, was in den letzten Jahren oder auch nur in letzter Zeit über ihn gesagt wurde. Ich darf zum Beispiel Heinz Mayer kritisieren (Abg. Kuntzl: Kritisieren? – Abg. Schieder: Zitieren!), zitieren (Abg. Kuntzl: „Kritisieren“ haben Sie gesagt!) – Verzeihung, ich habe mich versprochen, danke für den Hinweis –, der sagt, dass er bisher in der Fachwelt nur positiv auf­gefallen sei: „Er gehört sicher zu den besseren seines Faches.“ (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Ein Lob schaut anders aus!) Das sagt Heinz Mayer, er wurde erst vorgestern im „Standard“ zitiert. Auch sonst, wenn man sich in der Fachwelt umhört, hört man nur Gutes über Andreas Hauer als Jurist, als Verfassungsjurist. Er ist geradezu idealtypisch geeignet, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu werden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Woran entzündet sich jetzt die Kritik? – Ein Kritikpunkt ist die Anhörung, also dass es ein Hearing gegeben hat, bei dem sich etwa 40 Kandidaten präsentiert haben. Das sei schlecht oder das sei nicht in Ordnung gewesen. (Abg. Kuntzl: Nicht das Hearing!) – Nicht das Hearing, sondern die Tatsache, dass man schon im Vorfeld geahnt hat, wer vielleicht vorgeschlagen wird.

Also bitte, erstens einmal ist diese Anhörung, dieses Hearing überhaupt nur auf Initiative der FPÖ eingeführt worden (Beifall bei der FPÖ), weil wir der Meinung waren, dass sich Kandidaten, die Verfassungsrichter werden wollen, dem Nationalrat oder auch dem Bundesrat vorstellen sollen. Und ich halte es nach wie vor für ganz wichtig, dass wir das machen, damit wir auch sehen – beim Hearing war das auch der Fall –, welch hervorragende Juristen sich bewerben. Es geht natürlich darum, das ist immer das Wesen so eines Hearings, ob der Kandidat, von dem man sich schon denkt, er wäre geeignet, dort auch entspricht. Das ist ja bei einem Hearing regelmäßig so. Wenn jemand nominiert wird, dann stellt er sich einem Hearing – vielleicht vor dem Natio­nalrat oder dem Europäischen Parlament – und wird dort von denjenigen, die in der Kommission sitzen, getestet. So ist es auch hier. Er wird, so wie alle anderen, getestet, und man stellt fest, ob er entspricht, oder man merkt dort, er ist schlechter als die anderen Kandidaten.

Wer sich von dieser Kommission jetzt ernsthaft herausstellt und behauptet, dass Andreas Hauer in irgendeiner Form schlechter gewesen wäre als andere Kandidaten, der muss sich selbst fragen, ob er das ernst meint. (Beifall bei der FPÖ.)

Andreas Hauer ist während dieser Anhörung als einziger Kandidat unmittelbar attackiert worden, kein anderer Kandidat (Abg. Scherak: Das stimmt doch gar nicht! – Abg. Schieder: Das stimmt nicht!) – das ist völlig richtig –, kein anderer Kandidat ist aufgrund einer Mitgliedschaft in einer Vereinigung oder aufgrund irgendwelcher Äußerungen, die er getroffen hat, angegangen worden. (Abg. Kuntzl: Gefragt worden ist er! – Ruf bei der FPÖ: Kein anderer Kandidat!) – Kein anderer Kandidat, so ist es. (Abg. Wittmann: Weil kein anderer Kandidat solche Aussagen getätigt hat!) Sie meinen, kein anderer Kandidat hätte irgendwelche Äußerungen getätigt? – Das ist doch nicht seriös. Wir wissen ganz genau, dass nur bei diesem Kandidaten alles untersucht wurde, was er bisher publiziert hat. Er hat eben Hunderte Publikationen verfasst, und man hat genau zwei Halbsätze gefunden, die man kritisieren kann. Auf die gehe ich auch gerne noch ein.

Also so viel zur Anhörung. Dort hat er jedenfalls entsprochen, und er ist dort als Ein­ziger attackiert worden. Die Anhörung hat einen Sinn, weil man eben im Verhältnis zu den anderen Kandidaten sieht, wie er sich äußert.

Jetzt zum Grundsätzlichen: Dass Universitätsprofessoren Urteile von Höchstgerichten kritisieren, ist ganz normal. Die ganze juristische Fachliteratur ist voll von derartigen Artikeln, die sich damit auseinandersetzen. Wer irgendetwas anderes behauptet, der hat noch nie juristische Fachliteratur in der Hand gehabt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist ganz wesentlich; es hat auch ein anderer Kandidat, der selbst auch Professor ist, bei der Anhörung gesagt, dass er natürlich auch schon oft den OGH kritisiert hat, weil das eben ein Wesen seiner Tätigkeit ist. Das ist also ganz normal, und das hat Andreas Hauer auch gemacht.

Jetzt wird hier seine Wortwahl, wie er sich geäußert hat, kritisiert, dass das undif­ferenziert wäre und so weiter. Wenn man sich aber den Beitrag aus dem Jahr 2010 mit dem Titel „Sicherheitsverwaltung und die EMRK“, auf den sich diese Kritik bezieht, tatsächlich anschaut, dann stellt man fest, dass er sich sehr differenziert mit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auseinander­setzt.

Er stellt fest, dass viele Judikaturlinien des EGMR im Interesse des Grundrechts­schut­zes berechtigt sind, und führt dann an, welche positiven Seiten er an den Ent­schei­dungen des Gerichtshofes für Menschenrechte sieht – also völlig differenziert. Er hält dann aber fest: „Zu weit geht die Judikatur des EGMR jedoch in Belangen der Frem­denpolizei“, und zitiert dann ein paar Fälle, wo es nicht möglich war, kriminelle Aus­länder abzuschieben, zum Beispiel auch Bulgaren und so weiter. Er zitiert das, stellt das fest und sagt seiner Wertung nach – ein Professor soll und darf eine Meinung haben und soll sie vor allem auch äußern, und das würde ich sagen, das qualifiziert jemanden sogar besonders dafür, Richter eines Verfassungsgerichtshofes zu sein –, dass bei der Abwägung der Lebensumstände des Delinquenten im Verhältnis zu den Grundrechten der Bürger – und zwar auf Eigentum, auf Leben und so weiter – eine falsche Gewichtung getroffen wurde und dass es daher in Österreich in vielen Fällen nicht möglich ist, kriminelle Ausländer außer Landes zu schaffen.

Das ist eine große Diskussion, die führen nicht nur wir in Österreich, die wird auch in anderen Ländern geführt, wir kennen das auch aus der Schweiz und aus anderen Ländern, und es ist ja auch eine wichtige Diskussion, denn: Es ist ja auch tatsächlich festzustellen, dass, wenn es dem Staat nicht erlaubt ist, derartige Straftäter außer Landes zu schaffen, das auch eine gewisse Sogwirkung hat, weil man dann ja weiß, in Österreich – und Österreich ist für viele ein beliebtes Zielland, wie wir wissen – ist es nicht möglich, jemanden wieder außer Landes zu bringen, also wenn ich einmal dorthinkomme, bin ich so gut wie sicher. Und das ist – das hat Hauer, wie er selbst sagt, überspitzt formuliert – ein Beitrag zur multikriminellen Gesellschaft in Österreich.

Wenn man also das nicht in dieser Art und Weise äußern kann, dann weiß ich es nicht, dann, bitte, führen Sie diese Diskussion, wir führen sie sehr gerne. Diese Kritik muss zulässig sein, abgesehen davon, dass ich sie inhaltlich sogar unterstütze. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neubauer: Das muss man sagen!)

Wenn man jetzt sagt, ja gut, der ist an sich qualifiziert, aber wenn jemand einmal ein Höchstgericht kritisiert, dann ist er nicht mehr dafür qualifiziert: Heinz Mayer, den ich vorher zitiert habe – von dem hier, glaube ich, niemand sagen würde, er wäre nicht qualifiziert, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu werden –, hat zum Beispiel zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Aufhebung der Bundesprä­si­dentenwahl gesagt, der Verfassungsgerichtshof bewegt sich nicht mehr auf dem Boden der Verfassung. Eine ärgere Kritik gibt es nicht, aber das hat er eben als seine Meinung geäußert, weil er eben der Meinung war, dass das eine Fehlentscheidung war. Das ist doch durchaus zulässig. Oder würde jetzt jemand sagen, Heinz Mayer darf das nicht sagen oder Heinz Mayer wäre daher nicht mehr qualifiziert, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu sein? Ich nehme an, das äußert keiner. (Abg. Martin Graf: Freimaurer ist er auch noch!)

Selbst Richter des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte haben teilweise eine sogenannte Dissenting Opinion und äußern sie auch, das ist heute auch in der „Presse“ nachzulesen. Die Richter sagen selbst, sie sind der Meinung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gerade in diesem Bereich, den ich vorher erwähnt habe, übers Ziel hinausschießt. Auch heutige Mitglieder des Verfassungs­gerichtshofes kritisieren das. Das ist eine wirkliche Scheindebatte, zu meinen, dass jemand, der hier Kritik geübt hat, deswegen nicht qualifiziert wäre, und daher ist sie rein politisch-taktisch motiviert.

Alle, die so eine Vorgangsweise wählen – an sich schätze ich Kollegen Scherak, zumal er sehr differenziert argumentiert –, müssen sich selbst die Frage stellen, wie weit sie aus politisch-taktischen Motiven gehen, jemanden auch in seiner beruflichen Existenz schädigen zu wollen, denn: Wenn ich einem Professor, einem anerkannten Juristen, abspreche, seriös zu argumentieren, seine Meinung vertreten zu dürfen, und sage, dass er ungeeignet für den Verfassungsgerichtshof wäre, dann gehe ich dieses Risiko ein, und ich würde sagen: bewusst. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich habe schon in einem Zwischenruf aus den Reihen der SPÖ während der Rede des Kollegen Gerstl herausgehört, warum Kollege Hauer ungeeignet sei: weil er Mitglied einer Studentenverbindung ist. Wenn das tatsächlich ein Kriterium ist, dann würde ich sagen, dass eine derartige Argumentation grundrechtlich sicherlich nicht haltbar ist. Wer das hier ernsthaft vorbringt, der soll sagen, dass das wirklich ein Kriterium ist und dass ein Mensch nicht an dem gemessen wird, was er macht, was er kann und was er tatsächlich geäußert hat. Das ist entscheidend. Wenn die Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung das wesentliche Entscheidungskriterium ist, bewegen Sie sich meines Erachtens nicht mehr auf dem Boden der Verfassung. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte auch noch ganz kurz auf die Kritik am Demonstrationsrecht eingehen, die Andreas Hauer vorgeworfen wird. Ja, es stimmt, er hat in einem Beitrag geäußert, dass man sich überlegen sollte, ob sogenannte Hassdemonstrationen in der Form zulässig sind. Er hat es aber in Relation gesetzt, weil er gesagt hat, wenn eine Demonstration darauf ausgerichtet ist, die Versammlungsfreiheit anderer mit Gewalt zu stören und zu verhindern, dann – auch da wieder die Abwägung der Grundrechte – muss man sich überlegen, ob eine solche Demonstration nicht zu verbieten wäre. Das hat er gesagt, und das ist auch zulässig und das ist auch völlig richtig. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und auch da frage ich mich, wer ernsthaft etwas anderes behaupten will, oder meinen Sie tatsächlich, dass es richtig ist, dass man andere mit Gewalt daran hindert, sich zu versammeln? – Ich glaube nicht.

Wenn man sich allein diese zwei Zitate – und nur die beiden wurden gefunden und überhaupt herausgezerrt – nüchtern anschaut, stellt man fest, da ist ein Mensch, der eine Meinung vertritt, der sie sehr differenziert vertritt. Es muss nicht Ihre sein. Ansonsten ist er ein hervorragender Jurist, bestens geeignet, gegen den es nichts gibt, gegen den auch die Kollegenschaft und niemand irgendetwas äußert, das negativ wäre. Er hat nur einen Makel: Er wurde von uns, von der FPÖ vorgeschlagen. Stehen Sie dazu, sagen Sie das, das ist das Thema! (Abg. Scherak: Das stimmt ja nicht!) Dann weiß man, woran es liegt. Aber sagen Sie es offen, denn abgesehen davon ist er, wie gesagt, ein höchst qualifizierter Kandidat, und ich hoffe daher, dass er hier im Plenum breite Zustimmung findet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.19

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak ist der nächste Redner. – Bitte.