13.53

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (PILZ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Wir bewegen uns in Riesenschritten auf die EU-Ratspräsidentschaft zu und haben hier den Bericht des Nachhaltigkeitsministeriums über das Arbeitsprogramm vorliegen. Ich möchte heute zwei Themen kommentieren.

Erstes Thema: Atomkraft. „Atomkraft ist keine Antwort auf den Klimawandel und diese Position wird Österreich auf allen Ebenen konsequent vertreten“, so steht es wort­wörtlich in der Jahresvorschau. Herr Kollege Rauch von der FPÖ, Sie haben das ja auch erwähnt, dass die Atomkraft ein wichtiger Schwerpunkt ist. Darüber gibt es in Österreich ja, Gott sei Dank, breiten gesellschaftlichen Konsens. Auf EU-Ebene aber hat sich die Staatengemeinschaft leider immer noch nicht auf einen Ausstieg aus der Atomkraft verständigen können, trotz Tschernobyl, trotz Fukushima. Dabei wäre es so einfach: Die EU streicht die exorbitanten Subventionen für die Atomenergie – und diese wird sofort unwirtschaftlich. Ein Beispiel: Das britische Atomkraftwerk Hinkley Point C bekäme nach der Kommissionierung über 35 Jahre Subventionen in der Höhe von 170 Milliarden Euro aus der Tasche der Steuerzahler.

Ja, der Ausstieg aus der Atomsubvention erfordert eine Revision des Euratom-Vertra­ges. Und ja, genau das steht im Regierungsprogramm, nicht aber im vorliegenden Bericht. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wann, wenn nicht jetzt, ist der richtige Zeitpunkt, eine österreichische Position für den gesamteuro­päischen Ausstieg aus der Atomenergie einzunehmen? Wir als weltbekannte Antiatom­nation, wir können jetzt, wir müssen jetzt Akzente setzen. Wann, wenn nicht jetzt, da wir bald die EU-Ratspräsidentschaft innehaben? Wann, wenn nicht jetzt, wenn wir Österreich als Energieinnovationsland präsentieren möchten? – Das steht übrigens auch im Regierungsprogramm festgeschrieben.

Wenn Atomkraft nicht die Antwort auf den Klimawandel ist, worüber ja hier im Raum Einigkeit herrscht, dann sind Energiesparen und erneuerbare Energien die Antwort; sie sind CO2-frei und günstig. Es ist nämlich ein Mythos, dass erneuerbare Energien teuer sind. In einem wirklich fairen Wettbewerb, mit Einrechnung der externen Kosten für CO2 und Atomrisiken und mit einer fairen Subventionspolitik hätte die Atomkraft schon längst keine Chance mehr. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Im heute dargelegten, präsentierten Budget gibt es leider auch nichts, was den Steuergeschenken für fossile Energieträger entgegenwirken würde. Weiterhin werden Heizöl, Erdgas und Kohle subventioniert.

In der EU brauchen wir für erneuerbare Energie ein Ausbauziel von 45 Prozent. Dieses Zwischenziel ist notwendig, um die Erde vor dem Klimakollaps zu bewahren. Ich habe Sie, Frau Bundesministerin Köstinger, im Umweltausschuss aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen. Im Umweltausschuss haben Sie sich noch für 35 Prozent erneuerbare Energien als Ziel auf EU-Ebene ausgesprochen, zwei Tage später, im Wirtschaftsausschuss, sind Sie zurückgerudert und haben gemeint, ein Dreier vor dem Ziel würde reichen.

Ich frage mich: Wer hat Sie da zurückgepfiffen? Wer sind die wirklich Mächtigen im Lande? – Wenn Sie sich, Frau Bundesministerin, nicht für dieses Ziel einsetzen, das wir auf EU-Ebene brauchen, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken, dann sagen Sie auch, dass Sie es nicht tun, und dann sagen Sie auch gleich dazu, was das bedeutet! Ich glaube nämlich, dass sich viele hier im Raum der Tragweite des Klimawandels nicht bewusst sind.

Wenn Sie mir nicht glauben, dann glauben Sie vielleicht dem kürzlich verstorbenen Astrophysiker Stephen Hawking, der uns gemahnt hat, dass sich unser Planet, wenn wir es nicht schaffen, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren, in einen brennenden Feuerball verwandeln wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Ich appelliere an Ihr Gewissen: Vergessen Sie jetzt einmal Ihre Parteizugehörigkeit! Bei diesem Thema, bei dem es wirklich um das Überleben der Menschheit geht, um die Zukunft unserer Kinder, die wir heute in die Welt setzen, ist parteipolitisches Kalkül wirklich nicht angebracht. Wir müssen an einem Strang ziehen.

Ein zweites Thema spreche ich noch kurz an: Mikroplastik. Im Bericht steht, dass sich Österreich für einen Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik einsetzen wird. Ich habe einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht, dieser wurde im Um­weltausschuss abgelehnt. Wie ist diesbezüglich die österreichische Positionierung? – Frau Bundesministerin, Sie meinten, Sie bevorzugen eine gesamteuropäische Lösung. Das kennen wir: Daheim lauthals Sachen fordern und sich an der EU abputzen, wenn nichts passiert. Deshalb warten wir ja seit Jahren auf eine europaweite Finanz­trans­aktionssteuer und andere wichtige Reformen. Bei Mikroplastik kann ja von einem öster­reichischen Alleingang gar keine Rede mehr sein: Großbritannien hat Mikroplastik längst verboten, Schweden auch. Sie haben diese Länder im Ausschuss auch als Vor­bilder gerühmt. Österreich wäre bei diesem Thema gar nicht das erste Land, sondern ausnahmsweise einmal Vorreiter. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

13.59

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.