13.57

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Minister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Regierungsmitglieder! Sie haben es in weniger als 100 Tagen Ihrer Amtszeit geschafft, das Vertrauen in die Staatssicherheit tief zu erschüttern. Sie haben es in weniger als 100 Tagen Ihrer Amtszeit geschafft, das Vertrauen in ein überparteiliches Staats­schutz­organ massiv zu stören. Und Sie haben es gerade jetzt, in Zeiten, in denen Rechtsradikalismus, islamistischer Terror beziehungsweise Terror generell interna­tio­nal auf der Tagesordnung stehen, geschafft, dass die wesentliche Schutzeinrichtung zur Vorbeugung gegen Terrorismus und zum Schutz unseres Landes und der ver­fassungsmäßig obersten Organe führungslos dasteht. Sie haben es in weniger als 100 Tagen Ihrer Amtszeit geschafft, dass wir nicht einmal wissen, wer diesen Dienst leiten wird, um im nächsten halben Jahr den Besuch von 27 Staats- und Regierungs­chefs anlässlich der EU-Präsidentschaft vernünftig und sicher, so wie es in jedem anderen Land der Europäischen Union bisher funktioniert hat, abzuwickeln.

Was wir von Ihnen verlangen, Herr Innenminister, damit Sie sich bei all Ihrem pole­mi­schen Geifer, den Sie da heute losgelassen haben, nicht täuschen (Abg. Kassegger: Der Einzige, der gegeifert hat, sind Sie!), was wir von Ihnen verlangen, ist Sicherheit, dass wir vertrauen können, dass die Rechtsstaatlichkeit geachtet wird, dass die Kontrolle sichergestellt wird und dass es Transparenz gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, all das ist durch Ihr Agieren schwer in Mitleidenschaft gezogen worden, und auf all das haben wir auch heute keine Antworten bekommen. Ganz im Gegenteil (Heiterkeit des Abg. Rosenkranz), es stellen sich viele neue, zusätzliche Fragen. (Abg. Neubauer: Das ist das Problem, wenn man nicht sinnerfassend aufpassen kann!)

Der Eindruck, den so viele Fernsehzuschauer und Zeitungsleser haben und dessen ich mich auch nicht ganz erwehren kann, ist, dass es so ausschaut, als würden Sie ab­sichtlich das BVT, jene Schutzeinrichtung, zerstören, weil Sie einen internen Macht­kampf Schwarz gegen Blau, alte Garde gegen neue Garde für sich entscheiden wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Minister Kickl nimmt seine Kabinettsmitarbeiter und schickt sie aus, damit sie eine Anzeige initiieren und eine Hausdurchsuchung begleiten, jene Mitarbeiter, gegen die zum Teil selbst vom BVT ermittelt wird, nämlich deshalb ermittelt wird, weil sie unter Verdacht stehen und in Lageberichten vorkommen, weil halt unter den demokratischen Gegebenheiten nicht alle Handlungen sowie alle Zeitschriften und Plattformen, für die geschrieben worden ist, optimal in den Verfassungsbogen hineinpassen. (Abg. Höbart: „Falter“, „Standard“!)

Jene, gegen die das BVT Lageberichte geschrieben hat, werden jetzt ausgeschickt, um das BVT zu zerstören. Und Sie als Minister nehmen das als guten, als glücklichen Anlass (kurze Pause seitens des Redners – Abg. Belakowitsch: Na?), sich zurück­zulehnen und dann wie letzte Woche den Generalsekretär des Justizministeriums auszuschicken, um das halbwegs zu erklären – und Sie verstecken sich dahinter. Der Gedanke, der sich da aufdrängt, ist, dass Sie einfach versuchen, Ihre Sache durch­zusetzen. Sie reiten mit über 50 Polizistinnen und Polizisten aus, mit einer Einheit, die ursprünglich für Straßenkriminalität aufgestellt worden ist, die auf der Straße für Sicherheit und Ordnung sorgen soll und die zufällig unter der Leitung eines FPÖ-Politikers steht. (Abg. Rosenkranz: Das ist das einzig Verwerfliche, was Sie sehen!) Die reiten aus, um sensible Daten, vermutlich die sensibelsten Daten unserer Republik, im Namen der Staatsanwaltschaft einzukassieren. (Rufe bei der FPÖ: Oh! Das ist unfassbar! Das ist unerhört!)

Dann entfernen Sie den Leiter des BVT, indem Sie ihm uno actu erst sein Dekret geben, das Sie drei Wochen unter Verschluss gehalten haben, um ihn gleichzeitig zu suspendieren. Das, sehr geehrter Herr Minister, ist mehr als hinterfragenswert (Abg. Neubauer: Jetzt wissen wir, warum Sie in Wien keiner gewählt hat!), und wir hätten uns erwartet, dass Sie das für uns heute ein bisschen aufklären! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir stellen heute aber auch fest: Dem Justizministerium dürfte es reichen mit den öffent­lichen Auftritten, es ist heute hier im Parlament gar nicht vertreten, und Bun­deskanzler Kurz, der doch irgendwie auch die Verantwortung für die gesamte Bundes­regierung, also für jeden einzelnen Minister, auch für den Innenminister, trägt, schweigt. (Abg. Rosenkranz: Dann müssen Sie halt den Kanzler fragen!) – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Das Schweigen wird nicht reichen, denn irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich die Frage stellt, ob man, wenn man zu allem, was in dieser Republik los ist, schweigt, nicht auch ein bisschen mitmacht. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Das wird noch dadurch verschärft, dass ja im Bundesministeriengesetz eine Aus­kunftspflicht gegenüber dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler in all diesen Fragen festgeschrieben worden ist. Daher begehren wir auch die Auskunft vom Bundes­kanzler, was er gedenkt, in dieser Frage zu tun.

Was haben wir heute erlebt? – Keine Antworten, weder vom anwesenden und Antwort stehenden Innenminister (Abg. Kassegger: Dann haben Sie nicht zugehört! Zuhören ist natürlich eine relativ schwierige Angelegenheit!) noch vom abwesenden Bun­des­kanzler! Das Einzige, was wir erleben, ist mehr Polemik und mehr Angriffe, weil man glaubt, Angriff ist die beste Verteidigung. – Nein, Herr Minister, das ist nicht so! Wir als Parlamentarier verlangen von Ihnen: Bringen Sie Licht in diesen Dunkel (Abg. Belakowitsch: In diesen Dunkel? – Abg. Kassegger: Sie hätten sich vielleicht vorbereiten sollen!), tun Sie den Nebel weg, geben Sie uns die Antworten! Das ist das, was dieses Land braucht: Verlässlichkeit, Sauberkeit, Vertrauen in den Sicherheits­apparat – stellen Sie das wieder her! (Beifall bei der SPÖ.)

14.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Werner Amon. Ich darf es ihm erteilen. – Bitte. (Abg. Jarolim: Einer der wenigen, der wahre Worte gefunden hat!)